[imc-presse] [attac-d-presse] Schäuble will neue Steuertricks legalisieren

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Thu Jul 31 11:25:54 CEST 2014


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 31. Juli 2014


* Schäuble will neue Steuertricks für Konzerne legalisieren
* Schlag ins Gesicht für mittelständische Unternehmen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plant Medienberichten zufolge,
auch in Deutschland eine so genannte Patentbox für multinationale
Unternehmen einzuführen. Das kritisiert das globalisierungskritische
Netzwerk Attac scharf.

"Ich bin fassungslos. Statt, wie versprochen, die Steuerschlupflöcher zu
schließen, bohrt Schäuble neue Löcher. Während die Bundesregierung auf
EU-Ebene die Einführung einer einheitlichen Unternehmensbesteuerung –
die GKKB-Richtlinie – blockiert, will sie nun das Steuerschlupfloch
Nummer eins, die Patentbox, auch in Deutschland einführen", sagte
Karl-Martin Hentschel von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe
Finanzmärkte und Steuern. "Dies ist ein Schlag ins Gesicht für jedes
mittelständische Unternehmen, das brav in Deutschland seine Gewerbe- und
Körperschaftssteuer nach Gesetz bezahlt. Und es spricht den vollmundigen
Aussagen Schäubles im Rahmen des Aktionsplans der OECD gegen
Konzernsteuertricks Hohn."

Mit der Kampagne "Steuertricks stoppen! Bilanzen offenlegen!
Gesamtkonzernsteuer jetzt!" setzt sich Attac für eine international
abgestimmte Besteuerung von Unternehmen ein.

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Hintergrund:

+ G20-Aktionsplan:

Nachdem bekannt wurde, dass multinationale Unternehmen (MNU) wie Ikea,
Apple, Google, Amazon und andere nur einen Bruchteil der Steuern zahlen,
die normale Firmen in Deutschland zahlen müssen, verabredeten sich im
Oktober in Moskau die Regierungschefs der G20, die immer weiter
ausufernde Steuervermeidung der MNU zu bekämpfen. Dabei beauftragten die
G20-Regierungschefs die OECD, bis 2015 einen Aktionsplan zur Bekämpfung
der Steuervermeidung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS)
auszuarbeiten. Nun tut die Bundesregierung das Gegenteil. Sie blockiert
eine gemeinsame Steuerpolitik der EU und schafft selbst neue Schlupflöcher.


+ Patentbox:

Mehrere EU-Staaten haben eine so genannte Patentbox eingeführt. Sie
beinhaltet, dass Gewinne in Tochterunternehmen, die Forschung und
Entwicklung betreiben, nur noch zu einem Bruchteil des üblichen
Steuersatzes oder gar nicht versteuert werden müssen. So gilt in den
Niederlanden, wo mittlerweile ein Großteil der multinationalen
Unternehmen Töchter hat, die unter die Patentbox fallen, ein Steuersatz
von fünf Prozent – während andere Gewinne mit 25 Prozent versteuert
werden müssen.

Die Patenzbox ist nicht ein Steuertrick unter anderen. Es handelt sich
vielmehr um das wichtigste legale Instrument, das Konzernen ermöglicht,
weitgehend steuerfrei Gewinne zu machen. Immer mehr große Konzerne
praktizieren eine Steuerpolitik, nach der die operativen Töchter
Gebühren für Lizenzen, Franchising, Patente und anderes an kleine
Tochterfirmen in den Niederlanden und anderen Steueroasen zahlen. Diese
kleinen Firmen haben in der Regel den Auftrag, die Firmenidee und das
Knowhow weiterzuentwickeln und gelten dann als Forschungsfirma, die
weitgehend von den Steuern befreit ist. In diesen Firmen werden dann die
Gewinne steuerfrei konzentriert.

Begünstigt wird das dadurch, dass der Wert von Markenprodukten heute
überwiegend aus dem Markennamen resultiert und nur noch nachrangig aus
den Produktionskosten. Indem die Rechte an der Marke einer kleinen
Forschungsfirma übertragen werden, werden die Zahlungen an diese Firma
legal und gelten in den operativen Töchtern als Unkosten, werden also
dort nicht oder kaum versteuert.


+ EU-Richtlinie GKKB:

Die EU-Richtlinie GKKB (Gemeinsame konsolidierte
Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage) wurde 2001 in Auftrag gegeben
und 2011 von der Kommission nach langen wissenschaftlichen Vorarbeiten
fertiggestellt. Das EU-Parlament hat die Einführung bereits 2011
befürwortet. Seitdem blockiert der Ministerrat die Richtlinie –
insbesondere auf Betreiben von Deutschland.

Die Richtlinie setzt das von vielen Experten vorgeschlagene Konzept der
"Gesamtkonzernbesteuerung" (Unitary Taxation) um. Danach werden nicht
mehr die Töchter eines Konzerns wie eigene Firmen besteuert, sondern die
Gewinne eines Konzerns werden in einer Gesamtbilanz errechnet und dann
anteilig den Nationalstaaten zugeordnet, in denen der Konzern real tätig
ist. Grundlage dafür sind die getätigten Investionen, das beschäftigte
Personal und die getätigten Umsätze. Damit würde der Gewinnverschiebung
in Steueroasen, in denen die Firma nicht oder nur geringfügig tätig ist,
unmöglich gemacht.

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Weitere Informationen:

* Attac-Kampagne für eine Gesamtkonzernsteuer:
www.attac.de/konzernbesteuerung

* Dossier: "Götterdämmerung bei der Unternehmensbesteuerung?":
http://kurzlink.de/goetterdaemmerung

(www.attac.de/fileadmin/user_upload/Kampagnen/konzernbesteuerung/KMHentschel_Goetterdaemmerung_1.pdf)

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Für Rückfragen und Interviews:

* Karl-Martin Hentschel, Attac-AG Finanzmärkte und Steuern,
Tel. 0175 245 3711

* Jutta Sundermann, Attac-Koordinierungskreis, Tel. 0175 866 6769

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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069 900 281-42; 0151 6141 0268
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