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Tue Mar 6 12:40:40 CET 2012


Liebe Presse,

unten eine Presseerklärung des AK Spitzelklage zur Klageerwiederung des
Regierungspräsidium/Landespolizeidirektion.

schöne Grüße
Alex für den AK Spitzelklage

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Pressemitteilung des „Arbeitskreises Spitzelklage“ zur Klageerwiderung der
Landespolizeidirektion:

Regierungspräsidium Karlsruhe bestätigt offiziell weitere Spitzel in
Heidelberg

Seit den Rechercheergebnissen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg
(AIHD) vom Januar 2011 wissen wir von zwei weiteren verdeckten
ErmittlerInnen der Polizei, die in Heidelberg eingesetzt waren oder sind.
Regierungs- oder Polizeikreise schwiegen bisher dazu: Ihre Existenz wurde
bestritten oder es wurde, je nach politischer Windrichtung, auf das eine
oder andere angespielt. In der nun eingetroffenen Klageerwiderung des
Regierungspräsidiums Karlsruhe/Landespolizeidirektion wird nun von
offizieller Seite aus bestätigt, dass es - abgesehen von Simon Bromma, der
im Dezember 2010 enttarnt werden konnte - noch weitere verdeckte
ErmittlerInnen in Heidelberg gegeben hatte, indem konsequent im Plural
gesprochen wird:

„4. Aufgrund dieser Erkenntnisse kam es zu Anordnung von Verdeckten
Ermittlern.“
(Fehler im Original)

Die „Erkenntnisse“, mit denen die Rechtsabteilung der
Landespolizeidirektion die Einsätze zu rechtfertigen versucht, sind eine
Farce:
Ein in Heidelberg zu beobachtender Anstieg „linksextremistisch motivierter
Kriminalität“ [beim Bundeskriminalamt existiert eine Datei „Politisch
motivierte Kriminalität links - Zentralstelle“ („PMK-links Z)“, auf die
MitarbeiterInnen der Staatsschutzabteilungen der jeweiligen
Kriminalpolizeien Zugriff haben] habe einen Einsatz notwendig gemacht.
Tatsächlich gab es in Heidelberg im Jahr 2009 einen starken Anstieg dieser
„Kriminalität“: Mehr als 100 StudentInnen, die im Zuge des bundesweiten
Bildungsstreiks aus Frust über ihre prekäre Lage friedlich das Rektorat
der Neuen Uni besetzt hielten.
Die zu erwartende große Gewaltbereitschaft bei diesem Anstieg der
"PMK-links“ begründet das Karlsruher Regierungspräsidium mit dem
zufälligen Fund mehrerer „gebrauchsfertiger Mollis“ in einer
Wohngemeinschaft 50 Kilometer von Heidelberg entfernt; zwei damalige
WG-Bewohner sind mehr als ein Jahr nach diesem Zufallsfund wegen des
niedrigschwelligen Delikts des „Besitzes von Waffen“ zu äußerst harmlosen
Strafen verurteilt worden (das Urteil ist jedoch noch nicht
rechtskräftig).

Außerdem ist die Landespolizeidirektion der Meinung, eine „eskalative
Zuspitzung“ zwischen „rechts und links“ erwarten zu müssen. Als Begründung
hierfür listet sie acht Demonstrationen auf, wovon sechs von Nazis
angemeldet wurden. Skandalös ist die Erwähnung einer Gegendemonstration,
an der Bromma selbst teilgenommen hat. Allen Ernstes versucht also das
Regierungspräsidium, den Spitzeleinsatz u. a. mit einer Veranstaltung zu
begründen, an der der Eingesetzte bereits aktiv teilnahm

Schlussendlich macht die Landespolizeidirektion selbst keinen Hehl aus den
fehlenden Legitimationsmitteln für den massiven Grundrechtsentzug:

„Die fortdauernde Gefahr ergab sich gerade auch aus einer defizitären
Erkenntnislage.“

Würde diese Begründung rechtmäßig werden, dann müssten alle, die noch
nicht zur gläsernen Bürgerin oder zum gläsernen Bürger geworden sind,
damit rechnen, von verdeckten ErmittlerInnen überwacht zu werden. Nicht,
weil sie eine Gefahr darstellen, sondern nur, weil die Polizei aus einem
Generalverdacht heraus nicht weiß, ob sie eine Gefahr darstellen könnten.
In dubio contra reo.

Als wäre dies der traurigen Realsatire nicht schon genug, wird pauschal
allen über hundert Betroffenen, in deren intimste Lebensbereiche Bromma -
stets protokollierend - eingedrungen ist und die zufällig nicht eine der
vier Ziel- und Kontaktpersonen sind, der Grundrechtseingriff nicht nur
abgesprochen:

„Der Einsatz war nicht gegen ihn (den Kläger, Anm. AKS) gerichtet, er war
nicht Adressat der Maßnahme“,

sondern sogar als ihr eigenes Verschulden pervertiert:

„Hier ist darauf hinzuweisen, dass es ausschließlich die Entscheidung des
Klägers war und ist, mit welchen Personen er in Kontakt tritt.“

Die Polizei hat als Trägerin des Gewaltmonopols neben ihrem primären
rechtsstaatlichen Legitimationskonstrukt, die Eigentumsverhältnisse und die
körperliche Unversehrtheit der BürgerInnen der BRD zu schützen, auch noch
die Aufgabe, Angriffe auf die Grundrechte, die Meinungsfreiheit und die
Privatsphäre zu sanktionieren und diese bürgerlichen Errungenschaften
nicht etwa als missliebige Hindernisse in ihrem Überwachungswahn zu sehen.

Wir fordern die Landesregierung auf, personelle Konsequenzen zu ziehen.

Wir verlangen eine vollständige und ungehinderte Aufklärung des
Spitzeleinsatzes, den sofortigen Abzug weiterer Spitzel in Heidelberg und
ein sofortiges Ende der Kriminalisierung linker Politik.

Bei weiteren Fragen oder Unklarheiten stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:
Arbeitskreis Spitzelklage | ak-spitzelklage at riseup.net |
http://spitzelklage.blogsport.de/
Pressesprecher: M. Dandl (01629154917)

Heidelberg, den 05.03.2012







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