[imc-presse] Berichterstattung über die Gewalteskalation in Türkei/Nordkurdistan
Civaka Azad
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Thu Oct 15 09:52:54 CEST 2015
Sehr geehrte Pressevertreterinnen und Pressevertreter,
mit großer Besorgnis beobachten wir, wie sich derzeit die politische
Lage in der Türkei und Nordkurdistan Tag für Tag verschlimmert. Die
jüngsten Bombenanschläge in Ankara sind leider nur der traurige
Höhepunkt einer Gewaltspirale gegen kurdische AktivistInnen und
Oppositionelle in der Türkei.
Inwieweit die AKP-Regierung und der türkische Staat in diesen
Terroranschlag verwickelt sind, mag zwar noch im Dunkeln liegen. Doch
wie aus dem Untersuchungsbericht des Menschenrechtsvereins
IHDhervorgeht, haben die türkischen Sicherheitskräfte kurz nach den
Explosionen den mit den Opfern und Verletzten übersäten Platz mit
Gasgranaten beschossen.[1] <#_ftn1> Allein dieser Umstand spricht für sich.
Erdogan und die AKP-Regierung setzen derzeit durch eine gezielte
Eskalationsstrategie in Kurdistan und der Türkei darauf, ihre Macht auch
nach den Wahlen am 01. November mit allen Mitteln zu sichern. Dabei
schrecken sie auch vor Kriegsverbrechen nicht zurück.
Die Leichenschändungen von Haci Lokman Birlik[2] <#_ftn2> Anfang Oktober
undKevser Eltürk[3] <#_ftn3> Ende August sind nur zwei besonders
grausame Beispiele der aktuellen Kriegsverbrechen des türkischen Staates.
Die kurdischen Städte im Osten der Türkei befinden sich de facto unter
Belagerungszustand. In einer Vielzahl von Städten wurde und wird
weiterhin immer wieder der Ausnahmezustand erklärt. Anschließend werden
ganze Stadtteile vom türkischen Militär tagelang abgeriegelt, und ohne
Rücksicht auf die Zivilbevölkerung beschossen und bombardiert. Laut IHD
beträgt die Zahl der getöteten Zivilisten durch Angriffedieser Art in
Städten wie Varto, Cizre und Diyarbakir allein seit dem 24. Juli nunmehr
113. Wohlgemerkt sind hier die Opfer der Anschläge von Ankara noch nicht
einmal einbezogen. Hinzu kommt, dass im selben Zeitraum zahlreiche
Friedhöfe, in denen getötete PKK-Mitglieder bestattet waren, dem
Erdboden gleich gemacht wurden.
Nicht zu vergessen sind die Repressionen gegen kurdische AktivistInnen:
Zahlreiche gewählte kurdische Bürgermeister wurden seit den Wahlen vom
07. Juni des Amtes enthoben, insgesamt 18 von ihnen allein in den
letzten zwei Monaten festgenommen. Durch tagtägliche Festnahmen von HDP
Mitgliedern wird in Teilen der Türkei der Partei ihre Arbeit unmöglich
gemacht, von fairen Wahlkampfvoraussetzungen ganz zu schweigen.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen fällt die Vorstellung schwer,
dass die Wahlen am 01. November unter freien und demokratischen
Bedingungen stattfinden werden. Aus diesem Grund hat die Demokratische
Partei der Völker (HDP) zu einer internationalen Wahlbeobachtung
aufgerufen. Diesem Aufruf werden auch dutzende Menschen aus Deutschland
folgen. Wir hoffen, dass dadurch zumindest ein Beitrag dafür geleistet
werden kann, möglichen Wahlmanipulationen durch die AKP einen Riegel
vorzuschieben.
Wie zu Anfang unserer Mail erwähnt, sind wir über diese Entwicklungen in
der Türkei und Kurdistan äußerst besorgt. Wir möchten mit dieser Mail an
Sie als PressevertreterInnen appellieren, die Ereignisse in der Region
aufmerksam zu verfolgen. Denn wir wissen, dass Erdogan und seine
AKP-Regierung sich durch den fehlenden internationalen medialen Blick in
ihrem menschenverachtenden und kriegerischen Kurs in Kurdistan bestätigt
fühlen und nicht von ihm ablassen werden.
Für uns ist es erschreckend, mit ansehen zu müssen, wie derzeit
praktisch tagtäglich in Kurdistan Zivilisten durch den türkischen Staat
ermordet werden, ohne dass dies jegliches internationales Aufsehen
erregt. Wir wünschen uns auch in der deutschen Presse eine ganzheitliche
Berichterstattung über die politischen Entwicklungen in der Türkei, in
welche die Kriegsereignisse in Kurdistan nicht untergehen oder völlig
ausgeblendet werden. Wir sind hierbei auch gerne bereit, Ihnen bei ihren
Recherchen und Nachforschungen behilflich zu sein.
Falls Sie weitere Fragen zu dem Themenblock Türkei-Kurdistan haben,
Interviews mit uns oder kurdischen politischen Vertretern in Europa und
der Region führen wollen oder vielleicht die
Wahlbeobachtungsdelegationen aus Deutschland bei ihrem Einsatz in der
Region begleiten möchten, können Sie sich gerne per Mail oder
telefonisch (Mobil: 01573-8485818) an uns wenden. Selbstverständlich
stehen Ihnen wir auch für alle weiteren Fragen und Anregungenzur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Can Cicek
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[1] <#_ftnref1>
siehe<http://barisicinaktivite.com/insan-haklari-dernegi-ankara-katliami-on-raporu/#.Vhrq7zcjRjA.twitter>http://barisicinaktivite.com/insan-haklari-dernegi-ankara-katliami-on-raporu/#.Vhrq7zcjRjA.twitter,
türkischsprachig
[2] <#_ftnref2> http://civaka-azad.org/?p=6253
[3] <#_ftnref3>
<http://www.dailymail.co.uk/news/article-3202317/Kurdish-activists-condemn-Turkish-police-naked-bloodied-corpse-female-militant-killed-country-s-special-forces-leaked-online.html>http://www.dailymail.co.uk/news/article-3202317/Kurdish-activists-condemn-Turkish-police-naked-bloodied-corpse-female-militant-killed-country-s-special-forces-leaked-online.html
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