[imc-presse] PRESSEMITTEILUNG" Strafverfahren gegen G8-Gegner wegen "Autobahnblockade" in Rostock-Laage eingestellt "

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Thu Nov 1 14:08:11 CET 2007





Republikanischer Anwältinnen-und
Anwälteverein e.V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4
10405 Berlin



Berlin, den 01. November 2007



Pressemitteilung

Strafverfahren gegen G8-Gegner wegen "Autobahnblockade" in Rostock-Laage
eingestellt - Betroffene erstatten Anzeige gegen die ermittelnden
Polizeibeamten.


Die Staatsanwaltschaft rügt das pauschale Vorgehen der Polizei gegen
sämtliche Mitfahrer der PKW's und verfügte die Einstellung der Verfahren, da
kein Tatverdacht vorgelegen hat.

Am 6.Juni 2007 waren 98 Personen auf der BAB vom Flughafen Laage nach
Rostock von der Polizei auf einen Parkplatz geleitet und dort festgenommen
worden. Der Vorwurf lautet, sie 98 Personen hätten mittäterschaftlich mit
insgesamt 23 Fahrzeugen versucht, eine Autobahn zu blockieren und sich damit
der "kollektiven Nötigung" und eines gefährlichen Eingriffs in den
Straßenverkehr schuldig gemacht. Alle Betroffenen waren mehr als 2 Stunden
gefesselt in einem Polizeikessel auf dem Parkplatz festgehalten und dann in
die Gefangenensammelstelle Industriestraße verbracht worden. Dort wurden sie
in Massenkäfigen verwahrt. Im Kessel und später in der
Gefangenensammelstelle war ihnen der Kontakt zu den AnwältInnen des
anwaltlichen Notdienstes verweigert worden. Erst kurz vor Mitternacht war
ein Teil der Betroffenen sukzessive entlassen worden, ohne dass sie einen
Richter sahen. Etwa 15 Personen wurden erst lange nach Mitternacht den
Eilrichtern vorgeführt, die dann die Freilassung verfügten, weil gegen alle
Betroffenen nichts vorlag.

Trotzdem leitete die mittlerweile aufgelöste Sonderpolizeibehörde Kavala -
entgegen einem Hinweis der Staatsanwaltschaft, dass jedenfalls gegen die
Beifahrer ein Straftatenvorwurf nicht erhoben werden kann - gegen alle
Betroffenen ein Ermittlungsverfahren ein. Die Staatsanwaltschaft verfügte
schon am 5. September 2007 die Einstellung des Verfahrens, ohne den
Betroffenen Mitteilung zu machen - diese hatten zum Teil noch gar nichts von
dem gegen sie gerichteten Ermittlungsverfahren erfahren.


Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft

Der Staatsanwalt führt in seiner Einstellungsverfügung dazu aus:

"Ein Blockieren dieser Autobahn ist bereits möglich, wenn nur zwei Fahrzeuge
ihre Geschwindigkeit bis zum Stillstand verringern...Nicht ermittelt worden
ist, warum aber genau 23 Fahrzeugführer aktiv an dem Abbremsen und dem
"Hindernis bereiten" beteiligt gewesen sein sollen.
Unverständlich... ist weiterhin, warum gegen 86 Fahrzeuginsassen
Strafanzeige wegen Mittäterschaft erstattet worden ist. Es heißt dazu in der
Strafanzeige lediglich, daß diese "durch ihre Passivität" das Handeln der
anderen Fahrzeugführer billigten."

Der Einstellungsvermerk führt weiter aus, dass eine Strafbarkeit wegen
gefährlichem Eingriffs in den Straßenverkehr nicht vorliegt, weil dieser
einen "verkehrsfremden Eingriff" erordert, nicht aber durch lediglich
verkehrswidriges Verhalten erfüllt werden kann. An einer Nötigung fehle es
schon deshalb, weil "demonstrative Blockaden" nur dann Nötigung darstellen
können, wenn Gewalt gegen Dritte ausgeübt wird. Die Ausübung von Zwang als
Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit für politische Ziele ist zwar im
einzelnen umstritten, setzt aber eine "Verwerflichkeit" im Verhältnis von
Zweck und Mittel voraus, die hier nicht ersichtlich war.

Der Staatsanwalt rügt ausdrücklich das pauschale Vorgehen ohne Ermittlungen
und hat daher die Einstellung aller Verfahren angeordnet.

Eine weitere schallende Ohrfeige für die Beamten von Kavala und den
Innenminister Caffier, der in seinen Abschlußberichten immer noch diese
Ermittlungsverfahren in seinen Statistiken zum Beweis der
"Gewaltbereitschaft" der Gipfelgegner aufführt.

Die Betroffenen verfolgen teilweise eigene Strafanzeigen wegen
Freiheitsberaubung gegen die Polizei weiter. Außerdem sind Verfahren vor dem
Amtsgericht Rostock, dem Landgericht Rostock und dem Verwaltungsgericht
Schwerin wegen nachträglicher Feststellung der Rechtswidrigkeit der
Freiheitsentziehung, der Fesselung und der Käfighaltung noch anhängig.


Kontakt:
Rechtsanwältin Ulrike Donat
Holstenstr. 194 c, 22765 Hamburg
040 - 39 10 61 80

und
Rechtsanwältin Karen Ullmann
Bergiussstr. 22,  22765 Hamburg
040 - 9999 3906
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