[imc-presse] [attac-d-presse] Nuit debout: Attac solidarisch mit Protesten in Frankreich

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Tue Jun 14 12:31:01 CEST 2016


Sehr geehrte Damen und Herren,

bitte beachten Sie die folgende Erklärung des Wissenschaftlichen Beirats
von Attac zu den "Nuit debout"-Protesten in Frankreich. Die Erklärung
wird von Attac Deutschland unterstützt.

Für Rückfragen und Interviews stehen Ihnen zur Verfügung:

* Dr. Werner Rügemer, Wissenschaftlicher Beirat von Attac,
Tel. 0163 8689 945

* Thomas Eberhardt-Köster, Koordinierungskreis von Attac Deutschland,
Tel. 0152 0291 1257

Mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt
Frauke Distelrath

--


13. Juni 2016

* Solidarität mit den Protesten gegen die Arbeitsrechts-"Reform" in
Frankreich

Wir, Menschen aus Wissenschaft, Publizistik und Gewerkschaften aus
Deutschland, erklären unsere Solidarität mit den Menschen in Frankreich,
die gegen die Arbeitsrechts-"Reform" weiter protestieren und streiken.
Diese Streiks und Proteste sind berechtigt, notwendig und ein Vorbild
für die gesamte Europäische Union.

Wir protestieren gegen das Gesetz, das per Notverordnung am Parlament
vorbei diktiert wird. Es stimmt weitgehend mit den Forderungen des
Arbeitgeberverbandes MEDEF überein und richtet sich gegen die Meinung
und Interessen der Mehrheitsbevölkerung. Diese Demokratur verschärft die
Rechtsentwicklung in der Europäischen Union.

Wir protestieren ebenfalls gegen die massive Polizeigewalt und
Verurteilungen, mit denen die Versammlungs- und Meinungsfreiheit der
Streikenden und Protestierenden eingeschränkt wird.

Präsident Francois Hollande und Premierminister Manuel Valls haben auf
angebliche Erfolge gleichartiger Gesetze in anderen EU-Staaten
verwiesen. Doch diese Erfolge gibt es nicht, im Gegenteil.

Die Bundesrepublik Deutschland, die unter Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD) mit der Agenda 2010 am frühesten mit solchen "Reformen" begann,
wurde dadurch zum größten Niedriglohnstaat in Europa. Das schädigt nicht
nur die Beschäftigten, die Arbeitslosen und vor allem die Jüngeren in
Deutschland selbst, sondern auch die Volkswirtschaften der anderen
EU-Mitgliedsstaaten, nicht zuletzt Frankreichs. Diese Reformen sind eine
Ursache für die wachsende Arbeitslosigkeit in der ganzen EU.

Durch die Agenda 2010 und weitere Maßnahmen der Folgeregierungen wurden
in Deutschland kollektive, transparent entwickelte Tarifverträge
zurückgedrängt. Die Gewerkschaften werden geschwächt. Einzelbetriebliche
Vereinbarungen führen unter dem internen Druck der Arbeitgeber – sie
drohen mit der Schließung oder Verlagerung des Betriebs oder mit
Entlassungen – zur noch weiteren Entgrenzung der Arbeitszeiten, zu
Lohnsenkungen, zu unbezahlten Überstunden, zu noch mehr Teilzeit- und
Minijobs, zu noch mehr befristeten oder sogar unbezahlten Arbeitsplätzen
(Praktika).

Selbst die deutsche Regierung muss mittlerweile zugeben: Wegen der
Niedriglöhne und begleitende Rentenkürzungen bildet sich bereits jetzt
eine gewaltige Altersarmut. Pensionäre sind in wachsender Zahl zu
Nebenarbeit gezwungen. Hunderttausende Niedriglöhne müssen staatlich
subventioniert werden. Mithilfe von etwa tausend Tafeln muss der Hunger
der Verarmten notdürftig gestillt werden. Die wachsende Unsicherheit und
der unkontrollierte Leistungsdruck haben zu mehr Stress und einem
Anstieg der psychischen Krankzeiten und Depressionen geführt.

Die nach deutschem Vorbild durchgezogenen Arbeitsrechts-"Reformen" sind
Teil eines zerstörerischen Standort-Wettbewerbs und haben zu
Ungleichheiten geführt, die auch den demokratischen und sozialen
Zusammenhalt in der EU schon jetzt schwer schädigen.

Wir stimmen mit den Streikenden und Protestierenden in Frankreich
überein: Die abhängige Arbeit muss aufgewertet, deren finanzielle und
moralische Herabwürdigung muss beendet werden! Auch Flüchtlinge dürfen
nicht für Lohn-Dumping missbraucht werden!

Wir schließen uns der Forderung von Attac Frankreich an: Lohnerhöhungen
insbesondere für die unteren Einkommensgruppen! Investitionen müssen in
arbeitsplatzschaffende Produkte fließen, etwa in den ökologischen Umbau
der Systeme für Transport und Energie! Investitionen in Bildung und
Ausbildung für alle! Arbeitszeitverkürzung für alle! Beendigung des
zerstörerischen Lohndumping-Wettbewerbs zwischen den
EU-Mitgliedsstaaten! Zur Gegenwehr und zur Entwicklung von Alternativen
sind auch demokratische Aufstände notwendig.

Diese Erklärung wird vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac
Deutschland unterstützt und wurde vom seinem Wissenschaftlichen Beirat
initiiert.

Prof. Dr. Rudolph Bauer
PD Dr. Josef Berghold
Prof. Dr. Armin Bernhard
Prof. Dr. Stefan Bestman
Prof. Dr. Alex Demirovic
Prof. Dr. Ulrich Duchrow
Prof. Dr. Heide Gerstenberger
Prof. i. R. Dr. Michael Hartmann
Prof. Dr. Frigga Haug
Prof. Dr. Peter Herrmann
Prof. Dr. Rudolf Hickel
Prof. Dr. Uwe Hirschfeld
Ass. Prof. Dr. Stefanie Hürtgen
Dr. Harald Klimenta
Dr. Reinhart Kößler
Dr. Lydia Krüger
Prof. Dr. Ingrid Kurz-Scherf
Prof. Dr. Mohssen Massarrat
Dr. Wolfgang Neef
Dr. Silke Oetsch
Dr. Norman Paech
PD Dr. Ralf Ptak
Katharina Pühl
Dr. Oliver Pye
Dr. Werner Rügemer
Dr. Thomas Sablowski
Prof. Dr. Michael Schneider
Prof. Dr. Jürgen Schutte
Dr. Manuela Troschke
Prof. Dr. Michael Vester
Hon.-Prof. Dr.Frieder Otto Wolf

Weitere Erstunterzeichnungen:

Prof. Dr. Heiner Flassbeck (Makroskop Mediengesellschaft)
Dr. Paul Steinhardt (Makroskop Mediengesellschaft)
Mag Wompel (Labour Net Germany)
Dr. Werner Rügemer (Aktion gegen Arbeitsunrecht)
Dr. Winfried Wolf (Lunapark21)
Franz Kersjes (Welt der Arbeit)
Uwe Hiksch (Naturfreunde Deutschlands)
Marie-Dominique Vernhes (Sand im Getriebe)
Prof. Dr. Rainer Roth (Klartext)
Heinrich Bleicher-Nagelsmann (Geschäftsführer Verband der deutschen
SchriftstellerInnen)


Kontakt: Dr. Werner Rügemer, Tel. 0049-163-8689945

www.attac.de/beirat

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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069 900 281-42; 0151 6141 0268
Mail: presse at attac.de, Fax: 069 900 281-99
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