[imc-presse] [attac-d-presse] Spitzelskandal: Nestlé fürchtet aufgeklärte Verbraucher

Frauke Distelrath presse at attac.de
Mon Jun 16 17:47:27 CEST 2008


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie am Freitag bekannt wurde, hat der Konzern Nestlé mehr als ein Jahr
lang eine Arbeitsgruppe von Attac Schweiz überwachen lassen. Der
Grund: Die Gruppe arbeitete an einem Buch über die Machenschaften
Nestlés ("Nestlé. Anatomie eines Weltkonzerns", 2005). Im Auftrag des
Konzerns schlich sich eine Mitarbeiterin der Sicherheitsfirma
Securitas unter falschem Namen in die Attac-Autorengruppe im Schweizer
Kanton Waadt (Vaud) ein und spionierte diese bis Sommer 2004 aus.

Im Anschluss finden Sie eine kurze Stellungnahme von Attac Deutschland
zu dem Skandal.

Zu Ihrer Information senden wir Ihnen zudem eine Pressemitteilung, die
Attac Schweiz am Freitag veröffentlicht hat. Für Rückfragen und
Interviews mit Vertreterinnen von Attac Schweiz können Sie sich an
Florence Proton oder Béatrice Schmid wenden. Beide sprechen Deutsch.

* Florence Proton, Generalsekretärin Attac Schweiz,
  Tel. 0041 - 792 730 577
* Béatrice Schmid, Attac Waadt (Mitglied der ausspionierten
  Autorengruppe), Tel. 0041 - 765 656 799


Wie bitten um redaktionelle Beachtung.

Freundliche Grüße aus Frankfurt

Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland

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Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 16. Juni 2008


* Nestlé fürchtet aufgeklärte Verbraucher
* Konzern spioniert Autorengruppe von Attac Schweiz aus

Zu der Bespitzelung einer Schweizer Attac-Autorengruppe durch den
Nestlé-Konzern erklärt das globalisisierungskritische Netzwerk Attac
Deutschland:

"Der Spitzelskandal zeigt, wovor sich Nestlé - das schwärzeste Schaf
unter den Lebensmittelkonzernen, das für seinen Profit erwiesenermaßen
über Leichen geht - wirklich fürchtet: Vor aufgeklärten Verbrauchern",
stellte Jutta Sundermann vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis
fest.

Niemand verkauft so viel Flaschenwasser oder Babynahrung wie Nestlé.
Bei Tiernahrung ist der Schweizer Konzern weltweit Nummer zwei, bei
vielen anderen Produkten unter den Top 10. Der Wert der Marke Nestlé
wird auf etliche Milliarden Euro geschätzt. "Doch so unantastbar der
größte Lebensmittelkonzern der Welt auch wirkt - ein Imageschaden
schlägt sich rasch beim Umsatz nieder. An dieser Stelle bleibe auch
ein Riese wie Nestlé verwundbar", sagte Jutta Sundermann.

Das skupellose Vorgehen Nestlés reiht sich laut Attac nahtlos ein in
eine Reihe weiterer in jüngster Zeit bekannt gewordener
Spitzelskandale. "Lidl, Telekom und jetzt Nestlé - Gegner oder auch
die eigenen Mitarbeiter auszuspionieren und ihre Persönlichkeitsrechte
massiv zu verletzen, gehört offenbar zum normalen Geschäftsgebahren
vieler Konzerne", sagte Jutta Sundermann.

Attac hofft daher, dass der jetzt bekannt gewordene Skandal nicht
nur den Imageschaden für Nestlé verschärft, sondern auch einer
Diskussion über die Macht und den Machtmissbrauch von Konzernen - auch
in den Medien - neue Nahrung gibt.

Für Rückfragen:
* Jutta Sundermann, Koordinierungskreis Attac Deutschland,
  Tel. 0175 - 866 6769


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http://schweiz.attac.org/Nestle-wird-beschuldigt-attac,1809

Presseerklärung
Attac Schweiz
Freitag, 13. Juni 2008

* Nestlé wird beschuldigt, Attac ausgehorcht zu haben: Anklage gegen X

Die Sendung "Temps présent", die das Westschweizer Fernsehen TSR am
Donnerstag, den 12. Juni 2008, um 20.05 Uhr ausgestrahlt hat, deckt
auf, dass der multinationale Konzern Nestlé die Sicherheitsfirma
Securitas damit beauftragt hat, über ein Jahr eine Arbeitsgruppe von
Attac Waadt auszuspionieren, während diese an einem Buch über die
Machenschaften der Firma Nestlé gearbeitet hat (Nestlé. Anatomie eines
Weltkonzerns, 2005). Es handelt sich um eine wissenschaftliche
Recherche, die anhand von publizierten und verfügbaren Dokumenten
geführt worden ist. Sie hatte zum Ziel, das Funktionieren dieses
multinationalen Konzerns und seine weltweite Unternehmensniederlassung
zu untersuchen. Diese Bespitzelung fand während mindestens einem Jahr
statt.

Eine Agentin hat sich unter falschem Namen erst in eine Arbeitsgruppe
von Attac Waadt und dann in die Gruppe der sieben AutorInnen des
Buches infiltriert. Sie hatte so direkten Zugang (insbesondere über
eine vertrauliche E-Mail-Liste der AutorInnen) zu allen Kontakten, die
die sieben Personen unterhielten, zu ihren Recherchen und ihren
Quellen - in der Schweiz sowie auch im Ausland. Dies im Rahmen der
Arbeit am Nestlé-Buch als auch im Rahmen der Kampagne zur Lancierung
des Buches. Im Besonderen betroffen war davon das Nestlé-Forum in
Vevey am 12. Juni 2004. Die Securitas-Agentin begab sich auch
regelmäßig in die Wohnungen der sieben AutorInnen, in denen die
Arbeitstreffen stattfanden. Das Buch befasst sich mit Nestlés
Einstellung zu genmanipulierten Organismen und der Privatisierung von
Trinkwasser, behandelt aber auch empfindliche Themen wie die
Arbeitskämpfe, die GewerkschafterInnen und AktivistInnen in
verschiedenen Ländern gegen Nestlé führen, in denen die Menschenrechte
nicht respektiert werden, wie beispielsweise in Kolumbien.

Das G8-Gipfeltreffen fand vom 1. bis zum 3. Juni 2003 statt. Die
Verfassung des Buches über Nestlé und die Treffen der engeren
Autorengruppe, in die sich die Securitasagentin infiltriert hat, haben
jedoch erst im Herbst 2003 begonnen, also einiges nach dem G8-
Gipfeltreffen, und die Agentin hat die Gruppe bis im Sommer 2004
bespitzelt. Demzufolge hat Nestlé diese Überwachung nicht beauftragt,
um seine Gebäude zu schützen, sondern um sich über die laufenden
Buchrecherchen und deren VerfasserInnen zu informieren.

Die Agentin hat Securitas regelmäßig Berichte unterbreitet, die auch
dessen Klientin, Nestlé, weitergereicht wurden. Gemäß der
Nachforschungen von Temps présent, hat sich die Agentin mindestens
einmal mit Verantwortlichen von Securitas in den Hauptsitz von Nestlé
begeben, wo sie den Verantwortlichen für die Sicherheit und einen
Verantwortlichen für die Kommunikation getroffen, und ihnen
ausführlich über die Treffen der Arbeitsgruppe von Attac berichtet
hat. Die Waadtländer Polizei war ebenfalls über diese Infiltration und
die so gesammelten Informationen unterrichtet. Sie war also über
dieses unlautere Vorgehen in Kenntnis, hat es jedoch nicht als ihre
Aufgabe erachtet, die betroffenen Personen davon zu informieren.

Wir erachten dieses Vorgehen, das die Prinzipien der Redefreiheit und
demokratischen Basisrechten mit den Füßen tritt, als empörend. Wir
erachten, dass unsere Persönlichkeitsrechte missachtet worden sind und
wir sind im Besonderen darüber schockiert, dass diese
Spionagentätigkeit unter dem Mitwissen der Waadtländer Kantonspolizei
stattgefunden hat.

Diese hat es nicht für notwendig gehalten, uns darüber in Kenntnis zu
setzen, dass wir die Zielgruppe dieser Infiltration waren. Es versteht
sich von selbst, dass die Angestellten dieses großen Multinationalen
Konzerns in keiner Weise in Frage gestellt werden und nicht über diese
Tätigkeiten ihrer Direktion in Kenntnis waren. Nestlé hat sich dafür
entschieden, es einer Bürgergruppe nicht zu erlauben, ohne ihre
Kontrolle eine wissenschaftliche Studie über ihre Aktivitäten zu
führen. Ausgeübte Kontrolle und gesammelte Informationen durch
Infiltration und Spionage. Schließlich verurteilen wir die Rolle von
Securitas. Diese private Sicherheitsfirma, deren traditionelle
Dienstleistungen in den Bereichen der Bewachung von Gebäuden und
Parkplätzen bestehen, hat einen Spionageauftrag einer Gruppe von
Personen akzeptiert, die in keinem Fall auch nur irgendeine Bedrohung
oder Gefahr darstellten, außerhalb der Tatsache, dass die
Recherchenergebnisse nicht direkt von dem multinationalen Konzern
Nestlé kontrolliert werden konnten.

Aus diesen Gründen haben die BuchautorInnen entschieden, Strafanzeige
gegen X zur erstatten.

Sandra Bott, Ounsi El Daïf, Isabelle Paccaud, Janick Schaufelbühl,
Béatrice Schmid


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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; 0179/514 60 79
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