[SFB_disko] S.I.G.E. / Autonomes Seminar / Forum Neue Biopolitik

wolfgang ratzel wolfgang.ratzel at arcor.de
Die Mai 10 19:54:20 CEST 2005


Liebe Leute,

wie befuerchtet, eskaliert die Auseinandersetzung um die Frage, wie 
erwerbstaetige und erwerbslose Einkommensarme sich zur Frage der 
Ein-Euro-Jobs gegen Mehraufwandsentschaedigung (MAE) verhalten sollen.

Die hier vertretene Selbsthilfe- und Selbstbehauptungsperspektive 
wird von einzelnen Leuten inzwischen als erwerbslosen-feindliche 
Politik eingestuft und dementsprechend hasserfuellt kommentiert. Eine 
Person verstieg sich sogar dazu, alle Mitglieder der Pankower 
Selbsthilfegruppe zu beleidigen.

Das tut zwar weh, aber ich finde die vorherrschende Haltung, den 
Konflikt zu verschweigen oder unter den Teppich zu kehren, bei weitem 
verwerflicher als jene Haltung, die den Konflikt wenigstens -wenn 
auch auf verrohte Weise- thematisiert. Wer beschimpft, kommuniziert 
immerhin noch - wenn auch negativ.

Ich fordere hiermit die VertreterInnen der 
Ein-Euro-MAE-Zusatzjobs-Ablehnungsfront nunmehr zum siebten Mal auf, 
sich mit mir öffentlich und konstruktiv über nachfolgende 
Fragestellung und Thesen konstruktiv zu streiten.

(1) Fragestellung:
Was tun, wenn die Arbeitsgelegenheit kommt?

(2) Drei Thesen

Meine erste These:
JEDE unbezahlte Gemeinwohlarbeit gegen 
1-Euro-Mehraufwandsentschaedigung (MAE) ist -sofern sie mit der 
Alg-II-Grundsicherung gekoppelt ist- auch unter den heutigen 
gesetzlichen Regelungen erstrebenswerter und besser als ein 
tariflich-bezahlter regulaerer Lohnarbeitsplatz im Rahmen der 
kapitalistischen Ausbeutungs- und Verwertungslogik.
Maßstab dieser Beurteilung ist der Gesichtspunkt der Entfaltung des 
Gemeinwohls. Insofern sind tariflich abgesicherte und dem Gemeinwohl 
dienende Arbeitsplaetze  nicht von dieser Beurteilung erfasst. Solche 
tariflich-abgesicherten Arbeitsplaetze sind ein erstrebenswertes Ziel 
einer Erwerbslosenpolitik, die sich am Gemeinwohl orientiert.

Meine zweite These:
Unter den HEUTIGEN gesetzlichen Regelungen des Sozialgesetzbuch II, 
die uns von einer grossen Koalition zwischen rot-gruener Regierung 
und 'Opposition' diktiert und von der Mehrheitsgesellschaft gewollt 
werden, ist der optimale Zustand dann erreicht, wenn die 
Ein-Euro-MAE-Jobs als GEMEINWOHLARBEIT IN EIGENREGIE oder -noch 
besser- in der EIGENREGIE VON SELBSTHILFEGRUPPEN laufen. Dazwischen 
liegen zahlreiche andere mehr-oder-weniger erstrebenswertige 
Alternativen.

Meine dritte These:
Die gewerkschaftliche Hauptaufgabe einer Interessengemeinschaft der 
MAE-GemeinwohlarbeiterInnen besteht darin, einerseits die ersatzlose 
Streichung der rechtlichen Sonderbehandlung, andererseits eine faire 
Bezahlung der geleisteten Gemeinwohlarbeit zu fordern und 
durchzusetzen.
Die systemkonformen DGB-Gewerkschaften koennen punktuell 
Buendnispartnerinnen, aber niemals Traeger dieser gewerkschaftlichen 
Aufgaben sein.


Der Streit kann sich sowohl im Rahmen der Donnerstagstermine des 
Autonomen Seminars, als auch in einem anderen Rahmen ereignen.

Wie bereits angekuendigt, kann bereits am Do, 12.5. 2005, 18-20 Uhr 
im Raum 293 des Seminargebaeudes der Humboldt-Universitaet, 
Invalidenstr.110, ueber das  Thema 'Gemeinwohlpolitik und 
Ausnahmezustand' diskutiert werden. .

In der Diskussion des Vortrags koennen sich die verschiedenen 
'Parteiungen' naeher kennenlernen und auf den oben vorgeschlagenen 
Streit vorbereiten.

Mit solidarischen Gruessen
Wolfgang Ratzel



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