[imc-presse] StN des RAV: Rechtstaat auf sächsisch_Einschätzung zu den staatlichen Reaktionen auf die antifaschistischen Aktivitäten zum 13. und 19.2.2011 in Dresden

RAV e.V. gs at rav.de
Thu Jan 5 10:56:26 CET 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde,

 

anbei senden wir Ihnen eine Stellungnahme des RAV vom heutigen Tag, verbunden
mit der Bitte um Weiterleitung und Veröffentlichung in Ihren Medien.

 

Vielen Dank.

 

Mit besten Grüßen,

 

Sigrid v. Klinggräff

RAV-Geschäftsstelle

---

Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.

Haus der Demokratie und Menschenrechte

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Rechtsstaat auf sächsisch

Einschätzungen zu den staatlichen Reaktionen auf die antifaschistischen
Aktivitäten zum 13. und 19. Februar 2011 gegen den (ehemals) größten
Neonaziaufmarsch Europas

 

Im Februar 2011 haben in Dresden vielfältige, von einem breiten
antifaschistischen Bündnis getragene Aktivitäten stattgefunden. Dabei ist es
am 19. Februar 2011 erneut gelungen, den größten Neonaziaufmarsch in Europa
zu verhindern. Was in der öffentlichen Debatte als großer Erfolg der
Zivilgesellschaft gegen die extreme Rechte wahrgenommen wurde, ist den
sächsischen Sicherheitsbehörden ein Dorn im Auge. Das zivilgesellschaftliche
Engagement ist zu selbstbestimmt, zu innovativ und politisch erfolgreich.
Statt wohlwollender Unterstützung gehen die Sicherheitsbehörden massiv gegen
die antifaschistischen Aktivitäten vor.

Die präventiven und repressiven Maßnahmen haben 2011 eine ungeahnte Qualität
und ein neues Ausmaß erreicht. Die Summe der Beispiele macht nicht nur
deutlich, mit welcher Vehemenz staatliche Stellen in Sachsen gegen
AntifaschistInnen vorgehen. Sie zeigt auch in eindrucksvoller Weise, wie
flexibel der Rechtsstaat sein kann, wenn die Staatsräson es verlangt – nicht
nur an einzelnen Punkten, sondern systematisch. Das von einem
obrigkeitsstaatlichen Geist geprägte sächsische Vorgehen  darf nicht Schule
machen. Hier liegt ein wesentliches Feld kommender politischer
Auseinandersetzungen, nicht nur für die Bürgerrechtsbewegung.

 

Versammlungsfreiheit nur für Neonazis

 

Für den 13. und 19. Februar 2011 hatte die Dresdener Stadtverwaltung in
Absprache mit der Polizeidirektion Dresden ein vollständiges
Versammlungsverbot für zivilgesellschaftliche und antifaschistische Kräfte
auf der Altstädter Seite der Elbe erlassen, auf die der Neonaziaufmarsch von
der Versammlungsbehörde verlegt worden war. Das von der Polizeidirektion
Dresden in Absprache mit der Versammlungsbehörde schon am 14. Februar 2010
angewandte Trennungskonzept sah vor, dass die „gegnerischen Lager“ durch eine
natürliche Barriere in Form der Elbe voneinander getrennt werden sollten. 

Sämtliche Protestveranstaltungen, die auf der „falschen“ Seite angemeldet
wurden, wurden örtlich „wegbeauflagt“. Eine Einzelfallprüfung wurde nicht
vorgenommen. Dies sollte bezwecken, dass sich am 13. und 19. Februar 2011 in
einem Gebiet mit rund 300.000 EinwohnerInnen ausschließlich AnhängerInnen der
extremen Rechten versammeln können. Ein derart weiträumiges innerstädtisches
Versammlungsverbot zur Durchsetzung eines Neonaziaufmarsches dürfte wohl
bisher einmalig gewesen sein.

Die Argumentation der Behörde, nur durch eine natürliche Barriere die
gegnerischen Lager trennen und dadurch Ausschreitungen und eventuelle
Störungen des Neonaziaufmarsches verhindern zu können, erscheint dabei als
vorgeschoben. Nicht nur die von der Stadt für den 13. Februar 2011
mitinitiierte Menschenkette, die sowohl die Alt- als auch die Neustädter
Seite umfasste, sondern auch die kirchlichen Mahnwachen am 13. und 19.
Februar 2011 waren von dem Versammlungsverbot ausdrücklich nicht betroffen.
Eine solche Maßnahme auf der Altstädter Seite war für die Versammlungsbehörde
politisch nicht durchsetzbar. Die Absperrung der Brücken und damit eine
rigorose Durchsetzung des Trennungskonzeptes konnten also von vorneherein
nicht erfolgen. Auch intern begründete die Polizeidirektion Dresden ein
derart weiträumiges Versammlungsverbot nicht mit einer Abwehr von konkreten
und unmittelbaren Gefahren, sondern lediglich mit der Notwendigkeit eines
dadurch eröffneten polizeitaktischen Handlungsraums. 

Die obrigkeitsstaatliche Art, Auflagen zu erlassen, hatte also lediglich das
Ziel, die Arbeit der Polizei zu erleichtern, den Neonaziaufmarsch möglichst
störungsfrei ablaufen zu lassen und zivilgesellschaftlichen und
antifaschistischen Protest in Hör- und Sichtweite zu unterbinden. Versuche,
das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit der GegendemonstrantInnen zu
gewährleisten, wurden von der Dresdner Behörden nicht unternommen. 

 

Unbedingte Kriminalisierung von Blockaden

 

Die antifaschistischen Proteste, denen es gleichwohl gelang, den
Neonaziaufmarsch zu verhindern, waren geprägt von Blockaden als Formen des
zivilen Ungehorsams. Die Dresdner Strafverfolgungsbehörden lassen es sich
dennoch nicht nehmen, diese Aktionen strafrechtlich zu verfolgen.
AntifaschistInnen werden nach § 21 Versammlungsgesetz kriminalisiert, weil
sie durch ihre körperliche Präsenz an einem bestimmten Ort ihren Willen zum
Ausdruck gebracht haben, die Neonazis nicht marschieren zulassen. 

Von diesem politischen Vorgehen lässt sich die Staatsanwaltschaft Dresden
auch nicht dadurch abbringen, dass das Sächsische Versammlungsgesetz durch
den Sächsischen Verfassungsgerichtshof im April 2011 rückwirkend für nichtig
erklärt worden ist und daher am 19. Februar 2011 keine Geltung hatte. Die
nunmehr durch die Staatsanwaltschaft Dresden vorgenommene Anwendung des § 21
des Versammlungsgesetzes des Bundes stellt einen Verstoß gegen das
verfassungsrechtlich garantierte Rückwirkungsverbot dar. Es verstößt zugleich
gegen das Bestimmtheitsgebot, weil das Bundesversammlungsgesetz einen höheren
Strafrahmen vorsieht. Sie stellt sich damit bewusst und offen gegen den
zentralen strafrechtlichen Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ aus Artikel
103 Abs. 2 des Grundgesetzes. Danach darf eine Handlung nur bestraft werden,
wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Begehung gesetzlich verboten war. Das ist für
den 19. Februar 2011 nicht der Fall, da das Sächsische Versammlungsgesetz
nichtig ist und das Bundesversammlungsgesetz zu diesem Zeitpunkt bereits
außer Kraft gesetzt war.

 

Immunität gilt nicht bei praktiziertem Antifaschismus

 

Wohl einmalig in der deutschen Nachkriegsgeschichte dürften auch die Fälle
von Bodo Ramelow und Dr. André Hahn sein. Den Vorsitzenden der Fraktionen der
LINKEN im sächsischen und thüringischen Landtag wurde mit den Stimmen von FDP
und CDU, in Sachsen sogar gemeinsam mit der NPD, die parlamentarische
Immunität genommen, weil sie am 14. Februar 2010 an Versammlungen gegen
Neonazis teilgenommen hatten.

 

Ein „elektronischer Polizeikessel“ (Wolf Wetzel)

 

Die sächsischen Sicherheitsbehörden wollen den antifaschistischen Protest um
jeden Preis unter ihre Kontrolle bekommen. Zu diesem Zweck haben sie eine
Bespitzelungsaktion gestartet, die in ihrem Umfang in der Bundesrepublik ohne
Beispiel ist. Rund um den 19. Februar 2011 wurden auf Antrag der
Staatsanwaltschaft Dresden bei mehreren Dutzend Funkzellen, insbesondere in
der Dresdner Südvorstadt, alle an diesem Tag angefallenen
Telekommunikationsverkehrsdaten abgefragt. Dies führte zur Erhebung von
insgesamt mehr als einer Million Datensätzen. Von über 54.000
Mobilfunknutzern wurden die persönlichen Stammdaten erhoben. Betroffen war
das Gebiet, in dem sich an diesem Tag ein vielfältiges Versammlungsgeschehen
abspielte und sich bekanntlich – neben Tausenden von DemonstrantInnen –
Abgeordnete, Geistliche, RechtsanwältInnen, JournalistInnen und sonstigen
BerufsgeheimnisträgerInnen aufhielten. 

Weder Polizei oder Staatsanwaltschaft noch das die Maßnahme anordnende
Amtsgericht sahen hierin ein Problem. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung wurde
nicht vorgenommen. Sonst wäre schnell deutlich geworden, dass bereits Dauer
und Umfang der Maßnahme deren Rechtswidrigkeit indiziert – ganz abgesehen
davon, dass sie die Totalerfassung einer von Artikel 8 des Grundgesetzes
geschützten Versammlung bedeutete.

Nach den Maßstäben eines sächsischen Rechtsstaats scheint die
Funkzellenabfrage ein Standardinstrument zu sein, dessen Einsatz niemals an
einer Unverhältnismäßigkeit scheitern könnte. Die Grundrechtsferne der
zuständigen Strafverfolgungsbehörden wurde durch die Untersuchung des
sächsischen Datenschutzbeauftragten zu den Funkzellenabfragen manifest. In
seinem Bericht wird ein Schreiben der Polizeidirektion Dresden zitiert,
wonach sie einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit der betroffenen
Personen mit dem Argument ablehnt, wegen der Heimlichkeit der Maßnahme würden
die Betroffenen doch überhaupt nicht von der Wahrnehmung ihrer Grundrechte
abgehalten.  

 

Das Konstrukt einer kriminellen Vereinigung

 

Im Laufe des Jahres 2010 genügte es den sächsischen Sicherheitsbehörden aber
nicht mehr, direkt gegen die antifaschistischen Proteste rund um den 13.
Februar vorzugehen. Sie wollten die antifaschistischen Aktivitäten
nachdrücklich bekämpfen und entsprechend kontinuierlich gegen alle Personen
und Strukturen vorgehen, die tatsächlich oder scheinbar den Protest tragen.
Zu diesem Zweck konstruierten die Dresdner Strafverfolgungsbehörden eine
kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB. Damit standen und stehen ihnen quasi
alle Ermittlungs- und Ausforschungsinstrumente zur Verfügung, die das
deutsche Strafverfahren zu bieten hat. 

Bei der Konstruktion der kriminellen Vereinigung bewiesen die
Sicherheitsbehörden ein erstaunliches Maß an Kreativität, Weitsicht und
Kaltschnäuzigkeit. Einzelne in Gruppen verübte Straftaten zu
unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten wurden kurzerhand als
Straftaten einer nicht näher definierten kriminellen Vereinigung deklariert.
Keine Rolle spielte es, dass kaum einer der TäterInnen an den jeweiligen
Tatorten identifiziert werden konnte. Zu Mitgliedern der Vereinigung wurden
diejenigen erkoren, von denen die Staatsanwaltschaft Dresden ausging, dass
sie der sächsischen Antifa-Szene angehören. Die Annahme, dass es sich dabei
um eine Vereinigung im Sinne des § 129 StGB handele, wurde mit der
augenscheinlichen körperlichen Fitness der vermeintlichen TäterInnen
begründet. Aus der Tatsache, dass bei den Taten keine Kommandos gegeben
wurden, leitet die Staatsanwaltschaft zudem ein bestimmtes „Kennverhältnis“
ab. Mitglied in dieser Vereinigung soll übrigens auch der Jenaer
Jugendpfarrer Lothar König sein, der zwar nicht für seine körperliche
Fitness, aber für seine Megafon- und Lautsprecherdurchsagen bei
Demonstrationen bekannt ist. 

 

Sächsische Maßstäbe

 

Die zuständigen Sicherheitsbehörden, allen voran Polizei und
Staatsanwaltschaft in Dresden, versuchen mit allen Mitteln, gegen die
antifaschistischen Proteste vorzugehen. Die martialische Razzia im Haus der
Begegnung am 19. Februar 2011, der Einsatz von Pepperballgeschossen gegen
AntifaschistInnen, die Überwachung aus der Luft mit Drohnen, der Einsatz von
Wasserwerfern bei Minusgraden gegen nicht gewalttätige Menschenmengen und die
bundesweit durchgeführten Durchsuchungen bei AktivistInnen sind weitere
Beispiele hierfür. Es geht darum, sämtliche Facetten des Protestes zu
kriminalisieren, die sich nicht auf die Teilnahme an einer Menschenkette
weitab vom Neonaziaufmarsch reduzieren lassen. Sie scheinen für die Behörden
das eigentliche Problem zu sein, nicht der (ehemals) größte Neonaziaufmarsch
Europas. 

Exemplarisch für dieses Vorgehen steht die Einschätzung der Polizeidirektion
Dresden, dass es sich bei der Blockade von Neonaziaufmärschen um eine
„Straftat von erheblicher Bedeutung“ handelt. Neben dem militanten
Antifaschismus wird vor allem das Konzept der Blockaden ins Visier der
Ordnungsbehörden und des politischen Konservatismus genommen. Das
Durchfließen von Polizeikräften wird von dieser Allianz als Gewalttätigkeit
diffamiert und es werden entsprechende Konsequenzen gefordert. Gleichzeitig
geraten diejenigen ins Visier, die Menschen aufgefordert haben sollen, durch
die Polizeiketten hindurch zu den Blockaden zu kommen. Polizei und
Staatsanwaltschaft zielen damit ausdrücklich auf das Aktionsbild und den
Aktionskonsens des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ ab. 

In dieser politischen Auseinandersetzung sind die sächsischen
Sicherheitsbehörden offenbar zu allem bereit. Die oben angeführten Beispiele
stellen nicht bloß einzelne Überschreitungen rechtsstaatlicher Grenzen dar.
Sie bedeuten vielmehr eine systematische Missachtung und Umdeutung bislang
geltender rechtsstaatlicher Grundsätze. In Dresden gilt offenbar ein eigenes
Demokratie- und Rechtsstaatsverständnis, das sich in vielen Behörden tief
eingegraben zu haben scheint. Dies zeigt sich auch darin, dass die dortigen
AmtsträgerInnen immun gegen jede diesbezügliche Kritik sind und ihre
offensichtlich rechtswidrigen Maßnahmen gar offensiv verteidigen und
weiterhin fortsetzen. Während in anderen Bundesländern angesichts der
erfolgreichen Verhinderung der Neonaziaufmärsche ein leises Zurückrudern
begonnen hätte, wird in Dresden eine aktive Vorwärtsverteidigung praktiziert.
Dabei werden die Sicherheitsbehörden sowohl von der Allianz aus CDU, FDP und
NPD unterstützt, als auch medial angefeuert durch die Sächsische Zeitung und
Bild Dresden. 

Bemerkenswert ist, dass es dieser konservativen Allianz in diesem Fall nicht
um die Verteidigung eines besonderen Projektes, sei es eines Bahnhofs, eines
Energiekonzepts oder eines Gipfeltreffens, geht, sondern darum, Europas
größten Neonaziaufmarsch durchzusetzen. Während MitarbeiterInnen in
demokratisch verfassten Institutionen aufatmen würden, wenn der braune Spuk
sein Ende genommen hätte, tun in Dresden die Verantwortlichen alles dafür,
den erfolgreichen antifaschistischen Protest als das eigentliche Problem zu
diffamieren. 

Wohlgemerkt, es geht hier um die Verhinderung eines Neonaziaufmarschs in
einem Bundesland, in dem NaziterroristInnen und rassistische Mörder jahrelang
unbehelligt von den Behörden Kapitalverbrechen planen und begehen konnten;
einem Aufmarsch, der das zentrale Treffen der deutschen und europäischen
Neonaziszene darstellt. Statt wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen, dass durch
die Aktivitäten des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ und allen anderen
zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Kräften nunmehr die
Möglichkeit besteht, den Neonaziaufmarsch endlich auf dem Müllhaufen der
Geschichte zu entsorgen, setzen die sächsischen Sicherheitsbehörden alles
daran, den Neonazis den Weg freizumachen. Ob dieser Effekt politisch gewollt
ist, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist er die Folge ihres Vorgehens.

 

Fazit

 

Das massive Vorgehen der sächsischen Allianz hat das Potenzial, bundesweit
Schule zu machen. Sicherheitsbehörden anderer Länder und des Bundes werden
die Vorgehensweise der Dresdner Strafverfolgungsbehörden sehr aufmerksam
beobachten, um gegebenenfalls daraus ihre Schlussfolgerung zu ziehen. Dresden
muss daher auch als Versuchslabor für das Vorgehen gegen soziale Bewegungen
angesehen werden. Die politischen und rechtlichen Auseinandersetzungen um das
Vorgehen der Sicherheitsbehörden und das damit entstehende Klima könnten
bundesweit die rechtlichen und politischen Maßstäbe sicherheitsbehördlichen
Handelns verschieben – sei es bei der Funkzellenabfrage, der Konstruktion
krimineller Vereinigungen oder dem Vorgehen gegen zivilen Ungehorsam und
andere Formen zivilgesellschaftlichen Protests.

 

1. Bei der Verfolgung antifaschistischer und zivilgesellschaftlicher
Aktivitäten gegen den ehemals größten Neonaziaufmarsch in Europa greifen die
Strafverfolgungsbehörden systematisch zu offensichtlich rechtswidrigen
Maßnahmen. Diese Repression richtet sich nicht gegen einzelne „Gewalttäter“,
sondern betrifft sämtliche Formen des Protestes gegen den Neonaziaufmarsch
und die Aktionsform des zivilen Ungehorsams im Besonderen.

 

2. Die zuständigen Sicherheitsbehörden und das sie unterstützende mediale und
politische Spektrum spielen das Spiel der Neonazis. Den Beteiligten ist
bewusst, dass sie mit ihrem Vorgehen alles dafür tun, den Neonazis wieder
einen Aufmarsch zu ermöglichen. Dies gilt es, zu benennen und politisch zu
skandalisieren. Das Problem ist der Naziaufmarsch, nicht die Aktivitäten
dagegen.

 

3. Die obrigkeitsstaatlich geprägten sächsischen Maßstäbe, die von der
dortigen konservativen Allianz durchgesetzt werden, dürfen nicht Schule
machen. Wie die Beispiele zeigen, stellen rechtsstaatliche Grundsätze nur
eine sehr flexible Grenze für staatliche Macht und Willkür dar. Umso mehr
folgt daraus, dass die Begrenzung und Einhegung staatlicher Macht in
politischen Auseinandersetzungen täglich neu erkämpft werden muss.

 

4. Für den Aufmarsch 2012 in Dresden ist es umso wichtiger, dass Antifa,
Zivilgesellschaft, BürgerrechtlerInnen, Gewerkschaften, parteipolitischen
Organisationen und viele andere solidarisch zusammenwirken – denn es geht
nicht nur um den Kampf gegen Neonazis, sondern auch um die Verteidigung von
Freiheits- und Grundrechten sowie die Durchsetzung von legitimen Aktionen des
zivilen Ungehorsams. 

 

Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV), 

Berlin, Januar 2012

 

 

 

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