[imc-presse] [attac-d-presse] Attac mobilisiert gegen Finanzmarktkapitalismus / Kundgebung am 30. Oktober in Berlin

Frauke Distelrath presse at attac.de
Sun Oct 12 13:42:49 CEST 2008


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Düsseldorf, 12. Oktober 2008



* Attac mobilisiert für breite Bewegung gegen Finanzmarktkapitalismus
* Zum Auftakt Protestkundgebung am 30. Oktober in Berlin

Attac wird in den kommenden Monaten gemeinsam mit allen
Bündnispartnern für eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen den
vorherrschenden Finanzmarktkapitalismus mobilisieren. Dies ist das
zentrale Ergebnis des Attac-Ratschlages, der Bundesvollversammlung des
globalisierungskritischen Netzwerkes, zu der sich am Wochenende rund
300 Attac-Aktive aus ganz Deutschland in Düsseldorf getroffen haben.

"Die Krise ist längst keine reine Finanzkrise mehr. Wir stehen
mittlerweile vor einer schweren Weltwirtschaftskrise und mitten in
einer tiefen sozialen und gesellschaftlichen Krise", sagte Stephan
Schilling vom bundesweiten Attac- Koordinierungskreis. "Jetzt ist die
Zeit für eine grundlegende Wende gekommen. Die Banken müssen
entmachtet und zentrale Bereiche der sozialen Sicherung und
Daseinsvorsorge dem Einfluss der Finanzmärkte entzogen werden."

Unter dem Motto "Die Verursacher sollen selbst zahlen!" ruft Attac zum
Auftakt der Mobilisierung für den 30. Oktober zu einer
Protestkundgebung vor dem Bundesfinanzministerium in Berlin auf. "Die
Menschen sind nicht mehr bereit, den Irrsinn eines Systems zu
ertragen, in dem steigender gesellschaftlicher Reichtum Krisen
auslöst, deren Kosten die Verlierer des Systems tragen müssen - in den
USA, hier zu Lande und weltweit. Der Unmut ist groß und muss auf die
Straße getragen werden. Jetzt ist die Chance da, den
Finanzmarktkapitalismus zu Grabe zu tragen", sagte Pedram Shahyar,
ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis.

Als erste Schritte hin zu einem echten Systemwechsel fordern die
Globalisierungskritikerinnen und Globalisierungskritiker in ihrer beim
Ratschlag verabschiedeten Erklärung "Das Finanz-Casino schließen!"
eine einmalige Sonderabgabe auf große Vermögen, um die Kosten der
Krise zu finanzieren, einen Finanzmarkt-TÜV, ohne dessen Genehmigung
neue Finanzinstrumente nicht gehandelt werden dürfen, und die
Schließung der Steueroasen. Den Banken müssten demokratische
Kontrollmechanismen aufgezwungen und das öffentliche und
genossenschaftliche Bankensystem gestärkt werden.

Damit die Finanzmärkte nicht immer weiteren Schaden anrichten können,
seien  Privatisierungen zu stoppen und rückgängig zu machen. Die
Bahnprivatisierung gehöre endlich vom Tisch. Die Riester-Rente müsse
durch eine solidarische Bürgerversicherung ersetzt werden.

Attac fordert zudem massive Investitionen in die soziale Infrastruktur
und ein ökologisches Umbauprogramm, um die verheerenden
konjunkturellen Folgen der Krise für die Menschen sozial abzufedern.

Bei ihrem Treffen wählten die Attac-Aktiven zudem die Mitglieder der
bundesweiten Gremien und verabschiedeten den Haushalt 2009.



Für Rückfragen und Interviews:

* Stephan Schilling, Attac-Koordinierungskreis, Tel. 0176-1002 0016
* Pedram Shahyar, Attac-Koordinierungskreis, Tel. 0163-251 5571



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Das Finanz-Casino schließen!
Erklärung des Attac-Ratschlags am 12. Oktober 2008

Seit mehr als einem Jahr tobt die Krise an den Finanzmärkten. Wann
immer es heißt, das Schlimmste sei überstanden, folgt kurze Zeit
später der nächste Bank-Kollaps, die nächste verzweifelte
Rettungsaktion durch eine Zentralbank, der nächste Börsen-Absturz.
Diese Krise ist die schwerste Krise des Kapitalismus seit der
Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Es
handelt sich nicht um eine reine Finanzkrise - wir stehen mittlerweile
vor einer schweren Weltwirtschaftskrise und mitten in einer tiefen
sozialen und gesellschaftlichen Krise. Aktuell zeigt sich das
krisenhafte kapitalistische System wieder einmal als unbeherrschbar.
Diese Krise ist keine Naturkatastrophe. Vordergründig ist sie die
Folge des Platzens der Immobilienblase in den USA und des
Zusammenbruchs der Kreditpyramide, die die Banken in den letzten
Jahren aufgebaut haben. Doch ist sie eben auch das Ergebnis eines
Systems, in dem der gesellschaftliche Reichtum in Form von Kapital auf
der Jagd nach Rendite um die Welt zirkuliert. Sie ist Folge der
globalen Ungleichgewichte, die sich in den letzten Jahren immer weiter
verschärft haben. Sie ist begründet in einer Politik, die bewusst die
Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte vorangetrieben hat.
Und sie ist die Folge der Umverteilung von unten nach oben, die
überhaupt erst diese Art der Konzentration von Vermögen ermöglicht
hat.

Über eine Billion Dollar mussten von den Banken bereits abgeschrieben
werden, die Investmentbanken sind vom Erdboden verschwunden, das
restliche Bankensystem ist tief erschüttert. Weltweit fallen die
Aktienkurse. Aber die wahren Betroffenen sind andere. Es sind
unzählige AmerikanerInnen, die ihre Häuser oder Renten verloren haben.
Es sind Millionen ArbeitnehmerInnen auf der ganzen Welt, die ihren Job
verlieren werden. Es sind die Menschen in den Entwicklungsländern, die
durch die drohende Weltwirtschaftskrise besonders hart getroffen
werden. Und es ist die ganze Gesellschaft, die gigantische Summen in
die Rettung von Banken stecken muss, während für das öffentlich
Notwendige weiter das Geld fehlen wird.

Das endgültige Ausmaß der Krise ist noch immer nicht klar. Aber schon
jetzt ist klar: Die Zeit ist reif für einen Systemwechsel. Wir dürfen
die Politik nicht damit davon kommen lassen, die Akteure des
Finanzmarktkapitalismus in einen Zustand zu versetzen, das Spiel von
neuem zu beginnen. Technische Reparaturen reichen nicht. Es ist Zeit
für eine Wende. Die Menschen sind nicht länger bereit, den Irrsinn
eines Systems zu ertragen, in dem steigender gesellschaftlicher
Reichtum destruktive Krisen auslöst. Die Chance ist jetzt da, den
Finanzmarktkapitalismus zu Grabe zu tragen! Dafür wird Attac mit allen
Bündnispartnern für eine gesellschaftliche Bewegung mobilisieren.


Wir fordern:

Die Verursacher müssen zahlen!

Überall werfen derzeit die Regierungen das Geld der Steuerzahler den
Banken in den Rachen, um den Kollaps des Bankensystems abzuwenden. Wir
werden nicht akzeptieren, dass die Rettungsaktionen nun zu Lasten der
sozial Benachteiligten oder der sozialen Infrastruktur gehen. Die
Verursacher müssen zahlen. Wir fordern daher eine einmalige
Sonderabgabe auf große Vermögen, um die Kosten der Krise zu
finanzieren. Banken, denen der Staat mit öffentlichem Geld hilft,
müssen durch eine Verstaatlichung auch unter öffentliche Kontrolle
gestellt werden.


Die Banken entmachten!

Die Banken haben sich auf der Suche nach immer höheren Renditen von
einer Dienstleistungsrolle für die Realwirtschaft gelöst und mit ihren
Geschäften den Kollaps des ganzen Finanzsystems riskiert. Als
Schlüsselbranche im Kapitalismus gehören sie unter öffentliche
Kontrolle. Dabei geht es nicht darum, nur bankrotte Banken zu
verstaatlichen, sondern gerade darum, finanzstarken Instituten
demokratische Kontrollmechanismen aufzuzwingen. Daneben muss das
öffentliche und genossenschaftliche Bankensystem gestärkt werden.
Finanzmärkte kontrollieren - ihre Macht brechen
Die Politik der letzten Dekaden hat bewusst zugelassen, dass sich
große Teile der Finanzmärkte fernab jeglicher Kontrolle entfalten
konnten. Die Entstehung eines Schattenbankensystems wurde nicht
verhindert, der Entstehung neuer, gefährlicher Finanzinstrumente
tatenlos zugesehen. Attac fordert, das Schattenbankensystem aus
Hedge-Fonds, Zweckgesellschaften und anderen unregulierten
Finanzakteuren muss verboten werden. Ein Finanzmarkt-TÜV muss
eingerichtet werden, der neue Finanzinstrumente standardisiert und
prüft, bevor diese gehandelt werden dürfen. Mit der Besteuerung aller
Arten von Finanztransaktionen (inklusive von Devisentransaktionen)
wollen wir Spekulation reduzieren und die Kurzfristorientierung der
Finanzmärkte schwächen. Neben diesen Maßnahmen müssen die Finanzmärkte
durch eine radikale Umverteilung geschrumpft werden.


Steueroasen schließen

Die Steueroasen spielen nicht nur bei der Steuerhinterziehung eine
wichtige Rolle, sondern sind auch zentral für das Funktionieren des
globalen Finanzmarkt-Casinos. Hier wurden unter Umgehung nationaler
Regulierung Fonds aufgesetzt oder Zweckgesellschaften der Banken
gegründet. Die Steueroasen müssen endlich geschlossen werden.
Das Öffentliche den Finanzmärkten entziehen!
Wer diese Krise ernst nimmt, kann nur die Konsequenz ziehen: Die
öffentliche Daseinsvorsorge muss der Willkür und dem irrationalen
Herdentrieb privater Investoren entzogen werden, und allein aus
Gemeinwohlinteresse betrieben werden. Darum darf es keine weiteren
Privatisierungen geben. Die Privatisierung der Bahn muss endgültig vom
Tisch, der Gesundheitsfond und die Privatisierung der sozialen
Sicherungssysteme zurückgenommen werden. Insbesondere die
Riester-Rente, die mit zur Aufblähung der Finanzmärkte beigeträgt,
muss durch eine solidarische Bürgerversicherung ersetzt werden.


Die Krise sozial bewältigen!

Unzählige Menschen werden in der kommenden Zeit von Arbeitslosigkeit
und sozialer Verunsicherung betroffen sein. Während die Politik den
Banken hilft, bleibt sie tatenlos, was die Folgen der Krisen für die
Menschen betrifft. Wir fordern ein energisches Eingreifen, ein
ökologisches Umbauprogramm und massive Investitionen in die soziale
Infrastruktur, um die konjunkturellen Folgen sozial abzufedern.


Es ist deutlicher als je zuvor, dass wir grundsätzliche Alternativen
zum derzeitigen Wirtschaftssystem brauchen. Diese Forderungen sind
deshalb nur einen Anfang  - ein Startschuss für einen offenen Prozess,
in dem wir solche Alternativen im Dialog mit allen progressiven
Kräften entwickeln wollen.

In den nächsten Wochen und Monaten wollen wir die Öffentlichkeit für
eine andere Politik mobilisieren. Zum Auftakt ruft Attac zu einer
Protestkundgebung vor dem Bundesfinanzministerium am 30. Oktober um 17
Uhr auf. Unter dem Motto "Die Verursacher sollen selbst zahlen, holt
das Geld von den Reichen" werden wir Steinbrück auf die Pelle rücken.



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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; 0179/514 60 79
Mail: presse at attac.de, Fax: 069/900 281-99
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