[imc-presse] [attac-d-presse] Panamapapers: Was Staatssekretär Meister bei Anne Will verschwiegen hat

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Mon Apr 4 12:34:40 CEST 2016


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 4. April 2016



* Panamapapers: Was Staatssekretär Meister bei Anne Will verschwiegen hat

* Finanzministerium gegen vollständige Offenlegung von Kontodaten /
Deutschland fungiert selbst als Steueroase / Staatlich geduldete
Steuervermeidung größter Skandal


Im Zusammenhang mit den "Panamapapers" wirft Attac der Bundesregierung
vor, nicht konsequent gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung
vorzugehen. "Wenn Staatssekretär Michael Meister bei 'Anne Will'
behauptet, die Bundesregierung setze sich für ein Abkommen zur
Offenlegung von Kontodaten ein, ist das nur die halbe Wahrheit", stellt
Attac-Steuerexperte Karl-Martin Hentschel klar. "Die andere Hälfte
lautet: Das Bundesfinanzministerium sperrt sich dagegen, Informationen
an alle Staaten zu liefern. Entwicklungs- und Schwellenländer etwa
sollen außen vor bleiben. Das ist ein Skandal."

In der Debatte ebenfalls unter den Tisch falle der Status Deutschlands
als Steueroase für Diktatoren und Verbrecher. Karl-Martin Hentschel:
"Das Vermögen von ausländischen Staatsbürgern auf Konten deutscher
Banken wird auf etwa drei Billionen Euro geschätzt. Ein beträchtlicher
Teil dürfte aus kriminellen Aktionen, von verbrecherischen Staatschefs
und internationalen Syndikaten stammen. Doch Deutschland liefert an
ausländische Steuerbehörden keine Informationen über dieses Geld. Die
deutschen Finanzbehörden erheben nicht einmal Daten."

Als weiteren zentralen Kritikpunkt nennt Attac die staatlich geduldete
Steuervermeidung großer Konzerne. "Jede Diskussion über
Steuerhinterziehung ist verlogen, wenn nicht festgestellt wird, dass die
wirklich Reichen, die Multimillionäre und Milliardäre sowie die
internationalen Konzerne keine Briefkastenfirmen brauchen, da sie
Steuern legal vermeiden können – und dies der Gesetzgeber bewusst
duldet", sagt Karl-Martin Hentschel. "Das ist der größte Skandal." So
konnte die Familie Quandt ihr Vermögen im vergangenen Jahr ohne
Steuerzahlung vererben. Und die Bayer AG hat ihre Steuern in den
vergangenen zehn Jahren um mehr als drei Viertel gesenkt, indem die
Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagert wurden.

Das Tax Justice Network (TJN) veröffentlicht jährlich den Financial
Secrecy Index (Schattenfinanzindex). In Deutschland geschieht das durch
das Netzwerk Steuergerechtigkeit, an dem Attac beteiligt ist. Das
Auslandsvermögen von Deutschen in Steueroasen wird auf mehrere hundert
Milliarden Euro geschätzt. Die bisherigen bekannt gewordenen Fälle
machen deutlich, dass diese Vermögen praktisch nie versteuert werden.



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* Die Kritikpunkte im Einzelnen:

- Deutschland hat ein großes Interesse an der Geheimhaltung der
Steuerdaten. Das Vermögen von ausländischen Staatsbürgern auf Konten
deutscher Ban-ken wird auf ca. drei Billionen Euro geschätzt. Zum
Vergleich: Der Gesamtwert aller Vermögen in Deutschland wird von der
Deutschen Bundesbank auf zehn Billionen Euro geschätzt. Der größte Teil
dieser drei Billionen Euro dürfte nicht versteuert werden, da
Deutschland bislang an ausländische Steuerbehörden keine Informationen
über diese Gelder liefert. Sie werden ja nicht einmal von den deutschen
Finanzbehörden erhoben. Ein beträchtlicher Teil dieser Gelder dürfte aus
kriminellen Aktionen, von verbrecherischen Staatschefs und
inter-nationalen Syndikaten stammen.

- Deutschland profitiert daher in großem Umfang von seinem Status als
Steueroase für solche Gelder.

- Das Bundesfinanzministerium setzt sich jetzt zwar für ein
internationales Abkommen zur Offenlegung von Kontodaten ein. Aber das
Bundesfinanzministerium will auch in Zukunft keine Informationen an
Staaten liefern, die selbst kei-ne gute Steuerverwaltung haben. Damit
dürften die in Deutschland geparkten Gelder zum großen Teil auch in
Zukunft geheim bleiben. Das ist ein Skandal, auf den Attac und andere
Nichtregierungsorganisationen wie das Netzwerk Steuergerechtigkeit in
Briefen an alle Finanzminister und Finanzpolitiker aller Parteien
hingewiesen haben.

- Insbesondere Entwicklungs- und Schwellenländer sollen auch in Zukunft
keine Informationen bekommen. Grund: Deutschland hat Angst, dass diese
sonst deutsche Konzerne mehr besteuern, die heute dort nur wenig zahlen.

- Eine Weitergabe der Kontodaten ist nur sinnvoll, wenn die natürlichen
Konteninhaber beziehungsweise Nutznießer identifizierbar sind. Das muss
auch dann gelten, wenn Zwischenhändler, Treuhänder oder
Zwischengesellschaften eingeschaltet sind.

- Deutschland beziehungsweise die EU könnten das durchsetzen, wenn allen
in Deutschland (bzw. der EU) tätigen Banken und tätigen Firmen verboten
wird, Geschäfte mit Banken und Gesellschaften in Staaten zu machen, die
nicht mit den deutschen (europäischen) Steuerbehörden kooperieren. So
machen es die USA. Das Bundesfinanzministerium lehnt das ab, wie
Staatssekretär Michael Meister am Sonntag erneut bestätigt hat.

- Das Bundesfinanzministerium wehrt sich weiterhin dagegen, dass das
Register der Besitzer bzw. Nutznießer, das jetzt im Rahmen der
Geldwäscherichtlinie der EU diskutiert wird, öffentlich zugänglich wird.
Alle Erfahrungen der vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass nur der
öffentliche Druck geeignet ist, eine Durchsetzung der Steuerforderungen
sicher zu stellen. Ohne eine Veröffentlichung können weiterhin Wege
gefunden werden, die Steuerpflicht zu umgehen. Außerdem ist der Druck
auf die Steuerbehörden, mit großen Firmen zu Absprachen zu kommen und
Prozesse zu vermeiden, sehr hoch.

- Das Bundesfinanzministerium wehrt sich gegen konsequentes Vorgehen
gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, da deutsche Firmen und
deutsche Multimillionäre selbst in erheblichem Umfang davon profitieren.

- Deutschland könnte jederzeit ein Gesetz erlassen, dass deutsche
Staatsbürger grundsätzlich mit ihrem weltweiten Einkommen
steuerpflichtig sind. Die USA machen das und setzen sogar gegen die
Schweiz, Liechtenstein und anderen Länder durch, dass alle Banken,
Firmen und Steuerbehörden der Finanzbehörde der USA die Daten liefern.


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Für Rückfragen:

* Karl-Martin Hentschel, Attac-Vertreter im Netzwerk
Steuergerechtigkeit, Tel. 0151 5908 4268

* Detlev von Larcher, Attac-AG Finanzmärkte und Steuern,
Tel. 0160 9370 8007


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Weitere Informationen:

* Attac-Handlungsanleitung zur Bekämpfung von "Steuervermeidung und
Gewinnverschiebung" (im Januar an Finanzpolitiker und Finanzminister in
den Ländern, im Bund und in der EU geschickt):
http://t1p.de/Anleitung-Bekaempfung-Steuertricks


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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Tel.: 069 900 281-42; 0151 6141 0268
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