[imc-presse] PM Türkei: Tote bei Protesten im Gefängnis in Urfa

human rights open.letter.human at googlemail.com
Wed Jun 20 14:00:17 CEST 2012


*Pressemitteilung*

Ressort: Außenpolitik - Türkei

*13 Tote bei Gefängnisaufstand in Urfa - Bau neuer Gefängnisse ist die
falsche Antwort*

Aufgrund unwürdiger und menschenverachtender Haftbedingungen haben
politische Gefangene am Wochenende im E-Typ-Gefängnis der in den kurdischen
Provinzen der Türkei gelegenen Stadt Urfa ihre Zellen in Brand gesteckt.
Dabei starben 13 Menschen, fünf wurden verletzt. Die Unruhen waren
ausgebrochen, nachdem Wärter bei 40 Grad Hitze den Ventilator in einer
Zelle für sechs Gefangene, in der sich 18 Personen befanden, abmontierten.

Auch am Montag protestierten Gefangene auf diese Weise in der gleichen
Haftanstalt. Mindestens 14 Menschen wurden verletzt, einer davon schwer. In
den Zellen minderjähriger Inhaftierter hatten diese ihre Betten in Brand
gesetzt, heißt es dazu in den türkischen Medien. Eine große Menschenmenge,
die vor dem Gefängnis demonstrierte, wurde von der türkischen Polizei mit
Gasgranaten und Wasserwerfern angegriffen. Mittlerweile haben sich
Inhaftierte in den Gefängnissen von Osmaniye, Adana und Antep den Protesten
angeschlossen und ebenfalls Brände gelegt.

In der Türkei befinden sich momentan etwa 2 300 kurdische Kinder im
Gefängnis. Viele von Ihnen wurden gefoltert und wie die Kinder in Pozanti
immer wieder vergewaltigt (über die Zustände im Gefängnis von Pozanti
berichteten sämtliche türkischen Medien). Zudem hat die AKP-Regierung seit
2009 mehr als 7 000 PolitikerInnen, MenschenrechtlerInnen, AnwältInnen und
JournalistInnen inhaftieren lassen, darunter sechs ParlamentarierInnen und
33 BürgermeisterInnen. Seit Anfang Juni wurden erneut mehr als 300
kurdische PolitikerInnen wegen Meinungsäußerungen inhaftiert, darunter der
Bürgermeister von Van, Bekir Kaya. Stadträtin* Marion Padua* hat Bekir Kaya
in Van persönlich als einen Oberbürgermeister kennengelernt, der sich sehr
für Frieden, Demokratie sowie für die Verbesserung der Lebensbedingungen
der Erdbebenopfer in der Region einegsetzt hat. Sie wird ihn im August in
der Untersuchungshaft besuchen.

Der Mehrheit der Gefängnisinsassen wird seit Jahren eine angemessene
medizinische Versorgung verweigert. Mehr als 50 Todkranke befinden sich
ohne Aussicht auf adäquate medizinische Versorgung oder Entlassung in den
Haftanstalten. Die Gefängnisse sind meist dreifach überbelegt. Zudem werden
besonders politische Gefangene systematisch gefoltert und vergewaltigt.
Unzählige Wärter, besonders jene, die in den kurdischen Provinzen des
Landes tätig sind, erhielten eine „Ausbildung“ gemäß der „Panamaschule“,
einer Schulung von Foltermethoden.

„Die Proteste in den Gefängnissen sind eine logische Konsequenz der
unerträglichen Haftbedingungen für politische Gefangene und sämtliche
Häftlinge in der Türkei. Eine mehr als dreifache Überbelegung,
Menschenrechtsverletzungen und kontinuierliche Erniedrigungen wie in Urfa,
sind in den Haftanstalten an der Tagesordnung. Um diese Zustände zu ändern,
ist der Neubau von Gefängnissen, wie jetzt vom türkischen Justizminister
vorgeschlagen, nicht die richtige Lösung. Es müssen vielmehr die mehr als 7
000 seit 2009 im Rahmen der KCK-Verfahren inhaftierten sowie sämtliche
politischen Gefangenen sofort frei gelassen werden“,* kommentiert Ulla
Jelpke die Proteste.*

„Die AKP-Regierung handelt seit ihrem Regierungsantritt 2002
unverantwortlich. Die Zahl der Gefängnisinsassen hat sich von ca. 59 000 im
Jahr 2002 auf etwa 124 000 Anfang 2012 mehr als verdoppelt. Das ist, neben
der Unfähigkeit, die kurdische Frage im Dialog zu lösen, ein deutliches
Zeichen für die autoritäre und unsoziale Ausrichtung der türkischen
Regierungspolitik. Dass Menschen so verzweifelt sind und ihre Zellen in
Brand stecken, ist tragisch und ein Weckruf. Die zunehmenden
Menschenrechtsverletzungen in- und außerhalb der Gefängnisse müssen ein
Ende haben“, *fordert Harald Weinberg.*

„Statt der sozialen Ausgrenzung eines großen Teils der Bevölkerung und der
Kriminalisierung jeglicher Opposition, wären reale Schritte zur
Demokratisierung der Türkei, ein Friedensdialog zur Lösung der kurdischen
Frage und die Anerkennung der Rechte sämtlicher religiöser und ethnischer
Bevölkerungsgruppen notwendig. Zudem ist es ein unerträglicher Zustand,
dass in den Gefängnissen gefoltert und vergewaltigt wird - und Wärter
systematisch in Techniken dazu ausgebildet werden “, *ergänzt* *Heidrun
Dittrich.*

*Andrej Hunko erklärt:* „Ich werde am 4. Juli nach Urfa fahren, um mir mit
eigenen Augen ein Bild der Zustände in dem Gefängnis machen zu können und
mit dort inhaftierten türkischen Mandatsträgern zu sprechen.“


*Für Rückfragen stehen wir gerne unter der Tel. Nr. 0176 20705646 zur
Verfügung*


*Heidrun Dittrich, MdB, Die Linke*

*Andrej Hunko, MdB, Die Linke, Mitglied der parlamentarischen Versammlung
des Europarats*

*Ulla Jelpke, MdB, Die Linke*

*Harald Weinberg, MdB, Die Linke*

*Cansu Özdemir, Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, Die Linke*

*Marion Padua, Stadträtin in Nürnberg, Linke Liste*

*Yilmaz Kaba, Landesvorstand Die Linke Niedersachsen*

*Hamide Akbayir, Die Linke NRW*

*Martin Dolzer, Soziologe*
-------------- next part --------------
An HTML attachment was scrubbed...
URL: </pipermail/imc-presse/attachments/20120620/e54bd38d/attachment-0001.htm>
-------------- next part --------------
A non-text attachment was scrubbed...
Name: pm urfa.pdf
Type: application/pdf
Size: 48570 bytes
Desc: not available
URL: </pipermail/imc-presse/attachments/20120620/e54bd38d/attachment-0001.pdf>


More information about the imc-presse mailing list