[imc-presse] [attac-d-presse] Tax Justice Network kritisiert Erbschaftssteuerreform

Frauke Distelrath presse at attac.de
Fri Nov 7 16:07:20 CET 2008


Tax Justice Network,
Internationales Netzwerk für Steuergerechtigkeit


Pressemitteilung
7. November 2008



Erbschaftssteuerreform ist Hohn für Millionen arme Menschen


Scharf kritisiert das Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice
Network / TJN)) in Deutschland den Erbschaftsteuerkompromiss, auf den
sich die Koalitionsfraktionen gestern Abend geeinigt haben. Er
verschone wieder einmal die Reichen und Reichsten in unserer
Gesellschaft und entlasse sie aus ihrer gesellschaftlichen
Verantwortung. Angesichts des Milliarden-Pakets zur Rettung der Banken
offenbare dies die soziale Ignoranz der Regierungsparteien.

"Wenn schon das staatliche 500-Milliarden-Euro-Rettungspaket
unvermeidlich war, um den totalen Absturz in die anrollende
Wirtschaftskrise zu vermeiden, hätte doch von verantwortungsvollen
Politikern erwartet werden können, dass sie die Chance nutzen, von den
Reichsten unserer Gesellschaft einen besonderen Solidarbeitrag
abzufordern. Stattdessen wird die Auflage des
Bundesverfassungsgerichts, auch Vermögen im Erbschaftsfall für die
Steuer realistisch zu bewerten, durch überaus großzüge Freibeträge und
Sonderregelungen umgangen", sagte Detlev v. Larcher. Bei einer
korrekten Erfassung aller Vermögensarten wäre der Gesamtwert des
vererbten Vermögens doppelt so hoch wie bisher. Zusätzlich würden mehr
Erbfälle steuerpflichtig werden. Die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer
würden sich von heute vier auf acht Milliarden Euro erhöhen.

Aber die große Koalition stellt einen großen Teil der Erben von großen
Millionen- und Milliardenvermögen von der Erbschaftsteuer weitgehend
frei. Eine solche Reform ist nach Ansicht des Netzwerkes für
Steuergerechtigkeit  ein Hohn für die Einkommensteuerzahler und erst
recht für die Millionen von armen Menschen.

Das Netzwerk fordert stattdessen, große Erbschaften, auch von
Betriebsvermögen, wesentlich höher als bisher zu besteuern, auch um
einen kleinen Beitrag gegen die fortschreitende Polarisierung der
Vermögensverteilung zu leisten. Die bisherigen Freibeträge reichten
aus, um eine steuerfreie Vererbung normalen selbst genutzten
Wohneigentums an Ehegatten, Kinder oder Enkel zu ermöglichen.
Auch eine Begünstigung des Betriebsvermögens wird abgelehnt. Um
Arbeitsplätze zu sichern, sei sie nicht notwendig. Es lägen keine
Erkenntnisse vor, dass die Erbschaftsteuer Betriebsübergänge an die
folgende Generation behindere und Arbeitsplätze gekostet hätte. Die
geltenden Freibeträge reichten aus, um Kleinbetriebe an enge Verwandte
steuerfrei vererben zu können. Zusätzlich sollten die bestehenden
Möglichkeiten zur bis zu zehnjährigen Stundung der Erbschaftsteuer auf
Betriebsvermögen beibehalten und nötigenfalls noch erweitert werden,
wenn dies zur Erhaltung des Betriebs nachgewiesen notwendig sei.
Die Frist für die Anrechnung von Schenkungen auf Erbschaften müsse von
bisher zehn auf mindestens 15 Jahre erhöht werden. Möglichkeiten der
Umgehung der Erbschaftssteuer durch Übertragung von Vermögen auf
Stiftungen seien zu beseitigen. Im Tarif müsse die Progression
verstärkt werden, so dass die maximalen Steuersätze (30/40/50 Prozent
je nach Verwandtschaftsgrad) bereits bei Erbschaften ab zehn Millionen
Euro erreicht würden und nicht erst wie bisher bei mehr als 25
Millionen Euro. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer sei damit auf etwa
zehn Milliarden Euro zu steigern.

"Unser Netzwerk weist schon seit vielen Jahren auf die immer mehr
wachsende ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen hin, die
schließlich die Hauptursache der gegenwärtigen Finanzmarktkrise ist,
und fordert, diese durch gute Steuergesetze allmählich abzubauen. Die
Einnahmen aus den vermögensbezogenen Steuern - dazu zählen
insbesondere Grund-, Vermögen-, Erbschaftsteuern  - betragen in
Deutschland gerade einmal 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das
ist weniger als die Hälfte des OECD-Durchschnitts. Diese Bevorzugung
der Reichsten können wir uns nicht leisten", stellte Detlev v. Larcher
klar.

Dem Netzwerk für Steuergerechtigkeit in Deutschland gehören an:
Gewerkschaften, kirchliche Gruppen, Nichtregierungsorganisationen und
Attac.


Weitere Informationen zum Tax-Justice-Network:
www.taxjustice.net



Für Rückfragen:
* Detlev von Larcher, Tel. (0160) 9370 8007




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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; 0179/514 60 79
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