[imc-presse] [attac-d-presse] Ein Jahr Blockade bei Impfstoff-Patenten: Profite explodieren, Menschen sterben

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Tue Oct 5 15:24:21 CEST 2021


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 5. Oktober 2021


      Ein Jahr Blockade bei Impfstoff-Patenten: Profite explodieren,
      Menschen sterben


        Attac fordert Bundesregierung auf, endlich Patentfreigabe in der
        WTO zu unterstützen

Vor gut einem Jahr haben Indien und Südafrika in der
Welthandelsorganisation (WTO) erstmals den Antrag auf Freigabe von
Patenten zur Eindämmung und Behandlung von Covid-19 gestellt. (1) Diese
Freigabe („TRIPS-Waiver“) würde es ermöglichen, die Produktion
lebenswichtiger Covid19-Impfstoffe sowie von Tests, Medikamenten und
Schutzausrüstung rasch auszubauen. (2)

Der Antrag wird mittlerweile von mehr als 100 Staaten inklusive den USA
und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt. Zu den letzten
Blockierern des TRIPS-Waiver zählen Großbritannien, die Schweiz sowie
die EU inklusive Deutschland.

„Es ist höchste Zeit, dass sich die deutsche Regierung auf die richtige
Seite der Geschichte stellt und die Freigabe von Patenten unterstützt.
Seit dem 2. Oktober 2020 sind durchschnittlich 10.000 Menschen weltweit
täglich an Covid-19 gestorben. (3) Diese fürchterliche Zahl könnte bei
einer gerechteren globalen Impfstoffproduktion- und verteilung viel
geringer sein“, sagt Roland Süß vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.

*/Patentrechte verlängern die Pandemie unnötig/*

Weltweit gibt es ungenutzte Produktionskapazitäten für Covid-Impfstoffe.
Zahlreiche Hersteller könnten produzieren, erhalten aber keine Lizenzen.
(4) Die durch die Patentrechte gedeckten Monopole der Konzerne führen zu
einer künstlichen Verknappung und überteuerten Preisen. Daher haben zu
wenige Menschen weltweit Zugang zu Covid-Impfungen. So sind nur etwa
drei Prozent
<https://ourworldindata.org/grapher/share-people-fully-vaccinated-covid?tab=map&time=latest>
der afrikanischen Bevölkerung vollständig geimpft. Dadurch entstehen
immer wieder gefährliche Mutationen des Virus. Patentrechte verlängern
die Pandemie unnötig.

*/Milliardengewinne dank öffentlicher Forschung/*

Die Patentrechte kosten nicht nur Menschenleben. Sie sichern auch die
Rekordprofite der Pharmakonzerne. Eine Analyse
<https://www.attac.at/fileadmin/user_upload/dateien/presse/downloads/PVA_FINAL_vaccine_prices_release_embargoed_29_July_Final.pdf>
kommt zum Schluss, dass Pfizer/BionTech und Moderna bisher über 90
Prozent ihrer Impfstoffe an reiche Länder verkauft und dafür das bis zu
24-fache der potenziellen Produktionskosten verlangt haben. BionTech
meldet allein im 2. Quartal 2021 einen Rekordgewinn von 2,8 Milliarden
Euro
<https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/aktien/biontech-quartalszahlen-aktie-umsatz-und-gewinn-von-biontech-in-q2-2021/27175816.html?ticket=ST-8714610-s2CCliC2DfyzHD0dAt1y-ap5>.
In Summe brachte das erste Halbjahr 2021 Biontech schon knapp vier
Milliarden Euro Profit. Dabei wurde die Entwicklung des
Biontech-Impfstoffes zu fast 100 Prozent öffentlich finanziert
<https://www.scientificamerican.com/article/for-billion-dollar-covid-vaccines-basic-government-funded-science-laid-the-groundwork/>.
Doch Biontech will die EU-Preise für den Impfstoff noch einmal um 25
Prozent erhöhen
<https://www.stern.de/gesundheit/teuer-und-immer-teurer--biontech-und-moderna-ziehen-den-preis-fuer-impfstoffe-an-30643604.html>
- von 15,50 auf 19,50 Euro. Und das bei Herstellungskosten von rund
einem Euro
<https://www.oxfam.org/en/press-releases/vaccine-monopolies-make-cost-vaccinating-world-against-covid-least-5-times-more>
je Dosis.

Roland Süß: „Es ist eine Schande, dass Menschen sterben oder krank
bleiben, weil sie nicht ausreichend mit Medikamenten oder Impfungen
versorgt werden, während die Profite der Pharmakonzerne explodieren.“

Attac engagiert sich im Bündnis #makethemsign <https://makethemsign.eu>,
einem Zusammenschluss aus zivilgesellschaftlichen Akteuren und
politischen Initiativen, für den sogenannten Waiver. Die Kampagne
#makethemsign fordert die Aufhebung des Schutzes von geistigen
Eigentumsrechten auf Impfstoffe, Medikamente und andere medizinische
Güter zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie.

--

/(1) Konkret haben Südafrika und Indien einen Antrag mit dem Titel
„Verzicht auf einige Bestimmungen des TRIPS-Abkommens zur Prävention,
Eindämmung und Behandlung von Covid-19“ vorgelegt. Mit diesem Antrag,
dem sogenannten „TRIPS-Waiver“, sollen verschiedene Arten geistiger
Eigentumsrechte (Patente und Geschäftsgeheimnisse auf Gesundheitsgüter
und -technologien mit Covid-Bezug) für mindestens drei Jahre ausgesetzt
werden. Die Entscheidung, die geistigen Eigentumsrechte im eigenen Land
auszusetzen oder nicht, würde den WTO-Mitgliedern überlassen bleiben.
Der TRIPS-Waiver würde die Grundlage dafür schaffen, indem er die sonst
üblichen Sanktionen aussetzt. //
//
//(2) Ausführliche Argumente und Begründungen wie der TRIPS-Waiver
wesentliche Hindernisse auf dem Weg zur Pandemiebekämpfung aus dem Weg
räumen würde, finden Sie in diesem //Briefing.
<https://patente-freigeben.info/wp-content/uploads/2021/09/Argumentarium_17_09.pdf>////
//
//(3) Offiziell belief sich die Zahl der Todesfälle im letzten Jahr auf
3,69 Millionen, obwohl Expert*innen von einer weitaus höheren Zahl
ausgehen. //
//
//(4) Länder wie Indien und China produzieren seit Jahrzehnten einen
Großteil unserer Medikamente und exportieren sie. Auch Impfstoffe werden
in Ländern des Globalen Südens hergestellt. Das Serum Institut in Indien
ist der größte Impfstoffhersteller weltweit. Das Developing Countries
Vaccine Manufacturers Network (DCVMN) hat 41 Mitglieder in 14 Ländern
und produziert zahlreiche Impfstoffe. Auch die komplexere
mRNA-Technologie kann in Ländern des Globalen Südens produziert werden,
wie das indische Pharmaunternehmen Gennova zeigt. Im August 2021 begann
es klinische Tests zu einem gemeinsam mit dem US-Unternehmen IDT Biotech
entwickelten mRNA-Impfstoff. Außerdem haben 19 Impfstoffproduzenten in
über 12 Ländern aus Asien, Lateinamerika und Afrika ihr Interesse
bekundet, mRNA Impfungen herzustellen. Zudem haben bereits mehrere
Unternehmen angeboten, die bereits zugelassenen Covid-Impfstoffe zu
produzieren. Darunter war zum Beispiel die Firma Incepta in Bangladesch,
die angab, bis zu 800 Millionen Impfdosen im Jahr produzieren zu können.
Diese Unternehmen bekamen jedoch keine freiwilligen Lizenzen von den
Pharmamultis. Solche „freiwilligen Lizenzen“ sind also keine Lösung, da
die Firmen sie nur hergeben, wenn sie sich ausreichend Profite erwarten. 
/

/--/

*Für Rückfragen und Interviews:*

  * Roland Süß, Attac-Koordinierungskreis, Tel.  0175 2725 893

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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel. 069 900 281-42; 0151 6141 0268
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