[imc-presse] [attac-d-presse] WTO: EU und USA pokern mit gezinkten Karten

Frauke Distelrath presse at attac.de
Tue Jul 22 13:33:32 CEST 2008


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 22. Juli 2008


* WTO-Verhandlungen: EU und USA pokern mit gezinkten Karten
* Attac fordert Kooperation statt Konkurrenz

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat der Europäischen Union
und den USA vorgeworfen, beim Verhandlungspoker der
Welthandelsorganisation WTO in Genf mit gezinkten Karten zu spielen.
"Angebliche Zugeständnisse der EU entpuppen sich bei genauerer
Betrachtung als heiße Luft, und eventuelle Angebote der USA sind ohne
Bedeutung, da die US-Regierung ohne Mandat des Kongresses verhandelt",
sagte Johannes Lauterbach von der bundesweiten WTO-Arbeitsgruppe von
Attac.

Als Beispiel für das unlautere Vorgehen der EU nannte er Angebote zur
Senkung der Agrarsubventionen, die gestern teilweise durch die Presse
gingen. "Das klingt gut. Tatsächlich aber könnte die EU ihre derzeitigen
Agrarbeihilfen in voller Höhe weiter zahlen", stellte Johannes
Lauterbach klar. Der Trick: Basis für Senkungsangebote sind die der EU
bei der WTO Gründung vertraglich erlaubten handelsverzerrenden
Subventionen, die weit über den heute gezahlten Subventionen liegen.
Nach Berechnungen des Third World Network würden die derzeit auf dem
Tisch liegenden Vorschläge eine Reduktion der handelsverzerrenden
EU-Subventionen auf 33 Milliarden Euro bedeuten. Für 2008 werden
voraussichtlich aber nur 26,8 Millarden Euro gezahlt - die Senkung
wäre praktisch wirkungslos.

Ein ähnliches Bild bietet sich laut Attac bei den EU-Agrarzöllen:
EU-Verhandler Peter Mandelson hatte am Montag eine Senkung um 60
Prozent angekündigt, dies später aber dementiert: Das bestehende
Angebot von 54 Prozent sei nur neu durchgerechnet worden (FTD,
21.7.08, "Europäer bleiben in WTO-Runde hart"). "Die EU versucht mit
dem Verwirrspiel nur zu verschleiern, dass sie beinhart Interessen
europäischer Konzerne durchsetzen will", erklärte Roland Süß vom
bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. So soll Indien etwa seine
Zölle auf Industriegüter um zirka 61 Prozent senken. "Für die
hauptsächlich im Norden hergestellten Industriegüter - 70 Prozent des
Welthandels - sollen Schwellen- und Entwicklungsländer die Zölle
doppelt so stark senken wie die Industriestaaten. Wer von dieser
Regelung profitieren würde, liegt auf der Hand", betonte Roland Süß.
Es sei aber gefährlich zu glauben, dass dies europäischen
Arbeitnehmern nutze. "Die Verschärfung des globalen Konkurrenzkampfes
durch die Doha-Runde würde auch bei uns das Lohn- und
Sozialleistungsniveau senken. Angesichts der aktuellen globalen Krisen
wird es Zeit, das vorsintflutliche Konkurrenzdenken aufzugeben und
globale Fragen kooperativ zu lösen", sagte Roland Süß.

Attac warnte zudem vor möglichen Schein-Zugeständnissen der USA.
Grund: Die Sondervollmacht des US-Kongresses für Präsident George W.
Bush, Handelsabkommen ohne Beteiligung des Kongresses zu verhandeln
(Trade Promotion Authority, auch "Fast Track" genannt) ist
bereits im vergangenen Sommer abgelaufen. Johannes Lauterbach: "Es
steht zu befürchten, dass die US-Delegation versucht, die
Verhandlungsrunde mit Versprechungen zu retten, die dann vom Kongress
wieder kassiert werden. Verlierer wären die Entwicklungsländer, deren
Zugeständnisse natürlich Verhandlungsgrundlage bleiben."

Attac fordert einen Abbruch der WTO-Verhandlungen. Notwendig sei eine
radikal veränderte Welthandelspolitik hin zu einem kooperativen
Welthandelssystem. Als Sofortmaßnahme in der akuten
Nahrungsmittelpreiskrise müssten Entwicklungs- und Schwellenländer die
Möglichkeit haben, ihre bäuerliche Landwirtschaft zu schützen, um die
Abhängigkeit von teuren Nahrungsmittelimporten zu verringern.


Weitere Informationen und Texte:

* Präsident Bush und die Doha Runde: Der Kaiser ist nackt, Kommentar
der Handelsexpertin Lori Wallach/Washington zum Verhandlungsmandat der
US Delegation
http://www.attac.de/uploads/media/Wallach_-_Der_Kaiser_ist_nackt.pdf

* Agriculture: No real cuts in subsidies from WTO text, Analyse der
Agrarverhandlungen von Martin Khor/Genf, Third World Network
http://www.attac.de/uploads/media/Khor_-_Agriculture_-_No_real_cuts_in_subsidies_from_WTO_te....pdf

* Trade: Unequal rate of exchange in WTO texts and talks, Analyse der
Verhandlungen über Industriegüter von Martin Khor/Genf, Third World
Network
http://www.attac.de/uploads/media/Khor-_Trade-_Unequal_rate_of_exchange_in_WTO_texts_and_tal....pdf

* Offener Brief zu den WTO Verhandlungen von Evo Morales, Präsident
Boliviens
http://www.attac.de/uploads/media/Morales_Offener_Brief_WTO.pdf



Für Rückfragen:
* Johannes Lauterbach, WTO-AG von Attac, Tel. 01577 - 183 2424
* Roland Süß, Attac-Koordinierungskreis, Tel. 0175 - 272 5893




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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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