[imc-presse] PM: Bundesregierung kommt der Türkei entgegen und weitet PKK-Verbot in Deutschland aus

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Thu Mar 9 12:31:34 CET 2017


*Bundesregierung kommt der Türkei entgegen und weitet PKK-Verbot in
Deutschland aus*


          Pressemitteilung von AZADÎ e.V., Rechtshilfefonds für
          Kurdinnen und Kurden in Deutschland, und Civaka Azad, 09.03.2017

Während in den Medien von einem tiefgreifenden Zerwürfnis des
deutsch-türkischen Verhältnisses anlässlich der Wahlkampfauftritte
türkischer Minister in Deutschland die Rede ist, läuft die
Zusammenarbeit hinter den Kulissen geschmiert wie immer. Anlässlich
kurdischer Demonstrationen in Hannover und München kam zu Tage, dass das
Bundesinnenministerium (BMI) den Forderungen der türkischen Regierung,
stärker gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorzugehen, umgehend
entsprochen hat. Mit einem Erlass vom 2. März wurde die Anzahl der
Gruppierungen, deren Fahnen und Symbole auf der Grundlage des seit 1993
bestehenden PKK-Verbots nicht öffentlich gezeigt werden, erheblich
ausgeweitet. Akribisch wurden sämtliche Institutionen und
Organisationen  gelistet, denen eine Nähe zur PKK unterstellt wird.
Darunter fallen auch sämtliche Frauen- und Jugendorganisationen, wie
etwa der Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK).

Von besonderer Brisanz ist, dass erstmalig auch kurdische Parteien und
Verbände  in Syrien – namentlich die Partei PYD (Partei der
Demokratischen Einheit) und der Streitkräfteverband der YPG
(Volksverteidigungseinheiten) – als „Auslandsableger“ der PKK unter das
Vereinsverbot subsumiert werden. Diese werden nicht nur im Kampf gegen
den sog. Islamischen Staat in Syrien von der Internationalen Koalition
unterstützt, sondern erweisen sich derzeit im syrischen Bürgerkrieg mit
den verbündeten arabischen und christlichen Bevölkerungsgruppen als
Anker der Demokratie und Stabilität. Das gerade von diesen Kräften
vorangetriebene Modell der "Demokratischen Föderation Nordsyrien" stellt
gegenwärtig eine der wenigen Hoffnungen für einen nachhaltigen Frieden
im Bürgerkriegsland Syrien dar.

Die Erweiterung der Verbostliste durch das BMI hat weitreichende Folgen
für das innenpolitische Klima in Deutschland. Sie bedeutet einen
direkten Angriff auf die politische Identität von etwa 800.000 in
Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden und hebelt grundgesetzlich
geschützte Rechte, wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, weitgehend
aus. Vermehrte Auseinandersetzungen mit der Polizei bei vom Verlauf her
friedlichen Demonstrationen sind vorprogrammiert und politisch gewollt,
um das Feindbild der angeblich gewaltbereiten Kurdinnen und Kurden
aufrecht zu erhalten. Die Folgen werden weitere Hunderte von
Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen Artikel 20 Vereinsgesetz
aufgrund des Zeigens verbotener Symbole sein.

Während sich die Bundesregierung nach außen gegen ausufernden
Terrorismusvorwürfe in der Türkei – aktuell gegenüber dem
deutsch-türkische Journalisten Deniz Yücel – wendet, weitet sie diese
Vorwürfe in Deutschland ebenfalls aus.

*Die außenpolitische Dimension der Ausweitung des PKK-Verbots*

Neben den innenpolitischen Folgen hat die Listung der kurdischen
Parteien und Verbände auch gravierende außenpolitische Auswirkungen im
Mittleren Osten. Die Türkei macht keinen Hehl daraus, dass Ihr Einmarsch
in Syrien vor allem dem Ziel dient, die kurdisch/arabischen
Selbstverwaltungsstrukturen im Norden Syriens zu schwächen und zu
zerstören. Seit Tagen greift die türkische Armee und mit ihr verbündete
Söldner Dörfer im Umfeld der von den SDF befreiten Stadt Minbic
(Manbidsch) an. Auf jedem internationalen Treffen stellt die Türkei die
Forderung, den "Islamischen Staat" und PYD/YPG als terroristische
Organisationen auf eine Stufe zu stellen. Mit ihrer Listung dieser
Organisationen als PKK-Ableger hat die Bundesregierung dieser Forderung
entsprochen und der Türkei für ihr neo-osmanisch geprägtes destruktives
Vorgehen in Syrien und auch im Irak einen Freibrief ausgestellt.
Deutschland positioniert sich damit auch gegen die USA, um in enger
Zusammenarbeit mit der Türkei ihre eigenen geopolitischen Ziele in der
Region zu verwirklichen. Im Irak rüstet die Bundesregierung die
Peshmerga des eng mit der Türkei verbundenen Präsidenten der kurdischen
Regionalregierung Massud Barzani auf. Teile von diesen attackieren
aktuell in der Region Shengal (Sindschar) die von den Êzîden aufgebauten
Selbstverwaltungs- und Verteidigungsstrukturen. Ebenso ins Bild passen
jüngste Meldungen, dass der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall sich an
der Produktion von Panzern in der Türkei mit einem Anteil von 40 %
beteiligen will.

Die Türkei ist aktuell eine Diktatur, in der über zehntausend politische
Gefangene in Haft sitzen, darunter Abgeordnete der Oppositionspartei HDP
und kurdische Bürgermeister. Ebenso sind die meisten oppositionellen
Medien verboten und geschlossen. Zum überwiegenden Teil dient der
Vorwurf terroristischer Aktivitäten für die PKK als Begründung. Mit der
vom BMI angeordneten Ausweitung des PKK-Verbots stellt sich die
Bundesregierung an die Seite der Türkei und trägt durch ihre politische
Unterstützung und militärische Aufrüstung Mitverantwortung für die
fatale Politik der AKP-Regierung unter Recep Tayyip Erdogan.

/Für Rückfragen und weitere Informationen wenden Sie sich bitte an das
Büro von Civaka Azad. Die Kontaktdaten können Sie aus der Signatur
dieser E-Mail entnehmen./

-- 
Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
Tel.: 030/91446137
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