[imc-presse] [attac-d-presse] Attac in Europa: Irisches Nein zum EU-Vertrag muss respektiert werden

Frauke Distelrath presse at attac.de
Thu Dec 11 11:48:38 CET 2008


Pressemitteilung

Attac Deutschland
Attac Flandern
Attac Griechenland
Attac Niederlande
Attac Österreich

11. Dezember 2008


* EU-Vertrag: Irisches Nein nicht zu respektieren, beschädigt
  Demokratie
  
* Attac fordert Neuanfang für soziales und demokratisches Europa

Mit scharfer Kritik haben die europäischen Attac-Organisationen auf
das Vorhaben des irischen Ministerpräsidenten Brian Cowen reagiert,
die Bürgerinnen und Bürger seines Landes erneut über den eingefrorenen
EU-Reformvertrag (Vertrag von Lissabon) abstimmen zu lassen. Dies will
Cowen am heutigen Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel bekannt geben.
"Dass Brian Cowen einknickt, ist das Ergebnis einer beispiellosen und
zutiefst undemokratischen Druckkampagne der europäischen Staats- und
Regierungschefs, die demokratische Entscheidungen offenbar nur
respektieren, wenn sie in ihrem Sinne ausfallen", stellte Jutta
Sundermann fest, Vertreterin von Attac Deutschland in der gemeinsamen
Arbeitsgruppe der europäischen Attac-Organisationen.

Nach dem "Nein" der Iren hatten mehrere europäische Staats- und
Regierungschefs das Ausscheiden Irlands aus der Europäischen Union
gefordert, andere hatten auf eine erneute Abstimmung gedrungen. "Das
Votum der irischen Bürgerinnen und Bürger muss respektiert werden.
Alles andere würde die Demokratie in Europa zutiefst beschädigen",
sagte Jutta Sundermann. Sie erinnerte daran, dass die irische
Bevölkerung als einzige Europas über den EU-Vertrag abstimmen konnte.
In allen anderen Ländern seien Referenda gezielt verhindert und der
Vertrag über die Köpfe der Menschen hinweg durchgedrückt worden.
"Dabei ist der Inhalt dieses Vertrages schon vor drei Jahren in
Volksabstimmungen in den Niederlanden und in Frankreich abgelehnt
worden", betonte Jutta Sundermann. 90 Prozent des jetzigen Vertrages
seien deckungsgleich mit dem Entwurf zur Europäischen Verfassung.

Das irische Nein habe der EU die Chance auf eine längst überfällige
Kurskorrektur eröffnet - hin zu einem demokratischen, sozialen und
friedlichen Europa. Diese Chance gelte es, endlich zu ergreifen.
"Nicht erst die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt, dass ein
'Weiter so!' in die Katastrophe führt. Wer Europa will, muss
Alternativen zur heutigen EU entwickeln", sagte Hugo Braun, ebenfalls
Mitglied der europäischen Attac-Arbeitsgruppe.

Bereits im Frühjahr 2007 haben die Attac-Organisationen aus 15
EU-Ländern sowie der Schweiz "Zehn Prinzipien für einen demokratischen
EU-Vertrag" vorgelegt, die derzeit in einem europaweiten Prozess
fortgeschrieben werden. Darin fordern die Globalisierungskritiker, in
einem demokratischen und transparenten Prozess eine gemeinsame
Grundlage der EU zu entwickeln. Transparenz, klare demokratische
Spielregeln und Elemente direkter Demokratie müssten in der täglichen
Praxis der EU selbstverständlich sein. Die EU dürfe nicht wie im
Vertrag von Lissabon festgelegt werden auf eine bestimmte - die
neoliberale - Wirtschaftsform. Stattdessen gelte es, das Steuer-,
Sozial-, Lohn- und Umweltdumping in eine Aufwärtsspirale zu wenden.
Auch die Grundrechte müssten besser gewahrt werden. Hugo Braun: "Und
nicht zuletzt muss für die EU eine Friedens- statt einer
Aufrüstungspflicht gelten."


+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


Kurz-Zusammenfassung der "Zehn Prinzipien für einen demokratischen
EU-Vertrag" von Attac:

1) Ein neuer Konvent muss demokratisch von den EU-Bürgerinnen und
Bürgern gewählt und ein neuer Vertrag durch Referenda in allen
Mitgliedsstaaten legitimiert werden.

2) Das Europäische Parlament muss das Gesetzesvorschlags- und
Mitentscheidungsrecht in allen Politikfeldern erhalten sowie das
Recht, die Kommissionsmitglieder einzeln zu wählen und abzuwählen.

3) Alle Sitzungen und Arbeitsgruppen des Rates und der ständigen
Vertreterinnen und Vertreter müssen öffentlich sein. Lobbyisten,
Mitglieder des Parlaments sowie der Kommission müssen ihre
Finanzierung offen legen.

4) Der Bevölkerung soll nicht nur ein Vorschlagsrecht für Gesetze und
das Instrument des Volksbegehrens gegeben werden, sondern auch das
Instrument des Volksentscheids.

5) Die fortschrittlichsten Grundrechte müssen einklagbar verankert
werden. Die EU muss der Europäischen Menschenrechtskonvention
beitreten.

6) Demokratische Errungenschaften müssen geschützt und ausgebaut
werden. Umwelt-, Sozial- und Arbeitsstandards müssen in Kooperation
erhöht werden.

7) Ein Vertrag darf kein bestimmtes Wirtschaftsmodell festlegen und
muss auf allen Ebenen alternative Entscheidungen zulassen. Der "freie"
Wettbewerb darf kein übergeordnetes Prinzip der EU sein.

8) Ein Vertrag muss Ziele, nicht deren Mittel definieren: Ökologische
Nachhaltigkeit muss den Binnenmarktfreiheiten übergeordnet werden. In
der Geldpolitik ist Vollbeschäftigung wichtiger als "Preisstabilität".
In der Verkehrspolitik ist nachhaltige Mobilität wichtiger als
Autobahnen. In der Agrarpolitik sind kleinbäuerliche Strukturen und
gesunde Lebensmittel wichtiger als "Produktivitätssteigerung".

9) Das Steuer-, Sozial-, Lohn- und Umweltdumping muss in eine
Aufwärtsspirale gewendet werden - durch ehrgeizige Mindeststandards,
Korridore oder das Vorausgehen von Ländergruppen.

10) Ein Vertrag muss eine Friedens- statt Aufrüstungspflicht
festschreiben.


++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


Im Internet:
* "Zehn Prinzipien für einen demokratischen EU-Vertrag"
http://www.attac.de/uploads/media/10_Prinzipien_fuer_EU-Vertrag.pdf


Für Rückfragen:

* Jutta Sundermann, Attac-Koordinierungskreis (Deutschland),
  Tel. (0175) 8666 769

* Hugo Braun, Attac-Koordinierungskreis (Deutschland),
  Tel. (0171) 5422 515



------------------------------------------------
Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
------------------------------------------------
Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; 0179/514 60 79
Mail: presse at attac.de, Fax: 069/900 281-99
------------------------------------------------

_______________________________________

Um diese Mailingliste abzubestellen oder die E-Mail-Adresse zu ändern, besuchen Sie bitte:
https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/attac-d-presse

Alle Pressemitteilungen von Attac Deutschland (mit Suchfunktion) finden Sie unter http://www.attac.de/presse

Neu: Als RSS-Feed gibt es die Presseinfos unter http://www.attac.de/presse/rss/


More information about the imc-presse mailing list