[imc-presse] Pressemitteilung_EU-Terrorlisten_Verhandlung am EuGH_12mai10

RAV e.V. gs at rav.de
Fri May 7 13:12:59 CEST 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,

 

anbei eine Pressemitteilung des RAV mit der Bitte um Kenntnisnahme und
Veröffentlichung.

Vielen Dank.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Sigrid v. Klinggräff

RAV-Geschäftsstelle

---
Pressemitteilung
EU-Terrorlisten: Mündliche Verhandlung am 12. Mai 2010 am Europäischen
Gerichtshof über eine Vorlage des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur
Gültigkeit der EU-Terrorlisten 

 

Das Vorabentscheidungsverfahren betrifft die Frage, ob die Aufnahme einer
Organisation in die EU-Terrorliste (hier der DHKP-C) wirksam ist und
Grundlage nationaler Strafverfolgung sein kann, wenn die Organisation selbst
keine Klage gegen die sie betreffenden Beschlüsse erhoben hat, aber deren
Listung unter Verstoß gegen elementare Verfahrensgarantien zustande gekommen
ist. 



Der Fall:

Vor dem OLG Düsseldorf findet seit März diesen Jahres ein Verfahren gegen
eine Frau und zwei Männer statt, denen Mitgliedschaft in einer ausländischen
terroristischen Vereinigung, der DHKP-C, vorgeworfen wird (§ 129b StGB).
Darüber hinaus werden sie beschuldigt, Spendenkampagnen für die DHKP-C
durchgeführt und Erlöse aus Veranstaltungen und dem Verkauf von
Publikationen der Organisation zur Verfügung gestellt zu haben. Hierin sieht
die Bundesanwaltschaft (BAW) einen Verstoß gegen § 34 Abs. 4
Außenwirtschaftsgesetz (AWG). Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar,
wer „einem im Bundesanzeiger veröffentlichten, unmittelbar geltenden
Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr-, Verbringungs-, Verkaufs-, Liefer-,
Bereitstellungs-, Weitergabe-, Dienstleistungs-, Investitions-,
Unterstützungs- oder Umgehungsverbot eines Rechtsaktes der Europäischen
Gemeinschaften zuwiderhandelt, der der Durchführung einer vom Rat der
Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient“.



Diese kaum verständliche strafrechtliche Blankettvorschrift verweist auf die
sog. EU-Terrorliste. Die auf der Grundlage einer EG-Verordnung (2580/2001)
eingeführte und vom Rat der EU erstellte Liste bezeichnet Gruppen und
Einzelpersonen, die als „terroristisch“ eingestuft werden und deren Vermögen
eingefroren wird. Ihnen dürfen als Folge der EG-Verordnung 2580/2001 weder
direkt noch indirekt Gelder oder Vermögenswerte zugeleitet werden. Aufgrund
der so genannten doppelten Verweisung in § 34 Abs. 4 AWG wurden die
EG-Verordnung sowie die Listen als solche in das nationale Strafrecht
inkorporiert. Zu den gelisteten Organisationen zählt u.a. auch die DHKP-C.



Rechtlicher Hintergrund

Die EU-Terrorliste und das Prozedere zur Listung sind seit ihrer Einführung
Gegenstand massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen, da eine Listung
ohne ausreichende Begründung und Beweise sowie unter Missachtung
grundlegender Verteidigungsrechte der Betroffenen erfolgt und ein effektiver
Rechtsschutz nicht vorgesehen ist. Entsprechend hat auch der Europäische
Gerichtshof erster Instanz (EuG) bereits in mehreren Verfahren die
Nichtigkeit und Unwirksamkeit der Listung hinsichtlich klagender Gruppen und
Einzelpersonen festgestellt. Die Listung der DHKP-C beruht auf den gleichen
Mängeln. Allerdings ist die Organisation bislang nicht gegen ihre Aufnahme
in die EU-Terrorliste rechtlich vorgegangen.



Das nun zur Entscheidung anstehenden Verfahren gibt dem EuGH die Gelegenheit
zu einer grundlegenden Klarstellung: Hierzu erklärt Rechtsanwalt Carsten
Gericke, Geschäftsführer des RAV:
„Die Listung von Organisationen, die unstrittig unter Verstoß gegen
elementare Verfahrensgarantien zustande gekommen ist, ist als nichtig zu
klären. Sie kann keinesfalls eine Grundlage nationaler Strafverfolgung
bilden. Andernfalls droht eine weitere Erosion rechtsstaatlicher Prinzipien
durch die europäische Hintertür.“ 


Die mündliche Verhandlung findet am 12. Mai 2010 um 9.30 Uhr am EuGH (Rue du
Fort Niedergrünwald, Luxemburg-Kirchberg) statt.
Weitere Informationen und Rückfragen: Martin Dolzer, 0049-176 207 05 646


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Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. 
Haus der Demokratie und Menschenrechte 
Greifswalder Straße 4 
10405 Berlin 
Tel.: 030-41723555 
Fax: 030-41723557
www.rav.de
VR 25942 B, Nr. 1, AG Charlottenburg, Bln

 

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