[imc-presse] Pressemitteilung des RAV zum Prozess gegen Sonja Suder und Christian Gauger

RAV e.V. gs at rav.de
Tue Apr 2 14:01:42 CEST 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde,

 

anbei und hier folgend eine Pressemitteilung des RAV zum laufenden Prozess
gegen Sonja Suder und Christian Gauger am Landgericht Frankfurt/M.

 

Wir bitten um Kenntnisnahme und Veröffentlichung in Ihren Medien, bzw.
Weiterleitung an interessierte Kolleginnen und Kollegen.

 

Mit besten Grüßen

 

Sigrid v. Klinggräff

RAV-Geschäftsstelle

 

***

 

Pressemitteilung

 

RAV ist besorgt, dass Erkenntnisse aus unmenschlicher Behandlung in einem
Frankfurter Staatsschutzverfahren verwertet werden sollen

 

Bereits seit September des vergangenen Jahres läuft vor dem Landgericht
Frankfurt/Main der Prozess gegen Sonja Suder und Christian Gauger. Ihnen
wird vorgeworfen, in den 1970er Jahren an mehreren Anschlägen der
›Revolutionären Zellen‹ (RZ) beteiligt gewesen zu sein.

 

Die Staatsschutzkammer scheint zu beabsichtigen, Angaben des damaligen
RZ-Mitglieds Hermann Feiling, die dieser nach einem schweren Unfall im Juni
1978 gemacht haben soll, als Beweismittel in dem Verfahren zu verwenden.
Feiling war am 23. Juni 1978 ein Sprengsatz auf dem Schoß explodiert, mit
dem gegen die damalige Militärdiktatur in Argentinien protestiert werden
sollte.

 

Aufgrund der erlittenen Verletzungen mussten Herrn Feiling beide Beine
amputiert und beide Augäpfel entfernt werden. Zudem erlitt er schwere
Verbrennungen und hatte epileptische Anfälle. Trotzdem begannen unmittelbar
nach dem Unfall und noch auf der Beatmungsstation des Krankenhauses die
Verhöre durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Sie wurden während des
gesamten stationären Aufenthaltes im Krankenhaus und anschließend in den
Polizeikasernen Münster und Oldenburg bis Ende Oktober 1978 fortgesetzt,
ohne dass ein Haftbefehl verkündet war. Sein Vetrauensanwalt, seine
Freundinnen und Freunde hatten keinen Zugang zu ihm.

 

Aus Sachverständigen-Gutachten, die zwei Jahre nach dem Unfall erstellt
worden waren, geht hervor, dass in der Zeit vom 24. Juni bis 7. Juli 1978
weder eine Vernehmungs- noch Verhandlungsfähigkeit von Herrn Feiling
vorgelegen hat. Ein weiteres Gutachten vom Dezember 1978 stellte zudem fest,
die Aussagefreiheit von Hermann Feiling sei in der gesamten Zeit seiner
›Verwahrung‹ eingeschränkt gewesen; er sei nicht in der Lage gewesen, zu
entscheiden, ob er eine Aussage überhaupt machen wolle. Trotzdem sollen die
1.300 Seiten angeblicher Aussagen, die von der Polizei gefertigt wurden, in
das Verfahren eingeführt werden.

 

Das Landgericht Frankfurt/Main weigert sich bisher, zu prüfen, ob nach
heutigem medizinischen Kenntnisstand und vor allem der Traumaforschung
Hermann Feiling überhaupt vernehmungs- bzw. verhandlungsfähig gewesen und ob
er in der Lage gewesen sei, eine freie Entscheidung darüber zu treffen,
auszusagen oder nicht. Auch der Sachverhalt einer faktischen Polizeihaft im
Krankenhaus von Heidelberg und in den Polizeikasernen, deren Umstände und
Organisation unter Isolationsbedingungen, wurde nicht geprüft.

 

Der RAV ist vor diesem Hintergrund ernsthaft besorgt, dass das Landgericht
Frankfurt/Main beabsichtigt, vermeintliche Erkenntnisse aus den Vernehmungen
von Herrmann Feiling zu verwenden, deren Umstände als unmenschliche
Behandlung angesehen werden müssen und daher einem Verwertungsverbot nach §
136a StPO unterliegen.

 

„Den Strafverfolgungsbehörden ist es offenbar wichtiger, mit allen Mitteln
eine Verurteilung herbeizuführen, als sich über die Rechtsstaatlichkeit der
Beweiserhebung zu vergewissern. Damit werden die Menschenrechte von Herrn
Feiling ein weiteres Mal mit den Füssen getreten“, so Rechtsanwalt Martin
Heiming, Vorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins.

 

 

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Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.

Haus der Demokratie und Menschenrechte

Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin

Tel +49 (0)30 417 235 55 | Fax +49 (0)30 417 235 57

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