[imc-presse] PM des RAV: Geschichte wiederholt sich immer zweimal, als Tragödie und als Farce - 2007 Heiligendamm-2015 Schloss Elmau

RAV e.V. gs at rav.de
Wed Jun 3 11:56:24 CEST 2015


Sehr geehrte Damen und Herren,

 

anbei, hier folgend und auf der Seite des RAV* die Pressemitteilung des
Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins e.V. (RAV) vom heutigen Tag
zu den Kriminalisierungen der Proteste im Vorfeld des G7 auf Schloss Elmau.

 

Wir bitten um Beachtung und Veröffentlichung in Ihren/über Ihre Medien.

 

Mit den besten Grüßen

 

Sigrid v. Klinggräff

RAV-Geschäftsstelle

 

*
http://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/pressemitteilung-vom
-3615-422/

 

 

****

RAV-Pressemitteilung, 3.6.2015

 

Geschichte wiederholt sich immer zweimal, als Tragödie und als Farce

2007 Heiligendamm – 2015 Schloss Elmau

 

Der G7-Gipfel auf Schloss Elmau rückt näher und so auch die Medienmaschine
der Polizei. Legitimer Protest wird im Vorfeld kriminalisiert – von der
Anreise gewaltbereiter Personen ist die Rede. 20.000 Polizisten, 5.000 mehr
als in Heiligendamm, sind mobilisiert, 200 Polizeigewahrsamplätze
eingerichtet, 100 Richter und 15 Staatsanwälte abgestellt. Die
Polizeipressestellen sind Teil des Versuchs, Demonstrierende im Vorfeld
einzuschüchtern. Ein Blick zurück zeigt, wie die Demontage von Bürger- und
Menschenrechten funktioniert.

 

Nach dem G8-Gipfel 2007 wurde klar: Die Mehrheit der Ingewahrsamnahmen war
rechtswidrig, Ermittlungsverfahren wurden ohne Verdacht geführt, die Praxis
von Polizei und Staatsanwaltschaft verlief vielfach am Rande der
Rechtstaatlichkeit, und ›unverhältnismäßig‹ war noch das höflichste Wort.
Zur Erinnerung einige Zahlen:

 

»Von den ca. 1.600 Ermittlungsverfahren, die wegen der Proteste im Juni 2007
eingeleitet worden waren, waren am 15.11.2007 bereits 1.086 eingestellt. Von
176 Verfahren, die bis Ende Mai 2008 gerichtsanhängig waren, führten 84
Fälle zu einem Urteil: eine Urteilsrate von rund fünf Prozent«. »Von den gut
1.000 Freiheitsentziehungen im Juni 2007 waren 586 Gegenstand gerichtlicher
Überprüfungsverfahren. Lediglich 158 von der Polizei gestellte Anträge auf
Gewahrsamsverlängerung wurden angenommen. Gegen 102 genehmigte
Gewahrsamsverlängerungen wurde Beschwerde eingelegt, in 45 Fällen wurden die
Gefangenen danach entlassen, lediglich 15mal ein Gewahrsam bestätigt«. (1)

 

Ein Fazit aus Heiligendamm: Menschenrechtsverstöße

 

Kaum ein Ermittlungsverfahren führte zu einer Anklage, gerichtlich
überprüfte Ingewahrsamnahmen führten zu Freilassungen, Schadensersatzklagen
hatten Erfolg. »Die Polizei sollte aus solchen Statistiken lernen«, so
Verina Speckin, Rechtsanwältin und Mitglied des RAV und Legal Teams in
Elmau, »sonst ist es wieder der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte,
der, wie in seiner Heiligendamm-Entscheidung von 2011, im Nachhinein
Menschenrechtsverstöße der Polizei feststellt«. Der Gerichtshof hatte vier
Jahre nach Heiligendamm geurteilt, dass G8-Freiheitsentziehungen gegen die
Europäische Menschenrechtskonvention verstießen – und Berlin zu Geldstrafen
verurteilt.(2)

 

Die Stimmungsmache etwa des DPolG-Vorsitzenden Rainer Wendt spricht gegen
jeden Lernprozess: Man werde gegen gewaltbereite Personen »konsequent und
mit niedriger Einschreitschwelle vorgehen«, lässt der sich zitieren.(3)
»Mein Eindruck ist, ein Ereignis wie der G7-Gipfel wird gern genutzt, um
Bürgerrechte einzuschränken«, so Speckin. »Dabei muss sich der Rechtsstaat
gerade in diesen besonderen Situationen als Rechtsstaat bewähren«.

 

Kontakt: RAV-Geschäftsstelle 030-417 235 55; kontakt at rav.de

 

(1) Vgl. Prozessbeobachtungsgruppe Rostock,
http://rotehilfegreifswald.blogsport.de/2008/06/05/g8-auswertung-der-bisheri
gen-g8-verfahren-durch-die-prozessbeobachtungsgruppe-rostock/ sowie die
Zahlen in Neue Justiz, 12/07: 529ff.

 

(2)  2007 mussten zwei junge Männern sechs Tage im Gefängnis verbringen,
weil die Polizei zwei Transparente (›Freedom for all Prisoners‹/Freiheit für
alle Gefangenen und ›Free all now‹/Befreit alle jetzt) als Aufforderung zur
Gefangenenbefreiung bewertete, vgl. EGMR, 01.12.2011 (8080/08, 8577/08),
http://www.bmj.de/SharedDocs/EGMR/DE/20110201_8080_08_8577_08.html.

 

(3) VGl.
http://web.de/magazine/politik/g7-gipfel/g7-gipfel-schloss-elmau-schlimmste-
befuerchten-30674156 

 

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Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.

Haus der Demokratie und Menschenrechte

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