[imc-presse] [Presseservice-umzingelung] Hochradioaktiver Atommülltransport über südwestdeutsche Autobahnen steht kurz bevor

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Fri Jun 25 10:31:26 CEST 2010


Pressemitteilung der Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen
(Träger der Biblis-Umzingelung vom 24. April 2010)

Freiburg, 25. Juni 2010


*Hochradioaktiver Atommülltransport über südwestdeutsche Autobahnen steht
kurz bevor*

In den kommenden Tagen soll hochradioaktiver Atommüll vom
Kernforschungszentrum GKSS bei Geesthacht an der Unterelbe über eine
Strecke von 1500 km zum Kernforschungszentrum Cadarache in Südfrankreich
nahe Marseille gebracht werden.
Bereits seit Dienstagvormittag haben Atomkraftgegner/innen in Geesthacht
gegen den bevorstehenden Abtransport von radioaktiven Brennstäben
protestiert.(a)

Dieser Transport soll per LKW im allgemeinen Straßenverkehr erfolgen und
wird dabei auch Südwestdeutschland durchqueren. Der Atommüll in Form von 52
Brennstäben stammt vom einzigen deutschen Frachter mit Atomantrieb, der 1979
stillgelegten „Otto Hahn“. Seit 30 Jahren lagerte das radioaktive Material auf
dem Gelände der GKSS und soll nun im französischen Cadarache zusammen mit
Atommüll aus dem ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe umverpackt werden.
In vier Transport- und Lagerbehältern vom Typ CASTOR KNK soll anschließend
wiederum ein Transport erfolgen. Diesmal über eine Strecke von 1800 km in das
Zwischenlager Nord bei Greifswald-Lubmin - per Bahn.

“Wir fordern den Stopp dieser völlig absurden Atommüllverschiebung. Der
Transport gefährdet Millionen Menschen entlang der Fahrstrecke quer durch
Deutschland und Frankreich, ein Unfall mit massiver Freisetzung von
Radioaktivität könnte ganze Ballungsräume unbewohnbar machen und viele
Todesopfer fordern. Wegen der behördlichen Geheimhaltungspolitik bezüglich
der Transportzeit und -route wird ein derartiger Unfall die lokalen
Katastrophenschutzbehörden und Einsatzkräfte wie Feuerwehr,
Rettungsdienste oder THW völlig unvorbereitet treffen.
Wir bitten Verkehrsteilnehmer/innen im Umfeld polizeilich begleiteter
Schwerlasttransporte in den kommenden Tagen besonders vorsichtig zu fahren,
falls der Transport unverantwortlicherweise doch rollen sollte. Den Müll vom
Parkplatz Geesthacht zum Parkplatz Lubmin mit einem Umweg von 3.000 km zu
verschieben, bringt ihm seiner Entsorgung keinen Millimeter näher, deshalb
sollte er bleiben wo er ist.
Die Problematik der ungelösten Endlagerung lässt nur einen Schluss zu:
Jegliche weitere Atommüllproduktion ist einzustellen, alle Atomanlagen müssen
sofort abgeschaltet werden“, erklärte Thomas Rosa von den Südwestdeutschen
Anti-Atom-Initiativen.


Rückfragen an Holger Hillenbrandt, Tel.: 0160/92844452
oder an Thomas Rosa: t.rosa at gmx.net


(a) Näheres zu den Protestaktionen in Geesthacht:
Artikel:
http://wendland-net.de/index.php/artikel/20100623/geesthacht-luftiger-protest-gegen-atommuell-23770

Fotos:
http://yfrog.com/mwgeesthachtj (Quelle "Eichhörnchen")
http://www.eichhoernchen.ouvaton.org/deutsch/anti-atom/gkss/bilder.html
(Fotos frei nutzbar unter Angabe der Quelle "Eichhörnchen")

Pressekontakt in Geesthacht: Cecile Lecomte, Tel.: 0163/7342462


*Hintergrund*:

1. Das GKSS-Forschungszentrum

Das GKSS-Forschungszentrum wurde 1956 als Gesellschaft für
Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schifffahrt GmbH (GKSS) im Geesthachter
Ortsteil Krümmel gegründet.
Den Vorsitz übernahmen u.a. Erich Bagge (1) und Kurt Diebner (2), zwei
Physiker welche bereits in der Nazizeit an der Atombombe forschten und diese
Forschungen in der Nachkriegszeit fortsetzten. In der Folge wurden auf dem
Gelände zwei Forschungsreaktoren errichtet, der Forschungsreaktor Geesthacht 1
(FRG 1) nahm 1958 den Betrieb auf und wurde 2010 stillgelegt. Der FRG 2
startete 1963 und wurde 1993 stillgelegt.

Das im Wesentlichen vom Bund (90%) und den Ländern Schleswig-Holstein,
Niedersachsen, Hamburg und Brandenburg (10%) finanzierte GKSS ist Mitglied der
Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Auf dem
Gelände befindet sich ebenfalls die Landessammelstelle für radioaktive Abfälle
der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

In der Umgebung des GKSS und des Atomkraftwerkes Krümmel wurde eine der
höchsten Leukämieraten bei Kindern weltweit festgestellt. Als eine mögliche
Ursache ist die Freisetzung von radioaktiven Kügelchen durch einen Unfall auf
dem Gelände der GKSS im Gespräch.(3)

2. Atommüll der „Otto Hahn“

Der atomgetriebene Frachter „NS Otto Hahn“ wurde 1968 fertiggestellt und ab
1979 stillgelegt. Die damaligen Stillegungskosten betrugen laut Angaben der
GKSS 46 Millionen DM. Das Schiff wurde nach dem Ausbau des Reaktors mit einem
konventionellen Antrieb weiterbetrieben und 2010 abgewrackt.(4)

Auf dem Gelände des GKSS wurden anschließend die 52 Brennstäbe, der
Reaktordruckbehälter und weitere Abfälle wie gebrauchte Schutzkleidung, Filter
und Rohre gelagert.(5) Die Öffentlichkeit erfuhr von den im FRG 1 gelagerten
Brennstäben erst durch den geplanten Abtransport, bis dato vermutete man diese
im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe.(6)

Das GKSS hat das Unternehmen Nuclear Cargo & Service (NCS) beauftragt, die 52
Brennstäbe aus dem Atomschiff in Transportbehältern des Typs TN 7-2 mit dem
LKW in das französische Kernforschungszentrum Cadarache zu transportieren.(7)
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat am 1. Juni 2010 die Genehmigung für
diesen Transport erteilt.

Die 49 bestrahlten und 3 unbestrahlten Brennstäbe der „Otto Hahn“ sollen in
Cadarache zusammen mit abgebrannten Brennstäben aus der Kompakten
Natriumgekühlten Kernreaktoranlage KNK ('Schneller Brüter') und bestrahlten
und unbestrahlten Brennstäben aus Nuklearexperimenten des ehemaligen
Kernforschungszentrums Karlsruhe in vier Behälter des Typs CASTOR KNK
umgeladen werden.

Anschließend sollen diese Behälter per Bahn in das Zwischenlager Nord auf dem
Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Greifswald-Lubmin verfrachtet werden und
dort für unbestimmte Zeit gelagert werden.(8) Das BfS hatte diesen Transport
bereits am 30. April 2010 genehmigt.

Der Abfahrtstermin und die Transportroute werden von den Behörden
geheimgehalten, für den  Transport zuständig sind die jeweiligen
Innenministerien der Bundesländer.


(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Bagge
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Diebner
(3) http://www.anti-atom-aktuell.de/archiv/174/174schweigen.html /
http://www.anti-atom-aktuell.de/archiv/136/136grauzone.htm
(4)
http://www.gkss.de/imperia/md/content/gkss/presse/geschichte/gkss_50jahre_kapitel1.pdf
– S. 25
(5)
http://www.bergedorfer-zeitung.de/geesthacht/article73212/Noch_mehr_Atom_Muell_auf_dem_GKSS_Gelaende.html
(6)
http://www.bergedorfer-zeitung.de/geesthacht/article72996/Noch_immer_52_Brennstaebe_in_Geesthacht.html
(7) http://www.taz.de/1/nord/artikel/1/der-transporteur-hat-das-sagen/
(8) http://linkszeitung.de/akwcas100615liz.html



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Die Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen sind ein seit über 10 Jahren
bestehender Zusammenschluss von Gruppen der Anti-Atom-Bewegung aus
Südwestdeutschland. Sie haben einen wesentlichen Teil der Aktion
„Anti-Atom-Umzingelung“ in Biblis organisiert.
Webseite der Initiativen: http://www.atomausstieg-sofort.de/
Webseite der Biblis-Umzingelung: http://www.anti-atom-umzingelung.de/
Presseservice der Aktion "Anti-Atom-Umzingelung" am 24. April 2010 in Biblis.


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