[imc-presse] [attac-d-presse] Stellungnahme aus dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac zum Nahostkonflikt
Presse Attac
presse at attac.de
Wed Aug 13 10:49:54 CEST 2014
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Medien,
ich bitte um Beachtung der Stellungnahme aus dem Wissenschaftlichen
Beirat des globalisierungskritischen Netzwerks Attac zum Nahostkonflikt.
Die einzelnen Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Stellungnahme
finden Sie im angehängten PDF. Für Rückfragen steht Ihnen Prof. Dr.
Elmar Altvater, Tel.: 0171 – 54 55 604 gerne zur Verfügung.
Vielen Dank,
mit vielen freundlichen Grüßen
Dörthe Krohn
Erklärung aus dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac
Israels militärische Aktionen im Gaza-Streifen sind unverhältnismäßig
und richten sich – nach den vorliegenden Nachrichten der UNO – nicht nur
gegen militärische Ziele, sondern vor allem gegen die Menschen im
Gaza-Streifen. Das hat in aller Welt Empörung hervorgerufen und zu
Solidarität mit den Palästinensern veranlasst.
Die jahrelange Blockade des Gazastreifens hat im Krieg von Juli/ August
2014 eine brutale Steigerung erfahren. Sie ist zur geplanten Zerstörung
der palästinensischen Gesellschaft ausgeweitet worden. Eine Armee, die
zielgenau anfliegende Hamas-Raketen abschießen kann („Iron Dome“),
trifft mit ihren Granaten auch zielgenau, also absichtsvoll Schulen,
Flüchtlingsunterkünfte, Krankenhäuser, Verwaltungseinrichtungen, das
einzige Kraftwerk, das die Menschen mit Energie versorgt, die Anlagen
zur Wasseraufbereitung und Abwasserentsorgung. Die Infrastruktur einer
Gesellschaft, ohne die deren Existenz nicht möglich ist, wird in Schutt
und Asche gebombt. Das sind schwere Verbrechen gegen das humanitäre
Völkerrecht.
Momentan (am 4. August, dem 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten
Weltkriegs) trauern wir um die fast 2000 Toten und über 6000 Verletzten,
die Opfer der Militäroffensive zu Lande, aus der Luft und vom
Urlaubs-Mittelmeer her geworden sind. Das sind vor allem
palästinensische Opfer. Aber auch die Traumata der Überlebenden und die
zerstörten gesellschaftlichen Einrichtungen tragen Konsequenzen – wie es
in der Bibel heißt – „bis ins vierte Glied“, und zwar nicht nur auf
Palästinensischer Seite, sondern auch für die Israelis.
Die Regierenden in Israel sind dabei, nicht nur den Gaza-Streifen,
sondern auch die Zukunft ihres eignen Landes zu zerstören. Wie soll das
Zusammenleben von Palästinensern und Israelis möglich sein? Welche
Angebote für eine Friedensordnung ist Israel bereit zu machen? Wie wird
das Zusammenleben mit den anderen Nationen des Nahen und Mittleren
Ostens geregelt sein? Die israelische Regierung trägt eine große
Verantwortung, auch weil sie mehr und bessere Optionen als die
Palästinenser hat.
Wir dürfen als dem Frieden verpflichtete soziale Bewegung die
zerstörerischen und selbstzerstörerischen Kräfte nicht überhand nehmen
lassen. Darin sind wir uns mit den Friedensbewegungen in Israel und in
Palästina einig. Nur gemeinsam können wir uns, auch wenn die Bedingungen
unserer politischen Arbeit höchst unterschiedlich sind, der Zerstörung
in den Weg stellen, zumal die USA und die Staaten der EU kläglich
versagen. Die US-Regierung lässt sich von Israels rechten,
militaristischen Politikern vorführen, so dass schon spöttisch bemerkt
wird, die USA würden sich in die Hand beißen lassen, die da Israel
füttert: mit hohen Geldleistungen, militärischem Nachschub und
Technologietransfer, ohne den Iron Dome gar nicht eingesetzt werden könnte.
Die UNO wird seit Jahrzehnten blockiert, wenn es darum geht,
beschlossene Sanktionen gegen Israel durchzusetzen. Genau dies muss aber
geschehen, um eine weitere Eskalation des asymmetrischen Krieges zu
verhindern. Israel muss die Blockade des Gaza-Streifens vollständig
aufgeben und alle Grenzübergänge für Menschen, Güter und Waren öffnen.
Dann wird die Sinnlosigkeit, Tunnels zu bauen, Raketen „home made“ zu
produzieren und sie völkerrechtswidrig auch gegen Zivilisten zu
schießen, offenbar. Die Mauer gegen die Palästinenser, um die
völkerrechtlich illegalen Siedlungen zu schützen, muss fallen, und
Israel muss die Grenzen von 1967 als seine Staatsgrenzen akzeptieren.
Umgekehrt muss die Hamas als palästinensische Vertretung im
Gaza-Streifen das Existenzrecht Israels in diesen Grenzen anerkennen und
bereit sein, auf Gewalt als Mittel der Politik gegenüber Israel zu
verzichten.
Israel muss endlich ernsthafte Verhandlungen mit den Palästinensern, mit
der kürzlich gebildeten Einheitsregierung von Fatah und Hamas, aufnehmen
und zwar unter internationaler Vermittlung. Die Gründung eines
unabhängigen palästinensischen Staates muss ermöglicht werden, das von
der UNO geforderte Rückkehrrecht der Flüchtlinge muss eingelöst, die
Freilassung der an die 5000 zählenden politischen Gefangenen muss
geregelt werden. Nach den Schrecken der vergangenen Jahrzehnte ist es an
der Zeit, konkrete Abmachungen zu treffen, die Sicherheit und gutes
Leben für alle Menschen, in Israel und in Palästina, garantieren.
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Dörthe Krohn
Presse Attac Deutschland
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Attac-Bundesbüro
Münchener Str. 48
60329 Frankfurt/M
Tel.: 0173 65 150 25
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