[imc-presse] [attac-d-presse] Kissinger-Professur: Stellungnahme von Klaus Meschkat

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Tue Apr 15 12:00:28 CEST 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,

im Folgenden erhalten Sie eine Stellungnahme von Prof. Klaus
Meschkat vom Wissenschaftlichen Beirat von Attac zur Besetzung des
Kissinger-Lehrstuhls an der Universität Bonn. Klaus Meschkat ist
emeritierter Professor für Soziologie an der Uni Hannover und der
Inititator des Offenen Briefes gegen die Kissinger-Professur, den mehr
als 100 namhafte Wissenschaftler unterzeichnet haben
(http://t1p.de/PM-Offener-Brief-Kissinger).

Für Rückfragen und einen Kontakt zu Klaus Meschkat stehe ich Ihnen gern
zur Verfügung unter Tel. 069 900 281-42 oder 0151 6141 0268.

Mit freundlichen Grüßen

Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland


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Kommentar von Klaus Meschkat
14.4.2014


Vollendete Tatsachen?


Auf den wachsenden bundesweiten Widerstand gegen die akademische Ehrung
eines für Kriegsverbrechen verantwortlichen Politikers hat die
Universität Bonn nun reagiert: Das Verfahren zur Besetzung der vorrangig
aus Mitteln des Bundesverteidigungsministeriums finanzierten
Henry-Kissinger-Professur wurde mit der Berufung eines früheren
US-Botschafters schnell beendet.

Angesicht dieses Versuchs, eine eben begonnene Diskussion in der
demokratischen Öffentlichkeit durch die Schaffung vollendeter Tatsachen
abzuwürgen, muß der Berufungsvorgang selbst in Frage gestellt werden,
und zwar ganz unabhängig davon, ob er nach den Spielregeln der
Universität formal korrekt verlaufen ist. Vielleicht war es ein
taktischer Fehler der gegen die Henry-Kissinger-Professur ankämpfenden
Bonner Studentenvertretung, ihren Sitz in der Berufungskommission
einzunehmen, um wenigstens informiert zu bleiben. Immerhin wurde so
bekannt, daß James Bindenagel ohne formelle Abstimmung berufen werden
konnte, weil es keine ernsthaft in Betracht zu ziehenden Gegenkandidaten
gab.

Es war eigentlich ein Spiel mit gezinkten Karten: Die Universität Bonn
schreibt eine Professur im Bereich von Völkerrecht und internationalen
Beziehungen aus– verbindet dies aber mit einer Namensgebung der
Professur, die viele möglichen Kandidaten sofort davon abhält, sich
überhaupt zu bewerben. Es dürfte jedenfalls Wissenschaftler geben, die
es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können, im Erfolgsfall eine
Professur wahrzunehmen, die den Namen eines für Kriegsverbrechen
Verantwortlichen trägt. Ausgeschlossen bleiben somit alle, die sich über
die Rolle von Henry Kissinger im Vietnamkrieg und bei den Putschen in
Chile und Argentinien informiert haben und deshalb auf eine Bewerbung um
diese attraktiv dotierte Stelle lieber verzichten.

Solche Skrupel werden einem ehemaligen hochrangigen US-Diplomaten
wahrscheinlich fremd gewesen sein. Keiner der Spitzenpolitiker, die eine
Intervention der USA in Vietnam veranlaßt und mit fürchterlichen
kriegerischen Mitteln durchgeführt haben, mußte sich je vor einem
internationalen Tribunal verantworten, ebenso wenig wie jener
amerikanische Präsident, der zusammen mit seinem britischen Komplizen
Jahrzehnte später den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg angezettelt hat.
Mit der Besetzung der Bonner Professur wird diese „Normalität“ der
Straflosigkeit von Kriegsverbrechen der Hauptmacht der westlichen Welt
demonstriert. Dafür ist Henry Kissinger eine Symbolfigur. Auch dies ist
ein Grund, den Widerstand gegen eine nach ihm benannte Professur
fortzusetzen.



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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069 900 281-42; 0151 6141 0268
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