[imc-presse] PM_ zu Henkel u. Kolat - Flüchltinge vom Oranienplatz und der Hauptmann-Schule

RAV e.V. gs at rav.de
Thu Aug 14 11:45:31 CEST 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freudinnen und Freunde,

anbei eine Pressemitteilung des Republikanischen Anwältinnen- und
Anwälteverein (RAV) vom heutigen Tag mit der Bitte um Kenntnisnahme und
Veröffentlichung in Ihren Medien.

Ilona Picker
RAV-Geschäftsstelle

Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin
Tel +49 (0)30 417 235 55 | Fax +49 (0)30 417 235 57
mailto:kontakt at rav.de | www.rav.de
Mo - Fr 10:00 - 16:00
------
Pressemitteilung, 14.08.2014

Flüchtlinge vom Oranienplatz und der Hauptmann-Schule:

Es gibt keine einzige Umverteilung nach Berlin, keine einzige
Aufenthaltserlaubnis, keinen Abschiebestopp

Henkel und Kolat verdrehen die Wirklichkeit

Seit zwei Tagen geht es durch die Presse: Sozialsenatorin Kolat (SPD) lobt
den Umgang des Landes Berlin mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz und
erklärt: »Das ist ein ganz außergewöhnliches Verfahren, das Berlin hier
praktiziert«.  Innensenator Henkel (CDU) bemängelt, die Flüchtlinge würden
die »vereinbarten Regeln« nicht beachten.  Tatsächlich halten sich weder
Senat noch Ausländerbehörde an Zusagen aus dem sogenannten ›Einigungspapier
Oranienplatz‹ vom 18. März 2014.

In keinem Fall wurde bisher ernsthaft einzelfallbezogen geprüft. Es gibt
keine einzige Umverteilung nach Berlin, keine einzige Aufenthaltserlaubnis,
keinen Abschiebestopp.

Offensichtlich wird das ›Einigungspapier‹ von der Innenverwaltung und der
Ausländerbehörde Berlin als bloße, rechtlich vollkommen unverbindliche
Erklärung eingestuft. In einem Schreiben der Innenverwaltung vom 8. Juli
2014 heißt es, man wolle »nochmals« darauf hinweisen: 
»dass kein Abschiebestopp gem. § 60 a AufenthG durch den Senat für Inneres
und Sport angeordnet wurde. Des Weiteren wurden keinerlei Zusicherungen
gemacht, Duldungen in Berlin zu erteilen oder Anträgen auf Umverteilung
zuzustimmen«.

Festzustellen ist: Die Thematik der Flüchtlinge vom Oranienplatz berührt
vielfältige Rechtsfragen. Innensenator Henkel verleugnet dies, spricht aber
in der Öffentlichkeit, ebenso wie die Integrationssenatorin Kolat, vom
›Oranienplatzverfahren‹ und erzeugt damit bewusst den Anschein eines
rechtlichen Verfahrens. Gleichzeitig nimmt die Ausländerbehörde Berlin die
jeweils restriktivste Rechtsauslegung vor. 

Faktisch findet ein – rechtlich mögliches und gebotenes – Ausüben von
Ermessensspielräumen in keinem Fall statt.

An dem ›Verfahren‹ haben auch die Kirchen sehr deutliche Kritik geübt
(http://www.rbb-online.de/politik/thema/streit-um-fluechtlingsheime/beitraeg
e/diakonie-und-caritas-schreiben-brandbrief-zur-fluechtlingspolitik-an-senat
.html).

Ebenso haben maßgebliche Mitglieder des Landesbeirats das Vorgehen
kritisiert
(http://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/wollen-sie-fluechtl
inge-schuetzen-oder-wollen-sie-es-nicht-364/).

Auch der Flüchtlingsrat hat massive Kritik geäußert
(http://www.fluechtlingsrat-berlin.de/print_pe2.php?post_id=684).

In einem Rechtsgutachten wurden die rechtlichen Verbindlichkeiten für den
Senat, die sich aus dem Einigungspapier ergeben, klar aufgezeigt (unter:
rav.de, http://bit.ly/1q3RFdt).

Tatsächlich gibt es keinerlei Willen, eine Lösung für die Flüchtlinge vom
Oranienplatz und der Gerhart-Hauptmann-Schule zu finden. Es gibt kein
›Oranienplatzverfahren‹! Dies alles wegzureden, wie es insbesondere auch
Senatorin Kolat jetzt tut, ist unlauter und beschämend. Die Ausländerbehörde
Berlin erklärt sich in allen Fällen für nicht zuständig. Dies ist Senatorin
Kolat und auch Senator Henkel bekannt. Der Rat von Senatorin Kolat an die
Flüchtlinge, »einen Antrag auf humanitären Aufenthalt zu stellen«,  ist vor
diesem Hintergrund mehr als zynisch. Das Vorsprechen der Flüchtlinge vom
Oranienplatz bereitet allein die Ablehnung ihrer Anträge oder deren
Abschiebung vor. Eine Beratung kann so nicht erfolgen.

Senatorin Kolat sucht jetzt offensichtlich – nach langem Schweigen – den
Schulterschluss zu Innensenator Henkel. Es ist offensichtlich, dass die
Betroffenen nur Spielball der Politik sind und es nie ein Interesse an einer
Lösung gab. Die Ausländerbehörde beteiligt sich an diesem Spiel. Sie erweckt
den Eindruck, es gäbe ein Verfahren auf Grundlage eines Papiers, das sie
selbst in ihrer Praxis für null und nichtig erklärt.

Wenn es kein Verfahren gibt, gebietet es der politische Anstand, hierüber
zumindest die Flüchtlinge und die Öffentlichkeit nicht zu täuschen.


Wir fordern die Innenverwaltung auf,
•	sofort die Aussetzung sämtlicher Verfahren anzuordnen.


Wir fordern den Senat auf, sofort einen Beschluss für die Flüchtlinge vom
Oranienplatz zu fassen, der folgende Mindestregelungen enthält:

•	Sofortiger Abschiebestopp für alle Flüchtlinge des Oranienplatzes
und der Gehart-Hauptmann-Schule.
•	Erteilung einer humanitären Duldung für alle bis zum rechtskräftigen
Abschluss der Antragsverfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
•	Das Aufenthaltsgesetz beinhaltet verschiedene Möglichkeiten, den
Rechtsstatus der Personen zu Gunsten der Betroffenen zu regeln. Wir fordern,
diese strikt anzuwenden.


Kontakt: 
RAV-Vorstandsmitglied und Rechtsanwältin Berenice Böhlo über 030.417235-55
oder 030.446792-31

-------------- next part --------------
A non-text attachment was scrubbed...
Name: Pressemitteilung_zu Henkel  u. Kolat_14.08.14.pdf
Type: application/pdf
Size: 89613 bytes
Desc: not available
URL: </pipermail/imc-presse/attachments/20140814/bbf0dbf6/attachment-0001.pdf>


More information about the imc-presse mailing list