[imc-presse] Fw: Offener Brief an die Bundeskanzlerin: Stoppen Sie sofort jegliche Unterstützung der ethnischen Säuberungen in Afrin!

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Wed Mar 21 23:29:43 CET 2018


Anbei finden Sie eine Pressemitteilung der Kampagne für Frieden in Afrin und Nordsyrien, die gerade vor dem Hintergrund der unzureichenden Äußerung der Bundeskanzlerin zur Situation in Afrin (Nicht-Benennung des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs und der Beteiligung Deutschlands, Wiederholung der Propaganda Erdogans) noch einmal an Aktualität gewinnt.

Mit freundlichen Grüßen,
Cenî

CENÎ
Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
Kurdish Women's Office for Peace
Buroya Aşitıyê ya Jinên Kurd

Tel.: +49 (0)211 598 92 -51/ Fax: -53
E-mail: ceni_frauen at gmx.de
www.ceni-kurdistan.com
FB: Ceni Frauen



From: Frauen für Afrin Ini 
Sent: Wednesday, March 21, 2018 4:37 PM
To: ceni_frauen at gmx.de 
Subject: Offener Brief an die Bundeskanzlerin: Stoppen Sie sofort jegliche Unterstützung der ethnischen Säuberungen in Afrin!


PM 21.03.2018

In einem offenen Brief wenden sich die Initiatorinnen der Kampagne von Frauen und Frauenorganisationen für einen Frieden in Afrin/Nordsyrien an Bundeskanzlerin Merkel und fordern den sofortigen Stopp der Unterstützung von ethnischen Säuberungen in Afrin. Der Brief thematisiert die Beteiligung der Bundesregierung am völkerrechtswidrigen Krieg in Afrin und den dabei durchgeführten ethnischen Säuberungen, Plünderungen und Massaker und der Neuinstallation des IS in Nordsyrien. Die Initiatorinnen fordern von der Kanzlerin ein Ende der Heuchlerei: "Hören Sie sofort auf, ein faschistisches Regime zu unterstützen und gleichzeitig von Demokratie, Frauen- und Menschenrechten zu sprechen!"

Die Initiatorinnen der Kampagne sind Frauen für Frieden e.V. Hessen, WJAR - Stiftung der Freien Frau in Rojava, Dachverband des Êzidischen Frauenrats e.V. (SMJÊ), Marche Mondiale des Femmes Deutschland (MMF) und Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V..

Im Folgenden und im Anhang finden Sie den offenen Brief im Wortlaut.



Offener Brief an die Bundeskanzlerin: Stoppen Sie sofort jegliche Unterstützung der ethnischen Säuberungen in Afrin!

Frau Bundeskanzlerin Merkel,

auch dank tatkräftiger Unterstützung der Bundesregierung hat das türkische Militär mit seinen islamistischen Verbündeten nun große Teile des Kantons Afrin sowie das Stadtzentrum von Afrin besetzt. Allgegenwärtig sind die Bilder der Leopard-2-Panzer aus deutscher Produktion, geschmückt mit türkischen Flaggen. Schämen Sie sich nicht dafür?! Mit der Besatzung einher gehen Plünderungen, extralegale Hinrichtungen, Folter und unbändige Gewalt. Am 17.3. wurde ein Konvoi von 300 Personen, der auf dem Rückweg nach Jindires war, durch das türkische Militär bombardiert und nahezu alle TeilnehmerInnen getötet. Damit wurden an einem einzigen Tag fast 300 Menschen ermordet! Der Einnahme des Stadtzentrums waren gezielte Bombardierungen ziviler Einrichtungen, wie das Avrin-Krankenhaus und Trinkwasseraufbereitungsanlagen, voraus gegangen. Insgesamt wurden seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges am 20. Januar 2018 um die 500 ZivilistInnen ermordet. Stoppen Sie sofort die Massaker an der Zivilbevölkerung, die ethnischen Säuberungen und die unzähligen dokumentierten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen!

Durch die Angriffe der türkischen Armee und ihrer islamistischen Verbündeten sind aktuell um die 200.000 Menschen aus Afrin vertrieben worden und befinden sich auf der Flucht. Sie befinden sich in einer katastrophalen Lage. Es ist unklar, wohin sie fliehen können, es gibt keine Flüchtlingscamps in der Nähe. Afrin war einer der wenigen vom Krieg verschonten Orte und selbst sicherer Hafen für Flüchtlinge. Außerdem haben Erdogan und seine Islamisten bereits angekündigt, den Krieg bis nach Manbidsch, Qamishli, Kirkuk und Mossul fortzuführen. Der türkische Besatzungsversuch dient auch dazu, demografische Veränderungen in der Region durchzuführen. Aktuell werden syrische Flüchtlinge aus der Türkei in den eroberten Gebieten angesiedelt. Dies steht im direkten Zusammenhang mit dem EU-Flüchtlingsdeal, in dem Erdogan erst kürzlich am 14. März die nächsten 3 Milliarden dafür zugesichert wurden, dass er die Flüchtlinge von Europa fernhält und dafür im besetzten Afrin ansiedelt. Hören Sie sofort auf, Menschen zur Flucht zu zwingen und bekämpfen Sie statt dessen Fluchtursachen wie diesen faschistischen Besatzungsversuch! Schluss mit der Finanzierung Erdogan’s Kriege unter dem heuchlerischen Vorwand, die selbstverursachte „Flüchtlingskrise“ zu lösen!

Nachdem der wissenschaftliche Dienst der Bundesregierung nach 45 (!) Tagen Zweifel am Vorliegen eines Verteidigungsfall äußerte, fand am 23. März 2018 eine Debatte im Bundestag über die Bewertung der Lage in Afrin statt. Während alle Anwesenden die Vorgänge als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg bezeichneten, blieben dementsprechende Taten aus. Uns ist allen klar, dass die Untätigkeit nicht auf Unkenntnis oder Unfähigkeit beruht, sondern sich darin der politische Wille der Bundesregierung äußert. Sie machen sich damit ganz klar einer Mittäterinnenschaft an diesem Versagen der Menschheit schuldig! Trotz der irreführenden Versicherung Ihres Außenministers Gabriel, es gäbe keine Exportgenehmigungen in sogenannte „Spannungsgebiete“, hatte er dem Export von Rüstungsmaterial an die Türkei im Wert von 4,4, Mio. zugestimmt. Die Bundesregierung unterstützt damit diesen Krieg tatkräftig mit Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter und -technologie. Stoppen Sie sofort diese Waffenexporte! Weitere Unterstützungsleistung Ihrerseits für Erdogans Krieg war die fast schon gebetsmühlenhafte Wiederholung der Propaganda Erdogans, es läge ein Verteidigungsfall vor. Hören Sie sofort auf damit, als Propaganda-Maschine eines faschistischen Diktators zu fungieren! Und hören Sie außerdem auf damit, die faschistische Rhetorik, alle KurdInnen seien Terroristen, zu reproduzieren! Mit Ihrer Repressionspolitik gegen die Kurdinnen in Deutschland kriminalisieren Sie völlig legitime friedliche und demokratische Proteste gegen eine Besatzung Afrins durch die Türkei. Unterlassen Sie sofort diese Einschränkung der demokratischen Grundrechte und Kriminalisierung der KurdInnen!

Der für die Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit Deutschlands so wichtige Ausspruch „Nie wieder Faschismus!“ wird durch Ihre Unterstützung eines faschistischen Regimes in der Türkei und eines faschistischen völkerrechtswidrigen Angriffskrieges mit Füßen getreten und ist ein Schlag ins Gesicht einer jeden, die sich für Demokratie, Menschenrechte und gegen das Wiedererstarken des Faschismus einsetzt! Die Konsequenzen daraus sind der Bundesregierung mehr als bewusst, werden aber für kurzfristige Eigeninteressen geopfert. Einmal mehr wird deutlich, dass Sie nicht entsprechend der von Ihnen immer wieder benannten Werte wie Demokratie, Frauenemanzipation, Menschenrechte und Völkerverständigung handeln. Hören Sie endlich auf damit, mit Ihrer Scheinheiligkeit unsere Werte von innen auszuhöhlen! Hören Sie sofort auf, ein faschistisches Regime zu unterstützen und gleichzeitig von Demokratie, Frauen- und Menschenrechten zu sprechen! Wenn Sie tatsächlich Ihren Kampf gegen den IS ernst nehmen, dann hören Sie auf, die Neuinstallation des IS durch die Türkei in Syrien zu unterstützen!

Als für Frieden, Frauenbefreiung, Demokratie und Menschenrechte engagierte Frauen stellen wir uns gegen die Besatzung der Demokratischen Föderation Nordsyrien durch die Türkei. Diese Besatzung ist nicht nur völkerrechtswidrig. Hier wird versucht auszuradieren, was aufgrund des Beispielcharakters als bedrohlich verstanden wird: Das selbstorganisierte Zusammenleben verschiedener kultureller Gruppen und die verankerte, selbstbewusste Beteiligung von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Vernichtung der wertvollen Entwicklungen in der Region zu dulden, würde allen an Frauenrechten orientierten Analysen und Ansätzen für Friedenspolitik widersprechen. Wir appellieren an Ihre Menschlichkeit, Gewissen und Würde und fordern Sie auf, sich sofort für ein Ende der Zerstörung eines fortschrittlichen, demokratischen Gesellschaftsaufbaus einzusetzen, der die Befreiung der Frauen zum wichtigsten Ziel erklärt hat.“

Wir, die Initiatorinnen der Kampagne von Frauen und Frauenorganisationen für einen Frieden in Afrin/Nordsyrien, verbleiben mit der Hoffnung, dass Sie diesen Brief lesen und Ihre Haltung noch einmal überdenken und klar Stellung gegen Unterdrückung, Faschismus und IS-Terror beziehen.


     Virenfrei. www.avg.com  
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