[imc-presse] PM Deutsche Menschenrechtsdelegation in der Türkei angegriffen

Martin Dolzer dolzer.martin at googlemail.com
Tue Mar 20 16:21:58 CET 2012


*Pressemitteilung*Ressort Außenpolitik/Türkei
*Türkische Regierung versucht friedliches Newroz zu sabotieren - Ein
Toter, mehrere Schwerverletzte - Menge mit deutscher
Menschenrechtsdelegation von Polizei mit Maschinenpistolen
angegriffen*
Gestern verkündete US-Präsident Obama in seiner Newroz-Botschaft:
"Seit 3.000 Jahren ist Newroz für Millionen Menschen auf der ganzen
Welt eine Zeit der Hoffnung." Zu dieser Hoffnung gehörte auch der
Wunsch, dass dieses hohe kurdische Fest von "Mitgefühl, Familiensinn
und Aufbruchsstimmung" geprägt sei und dem "Frieden und Fortschritt
dienen" solle.
Einen Tag später, am heutigen Dienstag, griffen türkische
Sicherheitskräfte in mehreren Städten die Newroz-feiernden Menschen
mit Gasgranaten, Wasserwerfern und scharfen Schüssen an. Die
TeilnehmerInnen einer von der Bundetagsabgeordneten Heidrun Dittrich,
Die Linke,  entsandten Menschenrechtsdelegation berichten aus
Yüksekova (Provinz Hakkari) nahe der iranischen Grenze, dass die
feiernde Menge, in der sich die Delegation befand, von Scharfschützen
auf Dächern und von Polizisten mit Maschinenpistolen angegriffen
wurde. Dabei hat es neben zwei Schwerverletzten viele weitere
Verwundete gegeben. "Ein Angriff der Polizei auf eine feiernde Menge
mit scharfer Munition ist nicht tolerierbar. Immer wieder verletzen
und töten die türkischen Sicherheitskräfte protestierende KurdInnen."
Der türkischen Polizei war bekannt, dass die Menschenrechtsdelegation
vor Ort befand, als sie scharfe Munition einsetzte. Wenige Meter von
den MenschenrechtsaktivistInnen entfernt schlugen die Kugeln ein.
Bereits im Juni 2011 war nach den Parlamentswahlen in der kurdischen
Stadt Sirnak, in der feiernden Menge, in der sich die Delegation des
Bundestagsabgeordneten Harald Weinberg, Die Linke befand, eine Granate
gezündet worden. „Auf diese Weise soll die kurdische Bevölkerung nahe
der türkisch/irakischen Grenze sanktioniert werden, wenn
internationale Menschenrechtsbeobachter anwesend sind. Und
MenschenrechtsaktivistInnen aus dem Ausland sollen eingeschüchtert
werden."
Ebenfalls heute schlugen Polizisten den kurdischen Politiker Ahmet
Turk in Batman brutal zusammen. Turk, der an einem Herzfehler leidet,
liegt mit einem Schock und Verletzungen im Krankenhaus. Der
Grandseigneur der kurdischen Friedens und Demokratiepartei (BDP) hatte
sich bereits in den 1990er Jahren  gemeinsam mit Leyla Zana für die
Rechte der KurdInnen im Parlament eingesetzt. "Die türkische Regierung
scheint mit allen Mitteln zu versuchen, Gewalt bei den
Newrozfeierlichkeiten zu provozieren." An vielen Orten kommt es
mittlerweile zu Ausschreitungen. In Viranshehir (Provinz Urfa) hindert
die Polizei mit scharfen Schüssen die Menschen am Betreten des
Festplatzes.
Tausende Menschen trugen heute in Istanbul den Vorsitzenden eines
Stadtverbandes der Demokratischen Friedenspartei BDP, Hacı Zengin, zu
Grabe, der am Wochenende von der Polizei bei Angriffen auf ein
Newrozfest getötet wurde.
Wir verurteilen den Einsatz von Waffen gegen Menschen, durch den
bewusst schwere Verletzungen oder der Tod in Kauf genommen werden,
aufs Schärfste. Von der EU und der Bundesregierung erwarten wir dass
sie politische Maßnahmen zur Verhinderung weiteren unnötigen
Blutvergießens unternimmt.
*Heidrun Dittrich, MdB, Die Linke**Andrej Hunko, MdB, Die Linke,
Mitglied in der parlam. Versammlung des Europarats**Harald Weinberg,
MdB, Die Linke**Ulla Jelpke, MdB, Die Linke**Martin Dolzer, Soziologe*

*Hintergrund - Die Situation in den letzten Tagen*
Durch ein kurzfristiges Verbot der Newrozfeiern in Istanbul,
Diyarbakir und weiteren Städten sowie die "Anordnung" das Fest
lediglich am 21.03 feiern zu dürfen, streben die türkischen Behörden
eine Eskalation der Situation an. In den letzten Jahren waren die
kurdischen Neujahrsfeste in der Woche um den Newroztag, den 21.03.
genehmigt worden, um der Bevölkerung das Feiern auch am Wochenende zu
ermöglichen. Aufgrund dessen verliefen sie friedlich.
Filmisch wurde dokumentiert wie Polizei und Militär in der kurdischen
Metropole Diyarbakir eine Menge von mehreren 100000 friedlich
feiernden Menschen mit Wasserwerfern, Gasgranaten und aus
Hubschraubern mit Tränengas angriffen. Mehrere Polizisten schossen mit
scharfer Munition. Mindestens zwei Kinder erlitten schwere
Verletzungen. Eines der Kinder schwebt noch in Lebensgefahr. Es kam an
all den Orten zu Auseinandersetzungen, wo die Sicherheitskräfte mit
Gewalt versuchten das Demonstrationsrecht der Menschen zu verhindern.
"Wir haben mit eigenen Augen gesehen wie Polizei und  Militär bereits
am frühen Morgen sich friedlich vor dem  Büro der BDP versammelnde
Menschen mit Schlagstöcken und Tränengas angriff. Ungefähr eine
Million Menschen ließen sich trotz der unnötigen Gewalt nicht davon
abbringen, für ihre Rechte und eine friedliche Lösung der kurdischen
Frage zu demonstrieren," berichtet die Abgeordnete der Hamburgischen
Bürgerschaft, Cansu Özdemir, Die Linke, aus Diyarbakir.
Zusätzlich führten Sondereinheiten der Polizei Anfang der Woche in
Batman, Hakkari, Van, Yüksekova, Çukurca Razzien durch. Mindestens 43
Menschen wurden festgenommen. Zeitgleich legte die Staatsanwaltschaft
in Istanbul die Anklage gegen den Publizisten Ragıp Zarakolu und 192
weitere Personen im Rahmen des "KCK Verfahrens" vor. Für den
mittlerweile für den Friedensnobelpreis nominierten Publizisten werden
zehn Jahre Haft gefordert. Für Prof. Dr. Büşra Ersanlı, die die BDP
vor ihrer Festnahme als Mitglied für den "Parlamentarischen Ausschuss
für eine Diskussion über die Verfassungsreform" benannt hatte,
forderten die Staatsanwälte 15 Jahre Haft.
Die AKP Regierung versucht offensichtlich mit allen Mitteln die
politische Partizipation der kurdischen Bevölkerung zu verhindern und
Gewalt bei den Newrozfesten und darüber hinaus zu provozieren.
Insgesamt starben seit 2009 mehr als 10 Menschen bei
Polizeiübergriffen mit Tränengas, 6500 Menschen, darunter u.a. 6
ParlamentarierInnen, 31 BürgermeisterInnen und mehr als 100
JournalistInnen und mehr als 1000 Frauenaktivistinnen wurden
inhaftiert.
Wir unterstützen die kurdische Bevölkerung, die sich trotz anhaltendem
Unrecht auch zu Newroz für eine friedliche Lösung des Konflikts
einsetzt. Internationaler Protest und entschiedene Maßnahmen gegen die
Politik der Regierung Erdogan die auf Gewalt, Krieg, Beschränkung der
Meinungsfreiheit  und Eskalation basiert  sind nötig.
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