[imc-presse] [attac-d-presse] Tax Justice Network: G20 muss Kampf gegen Steueroasen wieder aufnehmen
Frauke Distelrath
presse at attac.de
Thu Jun 24 15:01:32 CEST 2010
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
anbei finden Sie eine Pressemitteilung des Netzwerks für
Steuergerechtigkeit zum morgen beginnenden G20-Gipfel in Toronto, in der
es fordert, den Kampf gegen Steueroasen ernsthaft aufzunehmen. Das
Netzwerk für Steuergerechtigkeit ist der deutsche Zweig des
internationalen Tax Justice Network.
Mit besten Grüßen aus Frankfurt
Frauke Distelrath
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Pressemitteilung
Netzwerk für Steuergerechtigkeit
24. Juni 2010
* Tax Justice Network: G20 muss Kampf gegen Steueroasen wieder aufnehmen
Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) fordert die
Regierungen der G20 auf, den Kampf gegen Steueroasen auf ihrem Gipfel in
Toronto wiederaufzunehmen. Schließlich stand das Thema auf dem ersten
G20-Gipfel im April 2009 in London mit gutem Grund weit oben auf der
Agenda: Zum einen hatte sich herausgestellt, dass viele der Geschäfte,
die das Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hatten, in
Steuer- und Regulierungsoasen abgewickelt worden waren. Zum andern
können die Regierungen in Nord und Süd bei der Bekämpfung der
Finanzkrise und ihrer Folgen nicht auf das Geld verzichten, dass ihnen
durch Steuer- und Kapitalflucht entgeht. Doch geschehen ist seither fast
nichts.
Im Vorfeld des G20-Gipfels in Kanada erinnert das Netzwerk für
Steuergerechtigkeit die Regierungen der G20 daran, dass der
Handlungsbedarf unvermindert fortbesteht. "Wie lange wollen die
Regierungen unter diesen dramatischen Umständen der jährlichen
Steuerflucht in Milliardenhöhe noch zuschauen?" fragte Detlev von
Larcher, Mitgründer des Tax Justice Network. "Die G20 müssen sich
endlich diesem Problem stellen, und sie müssen endlich Fortschritte bei
der lange angekündigten Regulierung der Finanzmärkte erzielen –
einschließlich der in Steueroasen angesiedelten Akteure."
Das in Steueroasen angelegte Vermögen konnte sich laut dem neusten
Reichtumsbericht der Boston Consulting Group ungehindert vermehren: von
6,8 Billionen 2008 auf 7,4 Billionen US-Dollar im vergangenen Jahr.
Ex-Finanzminister Peer Steinbrück bezifferte die Einnahmeverluste, die
allein dem deutschen Staat durch Steuerhinterziehung entstehen, auf 100
Milliarden Euro pro Jahr. Dem Schweizer Forschungsinstitut Helvea
zufolge sollen allein in der Schweiz 132 Milliarden Euro Schwarzgeld aus
Deutschland angelegt sein. Aus Entwicklungsländern wiederum fließen nach
Schätzung der US-Initiative Global Financial Integrity alljährlich
Gelder in Höhe von bis zu 1 Billion Dollar ab, die auf illegale Weise
erlangt, transferiert, oder angelegt wurden – zumeist in oder über
Steueroasen.
Zwar hat die G20 im vergangenen Jahr eine Schwarze Liste von Steueroasen
beschlossen, die von der OECD auch prompt vorgelegt wurde. Doch schon
wenige Tage danach war die Schwarze Liste schon wieder leer. Dafür
genügte es, dass die aufgelisteten Steueroasen ein paar Zugeständnisse
über die Informationsherausgabe auf genau spezifizierte Anfragen hin
machten. Die Anforderungen sind so streng, dass es in der Praxis kaum je
zu Auskünften kommt. Die Steuerhinterziehung geht folglich unvermindert
weiter.
Auch die Bundesregierung meint offenbar, auf die hinterzogenen Steuern
gut verzichten zu können. Laut Bundesfinanzministerium gibt es derzeit
keine Steueroase, auf die das Gesetz zur Bekämpfung der
Steuerhinterziehung anwendbar wäre. Denn das Ministerium gibt sich schon
mit der bloßen Absichtserklärung einer Steueroase zufrieden, die
OECD-Standards einzuführen.
Der Kampf gegen Steueroasen ist angesichts der Haushaltskrisen in
zahlreichen Staaten dringlicher denn je. Und er ist keineswegs
unmöglich. Das zeigen unter anderem die Beispiele Frankreichs, das die
Quellensteuer auf Dividenden, Zinsen und Lizenzabgaben aus Steueroasen
von 15 auf 50 Prozent angehoben und die 95-prozentige Steuerbefreiung
für Dividenden von in Steueroasen ansässigen Konzerntöchtern gestrichen
hat, und der USA, die mit ihrem konsequenten Vorgehen gegen die UBS das
Schweizer Steuergeheimnis ins Wanken brachte und die darüber hinaus
mittlerweile ihre Banken zur routinemäßigen Herausgabe von Informationen
über Auslandskonten von US-Steuerbürgern verpflichtet.
Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit fordert die Regierungen der G20
auf, sich in ihrem Kampf gegen die Steueroasen nicht auf die nutzlosen
Listen der OECD zu verlassen. Das Netzwerk hat bereits im vergangenen
Jahr einen Schattenfinanzindex vorgelegt, der neben solch klassischen
Steuer- und Regulierungsoasen wie der Schweiz und den Kaimaninseln auch
solch höchst intransparente Finanzzentren wie London oder den US-Staat
Delaware enthält. Der Index trägt der Tatsache Rechnung, dass geringe
Transparenz – beispielsweise ein undurchlässiges Bankgeheimnis, keine
Publizitätspflichten für Unternehmen oder keine Angaben über die
Eigentumsverhältnisse – für Steuer- und Regulierungsoasen inzwischen zu
einem ebenso wichtigen Standortfaktor geworden ist wie die geringe
Besteuerung. Er stellt daher eine geeignete Grundlage für die
G20-Staaten bei konsequenten Maßnahmen zu Bekämpfung der Steueroasen dar.
Im Internet:
http://www.taxjustice.net/cms/front_content.php?idcat=2&client=1&lang=2.
Für Rückfragen:
* Detlev von Larcher, Tel. (0160) 9370 8007, detlev.larcher at attac.de
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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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