[imc-presse] Pressemitteilung_Verfassungsschutz: Jahrelang gegen Links

RAV e.V. gs at rav.de
Fri Feb 24 10:50:31 CET 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde,

 

anbei eine Pressemitteilung des Republikanischer Anwältinnen- und
Anwälteverein (RAV) vom heutigen Tag mit der Bitte um Kenntnisnahme und
Veröffentlichung.

Vielen Dank.

 

Mit freundlichem Gruß

 

Sigrid v. Klinggräff

RAV-Geschäftsstelle

 

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PRESSEMITTEILUNG

Berlin, den 24.2.2012

 

Verfassungsschutz: Jahrelang engagiert gegen Links

 

Gerichtstermin: 1.3.2012, 10.00 Uhr, Saal 1202 (Aushang im Eingangsbereich
beachten), VG Berlin, Kirchstr. 7, 10557 Berlin

 

 

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) überwachte von November 1998 bis
Oktober 2006 linke Aktivisten in Berlin unter dem Vorwand, sie seien
Mitglieder der damals agierenden „militanten gruppe“ oder würden diese
unterstützen. Betroffen sind sechs Einzelpersonen, eine Bio-Bäckerei und ein
Anwaltsbüro. Der Bundesgerichtshof hat am 11.3.2010 entschieden, dass die
Überwachung aus strafrechtlicher Sicht rechtswidrig war, weil es gegen die
Betroffenen keinen hinreichenden Anfangsverdacht gegeben habe.

 

Am 1.3.2012 wird vor der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin darüber
verhandelt werden, ob die Überwachung auch aus verwaltungsrechtlicher Sicht
rechtswidrig war. Das BfV behauptet, seine Kompetenzen würden wesentlich
weiter reichen als die strafrechtlich zugelassenen Überwachungsspielräume. So
habe es gegen die betroffenen Personen Anhaltspunkte gegeben, die die Annahme
gerechtfertigt hätten, dass diese mit der „militanten gruppe“ in Verbindung
stünden. Schlagender Beweis dafür sei, dass die Betroffenen zu linken Themen
engagiert gewesen seien und ihnen in all den Jahren der Überwachung nichts an
illegalen Aktivitäten nachzuweisen gewesen sei. Dadurch sei ein hohes Maß an
Konspiration zu vermuten gewesen.

 

Rechtsanwalt Volker Gerloff, der die Betroffenen vertritt, sagt dazu:
„Insbesondere die Logik, dass jemand, dem nichts nachzuweisen ist, sich
besonders verdächtig macht, lässt erhebliche Zweifel an der Seriosität der
Arbeit des BfV erkennen. Über viele Jahre konnte den Betroffenen trotz
umfangreicher Überwachung nichts vorgeworfen werden. Die Reaktion war nicht
der Abbruch der Überwachung, sondern die Intensivierung und Ausweitung
derselben.“ Sämtliche Konstruktionen, die das BfV nun zur Rechtfertigung
seines Verdachts bemüht, wurden bereits vom BGH für untauglich befunden.

 

Insbesondere die Überwachung eines Anwaltsbüros, das auch Mandanten aus der
linken Szene vertritt, muss hier aufmerken lassen, da das besonders
geschützte Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant betroffen ist.
Die Rechtfertigung des BfV für diese Maßnahme ist, dass eine verdächtige
Person die Telefonanschlüsse des Anwaltsbüros nutzen konnte. Damit wurden
über ein Jahr lang die vertraulichen Gespräche mehrerer Anwälte abgehört.

 

Auch das Verfahren zur Überwachung durch das BfV wird vor dem
Verwaltungsgericht Berlin angegriffen. Laut Gesetz muss das BfV die
Überwachung beim Bundesministerium des Innern (BMI) beantragen; dieses muss
wiederum die Zustimmung der sogenannten G-10-Kommission einholen. Die
G-10-Kommission wird vom Bundestag eingesetzt und soll sicherstellen, dass
die Überwachungsmaßnahmen des BfV parlamentarisch kontrolliert werden.

 

Allein die vom BfV im Gerichtsverfahren vorgelegten Teile umfassen elf
Aktenordner. Die Überprüfung der Überwachungsanträge des BfV wurde jedoch
durch das BMI und die G-10-Kommission noch am selben Tag bewilligt. „Es ist
schlicht unmöglich, diese Anträge an einem Tag zu erfassen, zu erörtern und
dazu eine Entscheidung zu treffen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass das
gesetzlich vorgeschriebene Kontrollinstrumentarium vollständig versagt hat“,
so Rechtsanwalt Gerloff.

 

Angesichts der Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz bezüglich eines
nachsichtigen Umgangs mit dem Rechtsextremismus muss einmal mehr festgestellt
werden, dass das Engagement gegen Links beim Verfassungsschutz offenbar
irrational groß ist.

 

Kontakt

Rechtsanwalt Volker Gerloff

Karl-Marx-Str. 30, 12043 Berlin

T.: 030 62987720, F.: 030 62987725

http://www.aufenthaltundsoziales.de/ 

 

 

Pressereaktionen nach der BGH-Entscheidung

 

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me
<http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2010%2F06%2F19%2F
a0142&cHash=41864e51f1> &dig=2010%2F06%2F19%2Fa0142&cHash=41864e51f1 

http://www.tagesspiegel.de/politik/bgh-urteil-drei-berliner-jahrelang-illegal
-ueberwacht/1863514.html 

http://www.n-tv.de/politik/BGH-ruegt-Bundesanwaltschaft-article930523.html 

http://www.freitag.de/community/blogs/anne-roth/bgh-ueberwachung-im-ersten-mg
-verfahren-war-von-anfang-an-illegal- 

http://www.berliner-zeitung.de/archiv/drei-berliner-wurden-jahrelang-vom-gehe
imdienst-ueberwacht---ungerechtfertigt--urteilt-der-bgh-zehn-jahre-unter-fals
chem-verdacht,10810590,10724268.html 

http://www.fr-online.de/politik/verfassungsschutz-die-illegale-ueberwachung-d
es-jochen-u-,1472596,4480220.html 

 

 

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Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.

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Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin

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