[imc-presse] Presseerklärung Sperrerklärung

ak-spitzelklage at riseup.net ak-spitzelklage at riseup.net
Mon Dec 12 16:19:25 CET 2011


Liebe Presse,

unten eine Presseerklärung des AK Spitzelklage zur Unterzeichnung der
Sperrerklärung durch Landesinnenminister Reinhold Gall.

schöne Grüße
Alex für den AK Spitzelklage


Heidelberg, den 12.12.2011

Presseerklärung:
Die grün-rote Landesregierung in Stuttgart verhindert Aufklärung im
Heidelberger Spitzelskandal

Am 12.12.2011, also genau ein Jahr nach der Enttarnung des Verdeckten
Ermittlers Simon Bromma, sind die Kläger_innen darüber in Kenntnis gesetzt
worden, dass die in diesem Falle oberste Aufsichtsbehörde unter
Innenminister Reinhold Gall (SPD) die von der Heidelberger
Polizeidirektion beantragte Sperrerklärung bezüglich der Klage gegen den
Spitzeleinsatz unterzeichnet hat. Im uns vorliegenden Schreiben des
Verwaltungsgerichts Karlsruhe, das auf den 29.11.2011 datiert ist, wird
mitgeteilt, „dass das Innenministerium Baden-Württemberg dem
Verwaltungsgericht bis zur 50. Kalenderwoche eine Sperrerklärung nach § 99
Abs. 1 S. 2 VwGO vorlegen wird“. Damit holt der seit dem 27.03.2011
amtierende grün-rote Regierungsapparat in Stuttgart zu einem weiteren
Schlag gegen die außerparlamentarische linke Opposition aus. Er sabotiert
abermals die Bestrebung einer lückenlosen Aufklärung dieses Skandals. Den
Arbeitskreis Spitzelklage (AKS) überrascht dies nicht, gilt Gall doch als
„Freund der Polizei“, wie Uli Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Grünen
im Landtag, jüngst bemerkte. Wir vom AKS planen derweil, mit weiteren
juristischen Mitteln gegen diese Schikane vorzugehen, indem wir die
Fortsetzungsfeststellungsklage nun aussetzen und im Rahmen eines so
genannten „In camera“-Verfahrens gegen die unterschriebene Sperrerklärung
vorgehen.

Genau ein Jahr ist es nun her, dass der LKA-Beamte Simon Bromma seine
Tarnidentität hat aufgeben müssen. Über mehrere Monate hinweg hatte er
zuvor unter dem Decknamen „Simon Brenner“ versucht, die komplette linke
Szene Heidelbergs, zu der auch Gruppierungen wie der BUND gezählt wurden,
auszuhorchen. Grüne und SPD, damals noch Oppositionsparteien, gaben sich
vor der Landtagswahl am 27.03.2011 empört und versuchten, auf
parlamentarischem Wege Licht in die Sache zu bringen. Grüne und SPD,
mittlerweile Regierungsparteien, entziehen sich nun jedoch bewusst ihrer
Verantwortung und verhindern ein Voranschreiten der öffentlich
nachvollziehbaren und juristisch abgesicherten Aufarbeitung.

Der zunehmende öffentliche Druck konnte Innenminister Gall nicht davon
abhalten, die von der Polizeidirektion Heidelberg beantragte
Sperrerklärung zu unterzeichnen. Mit dieser Sperrerklärung versucht die
federführende Polizeidienststelle, die Einsatzanordnung unter Verschluss
zu halten und so die offensichtliche Unrechtmäßigkeit des Spitzeleinsatzes
zu vertuschen. Die grün-rote Landesregierung stellt sich damit nicht nur
gegen ihre eigenen ortsansässigen Jugend- und Kreisverbände, die ebenfalls
Opfer des Spitzeleinsatzes waren und die Nicht-Unterzeichnung gefordert
hatten. Das Stuttgarter Regierungslager sendet mit der Unterzeichnung
darüber hinaus ein eindeutiges Signal an den baden-württembergischen
Polizeivollzugsdienst, dessen oberste Aufsichtsbehörde das SPD-geführte
Innenministerium ist: Die Möglichkeit, jederzeit fernab von Legalität,
Transparenz und Verhältnismäßigkeit nach eigenen Maßstäben willkürlich zu
walten. Gesetzesübertretungen des eigenen Polizeiapparates werden
schließlich von der neuen Landesregierung gedeckelt und in keiner Weise
geahndet.

Dass wir erst jetzt von der Unterzeichnung erfahren haben, straft zudem die
vollmundigen Willensbekundungen von einzelnen Regierungsmitgliedern wie
Uli Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Grünen, Lügen. Mehrfach wurde
uns eine lückenlose öffentliche Aufklärung versprochen und mehrfach schon
das Gegenteil betrieben. Auf der Podiumsdiskussion am 5.12.2011 in der
Stadtbücherei Heidelberg behauptete Sckerl beispielsweise, noch niemals
etwas von einer Sperrerklärung gehört zu haben, sich aber sicher zu sein,
dass eine solche - wenn es sie denn gäbe - noch nicht unterschrieben sei.
Ein paar Tage zuvor war er aber in einem Interview mit dem Freiburger
Radio Dreyeckland mit einer Frage nach eben dieser Sperrerklärung
konfrontiert worden.

Der Arbeitskreis Spitzelklage sieht sich in seiner Position bestätigt,
dass der Regierungswechsel in Baden-Württemberg eine Verschlechterung der
Situation für die außerparlamentarische Linke darstellt. Die Grünen,
vermeintliche Partei der Bürger_innenrechte, können nicht mehr länger eine
schwarz-gelbe Regierung mit folgenlosem Reden über Grundrechte
konfrontieren. Stattdessen veranlasst sie der Übergang in die
Regierungsrolle dazu, entgegen ihren proklamierten Überzeugungen selber
kritische Positionen auf undemokratischem Wege zu unterdrücken.

Wir werden nicht zulassen, dass polizeiliche Willkür und totale
Überwachung zur Normalität werden. Wir werden weiterhin juristischen und
politischen Druck von unten ausüben, bis auch der letzte Sachverhalt im
Spitzelskandal aufgeklärt ist, die Verantwortlichen zur Rechenschaft
gezogen worden sind und eine Wiederholung eines solchen
Grundrechtseingriffs ausgeschlossen ist.

Arbeitskreis Spitzelklage (AKS), 12.12.2011

Für Nachfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:
http://spitzelklage.blogsport.de/
ak-spitzelklage at riseup.net
Pressesprecher: M. Dandl (01629154917)




More information about the imc-presse mailing list