[imc-presse] Pressemitteilung NATO-Tagung / Versammlungsrecht

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Thu Apr 2 11:30:08 CEST 2009


 

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Pressemitteilung      NATO-Tagung / Versammlungsrecht

 

Ausreiseverbote an der dt.-frz. Grenze


Gestern verweigerte die Bundespolizei mindestens 40 Menschen die Ausreise
nach Frankreich. Dies steht ersichtlich im Zusammenhang mit der
bevorstehenden NATO-Tagung in Strasbourg - aber nicht im Einklang mit den
gesetzlichen Vorschriften.


Nach dem Passgesetz darf einem Deutschen die Ausreise verweigert werden,
wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die innere oder äußere
Sicherheit oder erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet
sind. Das Instrument der Ausreiseverweigerung wurde im Jahr 2000, nachdem
ein französischer Polizist von deutschen Hooligans lebensgefährlich verletzt
worden war, verschärft.  Die Befürchtung des Missbrauchs vor allem zur
Einschränkung von politischen Protesten bestätigte sich schon im Jahr darauf
anlässlich des G8-Gipfels in Genua.

 

So reichen der Polizei zur Begründung schon "Erkenntnisse" über
Ordnungswidrigkeiten im Bagatellbereich. Außerdem werden
Ermittlungsverfahren herangezogen, die ohne strafrechtliche Ahndung
eingestellt wurden. Man muss feststellen, dass praktisch jeder
Polizeikontakt in irgendeiner Datei gespeichert wird, meist ohne Kenntnis
der Betroffenen – bis sich diese Datensammelwut wie jetzt an der Grenze
entlädt und zur drastischen Beschränkung der Reisefreiheit und Freizügigkeit
nach dem EU-Vertrag führt.

 

Auch vorgefundene angebliche Vermummungsgegenstände sollen eine erhebliche
Gefahr für die Belange der Bundesrepublik bedeuten – obwohl Vermummung auf
Demonstrationen in Frankreich nicht strafbar ist. 

 

Argumentiert wird wie folgt: Aufgrund der Erkenntnisse ist davon auszugehen,
dass Sie gewalttätig sind und dies auf Demonstrationen in Strasbourg
ausleben wollen und werden. Darüber wird in der Presse berichtet werden.
Damit sind Sie, so wörtlich, "in unseren Augen  eine tatsächliche Gefahr für
die Bundesrepublik Deutschland, für das Ansehen dort.“

 

Das Vorgehen der Bundespolizei zielt erkennbar darauf ab, Demonstrationen
schon im Vorfeld und grenzüberschreitend zu behindern - erkennbar deshalb,
weil die Begründungen für die Ausreiseverbote an den Haaren herbeigezogen
und tatsächlich haarsträubend sind. Grundgesetz und Europäische
Menschenrechtskonvention bleiben auf der Strecke, Versammlungs- und
Meinungsfreiheit werden aus nichtigen Gründen suspendiert.

 

Das - schon bekannte - Verhalten der Bundespolizei zeigt erneut ihr
fehlendes Grundrechtsbewusstsein. Der RAV fordert die Polizei auf, freien
Zugang zu den angemeldeten Demonstrationen gegen die NATO-Tagung zu
ermöglichen.

 

für den Vorstand des RAV:

Martin Heiming

Rechtsanwalt in Heidelberg

Kontakt: 0172 357 7 357

 

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