[imc-presse] Pressemitteilung zu Berufsverbotsurteil

RAV Berlin RAVeV at t-online.de
Fri Aug 3 13:33:40 CEST 2007


Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4
10405 Berlin
Tel.: 030-41723555
Fax: 030-41723557

GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG DES REPUBLIKANISCHEN ANWÄLTINNEN- UND
ANWALTSVEREINS UND DES KOMITEE FÜR GRUNDRECHTE UND DEMOKRATIE UND DER
INTERNATIONALEN LIGA FÜR MENSCHENRECHTE

Köln, 2. August 2007

Dieses Berufsverbot ist verfassungswidrig!  

Nach der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg über das Berufsverbot für
den Real-schullehrer Michael Csaszkóczy im März 2007 musste heute, 2. August
2007, das Verwal-tungsgericht Darmstadt über die Klage von Herrn Csaszkóczys
gegen die Ablehnung seines Antrags auf Einstellung in den Schuldienst durch
das Land Hessen entscheiden. Deutlicher hätte der 1. Senat des VG Darmstadt
kaum zum Ausdruck bringen können, was er von den Bescheiden des
Oberschulamtes hält: Sie waren aufzuheben. Nicht nur, weil es an den
Erfordernissen einer zureichenden Entscheidungsgrundlage fehlte, sondern
auch, weil die vorgetragene Begründung einer Verfassungsprüfung nicht
standhält. Gemäß Art. 33 GG (2) hat jeder Deutsche "nach seiner Eignung,
Befähigung und fachlichen Leistung Zugang zu jedem öffentlichen Amte".
Dieser muss gemäß Abs. 3 unabhängig von Bekenntnis oder Welt-anschauung
gewährt werden. Elke Steven (Komitee für Grundrechte und Demokratie), die
den Prozess auch im Namen des Republikanischen Anwältinnen- und
Anwältevereins (RAV) und der Internationalen Liga für Menschenrechte
beobachtet hat, berichtet: Das VG Darmstadt hat versucht, es dem
Kultusministerium schwer zu machen, mit neuen Bescheiden die Einstellung
weiterhin zu verhindern. Es hat mit guten Gründen die Verfassungsmäßigkeit
in Zweifel gezogen und dem Kultusministerium die eindeutige Anweisung
gegeben, in einer in seinem Organisationsermessensspielraum stehenden
Neuentscheidung die alten Gründe nicht wiederum einzuführen. Die Vorsitzende
Richterin Wolski betonte, nur neue Gründe könnten die Ablehnung des Antrags
auf Einstellung begründen. Berufung wollte sie nicht zulassen. 

Das, was der Vertreter des Kultusministeriums an diesem Vormittag
vorbrachte, war nicht nur dünn, es ließ in manchen Begründungsschlingen an
der Verfassungstreue dieses Ministeriums zweifeln. Die sich auf die
Beurteilungen aus Baden-Württemberg stützende Begründung bleibt mangels
eigener Erkenntnisse bei einer mit nichts konkretisierten Feststellung der
verfassungswidrigen Gesinnung. Michael Csaszkóczy sei Mitglied der
"Antifaschistischen Initiative Heidelberg" (AI HD) und der
"linksextremistischen Szene", folglich Verfassungs-feind. Da die Szene keine
Mitgliedschaften kennt und die Nähe zur AI HD schon mehrfach nicht in Abrede
gestellt wurde, bleibt nur die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer
regionalen Gruppe durch das Kultusministerium Hessens. Im
Baden-Württembergischen Verfassungsschutzbericht wird die Initiative seit
2004 nicht mehr erwähnt. Mit festsitzenden Scheuklappen blickt das
Kultusministerium auf eine Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung vom
27.11.1980 und interpretiert diese einseitig: die Mitgliedschaft in oder
Zugehörigkeit zu einer (missliebigen) Organisation reicht für den Zweifel an
der Verfassungstreue. Ein Nachweis einer entsprechenden Betätigung sei nicht
notwendig. Deshalb käme es auch nicht darauf an, was der Lehrer in spe
selbst gesagt und getan hätte, sondern auf die durch das Ministerium
erkannte Gesinnung, die sich nicht in Taten äußern müsse. Spätere
Entscheidungen des EUGH wie auch die aktuelle des VGH Baden-Württemberg
werden ignoriert. Als Belege seiner verfassungsfeindlichen Nähe zur AI HD
wird noch angeführt, dass er auch aktuell dort noch als "Genosse"
angesprochen würde. Des weiteren wird die allgemeine Arbeitsbeschreibung der
AI HD auch hier der Person direkt zugerechnet und angeführt, dass die AI HD
nicht auf den parlamentarischen Weg vertrauen will, sondern
"parteiunabhängig und basisdemokratisch in der außerparlamentarischen
Opposition" arbeiten will. Des weiteren ging es auch diesmal um den schon
mehrfach diskutierten Militanzbegriff. Der Definition durch den Duden, auf
die sich M.C. bezieht, hielt der Vertreter des Kultusministeriums die
Aufzählungen im Internetforum Wikipedia entgegen. Auf den Einzelfall, auf
die konkreten Aussagen der anzuhörenden Person kam es wiederum nicht an.
Bleibt neben der Freude über das Urteil die Frage, wie der politische Druck
auf die Kultusministerien so zu erhöhen ist, dass auch sie sich endlich an
Recht und Gesetz gebunden fühlen und nicht länger mit der Lebensplanung
eines Bürgers spielen.  

Kontaktmöglichkeiten und Infos: Dr. Elke Steven, (s.o.), 0177 - 7621303
www.gegen-berufsverbote.de; www.grundrechtekomitee.de, www.rav.de,
www.ilmr.de <http://www.ilmr.de>; www.gew-bw.de/Berufsverbot.html  

Elke Steven 
Komitee für Grundrechte und Demokratie 
Aquinostr. 7 - 11, 50670 Köln 
Tel.: 0221 - 97269 -30, Fax: - 31   


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