[imc-presse] [ Fwd: Protest gegen Hausdurchsuchungen/Recht auf Versammlungsfreiheit]

Anna anna at mail.nadir.org
Fri May 11 12:25:08 CEST 2007




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Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7 - 11, 50670 Köln,
Tel.: 0221 - 97269 -30, Fax: - 31
info at grundrechtekomitee.de; www.grundrechtekomitee.de

Köln, 10. Mai 2007

Pressemitteilung

Wider staatliche Repression –
für das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit

Die Kriminalisierung der KritikerInnen der von den G8-Repräsentanten und
wenigen Repräsen-tantinnen betriebenen Globalisierung hat schon früh
begonnen - und hat System. Deshalb warnen sowohl die OrganisatorInnen
des Protestes rund um Heiligendamm als auch weitere bürgerrechtlich
engagierte Organisationen schon seit Wochen und Monaten vor der
staatlichen Kriminalisierung des Protestes und einer inszenierten
Gewaltdebatte.

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie kündigte zu Beginn dieses
Jahres an, das politische und polizeiliche Vorgehen angesichts der zu
erwartenden Proteste zu beobachten und die Demonstrationen beobachtend
zu begleiten. Unsere langjährigen Erfahrungen mit demonst-rativen
Großereignissen ließen uns befürchten, dass erneut der
politisch-polizeilich-geheim-dienstliche Umgang mit den Protesten
grundrechtswidrig verlaufen würde.

Die Hausdurchsuchungen, die Mittwoch, 9.10.2007, in einer polizeilichen
Großaktion bei einem Teil der Organisatoren des
globalisierungskritischen Protestes durchgeführt wurden, setzen einen
ersten Höhepunkt unverhältnismäßiger staatlicher Repression. Die
Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit wurden auf diese
Weise massiv verletzt, der bundesrepub-likanischen Demokratie wurde
schwerer Schaden zugefügt.

Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz betreiben diese "Warnung" vor
terroristischen Straftaten und zugleich vor der Gewalt eines Teils der
GlobalisierungskritikerInnen von Anfang an. Auf der einen Seite wird
zugegeben, dass keine konkreten Hinweise auf die Planung von
(internationalen) Terrorakten vorliegen. Auf der anderen Seite sollen
einige Brandanschläge und Ähnliches zur Konstruktion einer
terroristischen Vereinigung herhalten. Diese Taten, die den Staat oder
eine internationale Organisation sicherlich nicht "erheblich schädige"
können, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen des § 129a StGB. Somit
ist die Grundlage für die Anwendung der erweiterten
Ermittlungsbefugnisse aus diesem Paragraphen noch nicht einmal gegeben -
eines Paragraphen, der grundrechtswidrig die Strafbarkeit vor
potentielle Handlungen vorverlagert. Die Grund- und Menschenrechte der
von den Hausdurchsuchungen Betroffenen, auch derjenigen, deren Daten auf
diese Weise in die Hände der Ordnungsmacht geraten sind, wurden jedoch
ganz real und massiv verletzt. Alle Erfahrungen zeigen, dass solchen
Ermittlungen nach §129 a in den allermeisten Fällen keine Anklagen
folgen.

Schon vor der Sicherheitskonferenz im Februar 2007 sind in München linke
Projekte, Betriebe und Privatwohnungen durchsucht worden. Auch hier
mussten schon Aufrufe zur Blockade des Flughafens Rostock-Lage im
Kontext des G8-Treffens zur Legitimation herhalten. Der Aufruf zu einer
friedlichen Sitzblockaden wurde damals zu einem Aufruf zur Stürmung des
Flughafens, somit zu einem Aufruf zu Straftaten, polizeilich und auch
amtsrichterlich uminterpretiert. Das Landgericht München konnte nur im
Nachhinein feststellen, dass diese Hausdurchsuchungen rechtswidrig
waren. Die Polizei hatte jedoch zunächst eine Menge Daten über
diejenigen gesammelt und ausgewertet, die die Proteste gegen die
Sicherheitskonferenz in München organisierten.

Die Warnungen vor gewaltbereiten Demonstrierenden wie auch die mit den
Hausdurchsuchun-gen manifestierte Kriminalisierung des Protestes
insgesamt zerstören das Vertrauen in die Möglichkeiten eines
konsequenten bürgerlichen Protestes. Schon im "Kavala-Report" (Ausgabe
1/2007) - dem "Magazin der BAO (Besondere Aufbauorganisation) Kavala zum
G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm" - werden in der Beschreibung des
Protestes der GlobalisierungskritikerInnen Blockadeaktionen mit
Sachbeschädigungen bis hin zu Brandstiftungen gleichgesetzt. Über die
Protestverläufe in Seattle und Genua wird berichtet, ohne die massive
direkte und strukturelle Gewalt der Polizei auch nur zu erwähnen.
Immerhin ist die Polizei wegen einem rechtswidrigen Polizeikessel in
Seattle zu Schadenersatz verurteilt worden und können die Schilderungen
der polizeilichen Gewalttaten in der Diaz-Schule von Genua jeden
Demokraten nur erschaudern lassen, nicht zu schweigen von dem belegten
Versuch Indizien  zu schmuggeln.

Wer nur in Sonntagsreden tönt, der friedliche Protest würde toleriert
und wäre "von den Sicherheitsmaßnahmen nicht berührt" (BKA-Präsident
Ziercke), den Protest aber zugleich kriminalisiert, hat das vom
Bundesverfassungsgericht weit ausgelegte Recht auf
Versammlungs-freiheit, an den von den Bürgern und Bürgerinnen selbst zu
wählenden Orten, nicht verstanden. Versammlungen "enthalten ein Stück
ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist,
den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu
bewahren". (Brokdorf-Beschluss) Die zu gewährende Sicherheit der
G8-PolitikerInnen kann nicht bedeuten, sie vor der Kritik der Bürger und
Bürgerinnen zu "schützen". Das stellte die Demokratie auf den Kopf.

Mit Überwachungen, Durchsuchungen, Meldeauflagen, Einreiseverboten,
Demonstrationen verbietenden Allgemeinverfügungen werden Formen
struktureller staatlicher Gewalt sichtbar. Die Bürger und Bürgerinnen
können wir nur aufrufen, sich nicht von ihrem Grundrecht auf
Versammlungs- und Meinungsfreiheit abhalten zu lassen. Grundrechte kann
man nur schützen und verteidigen, indem man sie in Anspruch nimmt. Das
Komitee für Grundrechte und Demokratie wird mit ca. 25 Demobeobachtern
und -beobachterinnen ab dem 2. Juni 2007 rund um Rostock und
Heiligendamm zugegen sein und das Vorgehen beobachten - zum Schutz der
Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

gez. Elke Steven

Elke Steven
Komitee für Grundrechte und Demokratie
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