[imc-presse] [attac-d-presse] EU-Steuerpläne: Konzerne können weiter tricksen

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Wed Jun 17 11:42:49 CEST 2015


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Tax Justice Network

17. Juni 2015



* EU-Steuerpläne: Konzerne können weiter tricksen

* EU-Kommission bietet Großunternehmen das Beste aus zwei Welten


Für Attac und das Tax Justice Network (TJN) bietet der heute
präsentierte Aktionsplan der EU-Kommission zur Konzernbesteuerung zwar
eine in Teilen begrüßenswerte Problemanalyse, die politischen Maßnahmen
bleiben jedoch völlig unzureichend. "Die EU-Kommission hält weiter an
der lückenhaften internationalen Besteuerung von Konzernen fest. Zudem
wird mit Patentboxen und der Möglichkeit grenzüberschreitender
Verlustverrechnung der innereuropäische Steuerwettbewerb durch die
Hintertür weiter angeheizt", sagte Karl-Martin Hentschel von der
bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Steuern und Finanzmärkte (1).

+ Gemeinsame Bemessungsgrundlage mit großen Schwächen

Die geplante stufenweise Einführung einer gemeinsamen
Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) sei grundsätzlich zu
begrüßen, habe aber große Schwächen. "Die GKKB macht nur Sinn, wenn sie
mit verpflichtenden Mindeststeuersätzen kombiniert wird", kritisierte
Markus Henn, ebenfalls aktiv in der Attac-AG Finanzmärkte und Steuern.

Die EU-Kommission will bei der GKKB zudem nur die EU-Teile eines
Konzerns berücksichtigen. Damit sind außereuropäische Steueroasen-Deals
und Tätigkeiten in Entwicklungsländern ausgenommen. "Dies ist in etwa
so, also würde man einen Hühnerstall mit einem VIP-Eingang für Füchse
bauen", stellte Markus Meinzer vom Tax Justice Network fest. Für ihn
bietet die Kommission den Konzernen mit den GKKB-Plänen das Beste aus
zwei Welten: "Konzerne dürfen künftig Verluste grenzüberschreitend
verrechnen, müssen aber ihre Gewinne nicht nach einer Formel auf die
EU-Mitgliedsstaaten zerlegen. Auch wenn es ein Fortschritt ist, dass
Konzerne künftig nicht mehr zwischen altem und neuem System wählen
dürfen - ihre effektive Steuerleistung dürfte weiter sinken."

+ Auch Patentboxen helfen Steuern sparen

Auch die Kommissions-Pläne zu den so genannten Patentboxen sind aus
Sicht von Attac und TJN blauäugig. Markus Henn: "Patentboxen münden
immer in eine niedrigere Bemessungsgrundlage und niedrigere
Gesamtbesteuerung der Unternehmen. Das britische Finanzministerium
schätzte 2010, dass die Patentbox Großbritannien Steuerverluste von
jährlich 1,1 Milliarden Pfund bringt. Auch scheinbare Verbesserungen wie
der 'Nexus-Ansatz' lösen die Probleme nicht". (2)

+ Noch weiter Weg zu Steuergerechtigkeit bei Konzernen

Eine gerechtere und transparente Besteuerung von Konzernen kann nach
Meinung von Attac und Tax Justice Network nur durch eine
Gesamtbesteuerung für Konzerne ("unitary taxation") erreicht werden.
Dabei werden Großkonzerne als globale Einheit besteuert. Sie müssen auf
Grundlage eines gemeinsamen Berichts aller Tochterunternehmen ihre
Tätigkeiten und Gewinne weltweit ausweisen. Die Gewinne werden mit einem
Umlageschlüssel auf die einzelnen Länder aufgeteilt, zum Beispiel
basierend auf den Variablen Lohnzahlungen, Sachanlagen und Umsatz.

Ein erster Schritt dafür wäre die Einführung einer nach Ländern
aufgeschlüsselten einheitlichen Finanzberichterstattung. Doch selbst zu
diesem ersten Schritt ist die EU-Kommission (außer bei Banken sowie in
der Rohstoff- und Forstindustrie) nach wie vor nicht bereit und will
dazu lediglich weitere Konsultationen abhalten.

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(1) Zwischen 1985 und 2014 ist die reguläre Körperschaftssteuer im
EU-Schnitt von 51 auf 22,5 Prozent gefallen - Ausnahmen und Steuertricks
nicht eingerechnet.

(2) Der "Nexus"-Ansatz verlangt eine starke Verbindung zwischen dem
Forschungs- und Entwicklungsort einerseits und dem Ort der Besteuerung
für Patente und Lizenzen andererseits. Doch die Zuordnung eines Patents
eines multinationalen Konzerns zu einem Rechtsraum ist oft gar nicht
möglich. Zudem sind auch Gewinne aus der Nutzung von Patenten kaum
berechenbar. Findigen Steuerabteilungen der Konzerne und versierten
Steuerberatungsfirmen wird es immer gelingen, steuerlich begünstigende
Einkünfte in Zusammenhang mit einem Patent zu bringen.

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Attac-Kampagne für eine Gesamtkonzernsteuer:
www.attac.de/konzernbesteuerung

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Für Rückfragen und Interviews:

* Markus Henn, Attac-AG Finanzmärkte und Steuern,
Tel. 0176 3763 0916

* Karl-Martin Hentschel, Attac-AG Finanzmärkte und Steuern,
Tel. 0175 245 3711

* Markus Meinzer, Tax Justice Network,
Tel. 0178 340 5673



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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
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