[Pressemitteilung] Grenzverbote für GipfelgegnerInnen / Rechtshilfebericht NATO-Gipfel

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Do Apr 2 08:58:00 CEST 2009


Autonome Antifa Freiburg
c/o Infoladen KTS
Basler Straße 103
79100 Freiburg
freiburg at autonome-antifa.org

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir senden Ihnen mit dieser Mail unser Communiqué zur Repression im Vorfeld 
des NATO-Gipfels und den Rechtshilfebericht vom 01.04.2009 des Legal Teams 
Freiburg.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen unter der Telefonnummer 0176/85122481 oder per 
Mail zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Autonome Antifa Freiburg

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Grenzverbote für GipfelgegnerInnen

Communiqué vom 02.04.2009

Vor dem NATO-Gipfel in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden wurden an der 
deutsch-französischen Grenze wieder Kontrollen eingeführt. Das Schengener 
Abkommen wurde außer Kraft gesetzt, was nach Artikel 23 der Verordnung Nr. 
562/2006 nur „im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen 
Ordnung oder inneren Sicherheit“ möglich ist. Dutzenden aus Deutschland 
anreisenden DemonstrantInnen wurde am 1. April der Grenzübertritt nach 
Frankreich, Luxemburg und in die Schweiz verwehrt. Die deutschen 
Ausreiseverbote gelten bis zum 5. April um 24 Uhr und sind nach §10 Abs. 1 S. 
2 PassG strafbewehrt mit bis zu einem Jahr Haft, die französischen Behörden 
verhängen Einreiseverbote.

Begründet wurden die Ausreiseverbote von der Bundespolizeidirektion Stuttgart 
mit „sonstigen erheblichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland“: 
„Aufgrund dieser gesicherten Gesamtumstände liegen Tatsachen vor, die die 
Annahme rechtfertigen, dass Sie bei Ihrem geplanten Aufenthalt in Frankreich, 
insbesondere bei der Teilnahme an den Demonstrationen in Straßburg am 
03/04.04.2009, zu gewalttätigen Ausschreitungen aufrufen und sich aktiv 
beteiligen werden. Die von Ihnen geplanten gewalttätigen Handlungen in 
Frankreich sind geeignet, dem internationalen Ansehen der Bundesrepublik 
Deutschland in der Staatengemeinschaft erheblich zu schaden. Denn über solche 
Handlungen, die massive Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen 
darstellen, wird auch in den ausländischen Medien berichtet.“ Am 
deutsch-französischen Grenzübergang Breisach hieß es wörtlich: „Wir halten 
das für erforderlich, weil sie in unseren Augen eine tatsächliche Gefahr für 
die Bundesrepublik Deutschland darstellen, für das Ansehen dort.“

Konkret wurden die Verbote meist mit Einträgen in internationalen 
polizeilichen Datenbanken begründet, obwohl ein Großteil der betroffenen 
Personen bisher nicht von einem Gericht verurteilt wurde. Eine Vorstrafe 
wegen Diebstahls eine Fahrrades im Alter von 14 Jahren oder das Mitführen 
eines schwarzen Kapuzenpullovers reichten als Begründung ebenso aus wie das 
Reisen mit „linken Militanten“ oder ein Eintrag als „linker Anarchist“. Die 
Politik der deutschen Polizei erinnert fatal an das Vorgehen gegen die 
„ultra-gauche anarcho-autonome“ in Frankreich. Mit haltlosen Unterstellungen 
versuchen die Behörden diesseits wie jenseits des Rheins politisches 
Engagement zu kriminalisieren.

Nach den Grenzverboten kamen am 1. April etliche Linke in die KTS Freiburg. 
Das Autonome Zentrum stand vom 25. bis zum 31. März als Convergence Center 
gegen den NATO-Gipfel zur Verfügung. Die antimilitaristische Demonstration am 
30. März mit über 2.000 TeilnehmerInnen wurde nach einer beispiellosen Hetze 
von Polizei und BILD-Zeitung mit dem größte Polizeieinsatz in Freiburg seit 
30 Jahren konfrontiert und war als Höhepunkt der Anti-NATO-Aktivitäten in 
Freiburg geplant. Nun kann die KTS kaum noch weitere abgewiesene 
DemonstrantInnen beherbergen, so dass sich bei einer Fortsetzung der 
momentanen Politik die Frage einer Besetzung im Freiburger Stadtgebiet 
stellt. Noch mobilisieren wir nach Strasbourg, denn wir wollen den 
Verantwortlichen der NATO dort begegnen, wo sie ihre Kriegspolitik feiern.

Wir betreten feuertrunken, jetzt erst recht, dein Heiligtum!

Autonome Antifa Freiburg


Dieses Communiqué online:
http://www.autonome-antifa.org/spip.php?page=antifa&id_rubrique=1&design=2
http://linksunten.indymedia.org/de/node/2385

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Mittwoch, 01.04.09

Den ganzen Mittwoch über verweigerten deutsche und französische 
Polizeibeamt_innen an den Grenzübergängen Aktivist_innen die Ausreise aus 
Deutschland bzw. die Einreise nach Frankreich, einige Personen wurden in 
Gewahrsam genommen. Zur Begründung der "Ausreiseuntersagung gegenüber 
deutschen Staatsangehörigen" wurde mündlich oder schriftlich auf 
eine "Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik 
Deutschland" verwiesen - die Demonstrant_innen würden das Ansehen der BRD im 
Ausland gefährden. Diese Gefahr erkannten die Beamt_innen beispielsweise in 
dunkler Kleidung, Flugblättern oder angeblichen Vorstrafen.
Dem Legal Team wurden im Verlauf des 1. April 23 Ausreiseverbote durch 
deutsche und neun Einreiseverbote durch französische Polizeibeamt_innen 
gemeldet. Das Anwält_innenteam geht demgegenüber von mindestens 35 bis 40 
Ausreiseverboten aus. Allerdings betonen beide Stellen, dass die Dunkelziffer 
wohl bedeutend höher liege. Die Jurist_innen haben am Mittwoch Abend bei der 
Polizeidirektion Stuttgart einen Widerspruch eingelegt, sowie beim 
Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz 
gestellt. Die Entscheidungen über die Ausreiseverbote, die sich auf die 
Grenzen zu Frankreich, Luxemburg und der Schweiz erstrecken, werden für 
Donnerstag Morgen erwartet.
Die insgesamt zehn in Unterbindungs- bzw. Dauergewahrsam genommenen 
Aktivist_innen wurden nach einer Intervention des Anwält_innenteams am späten 
Abend aus der Gefangenensammelstelle Kehl entlassen.

Legal Team Freiburg


Tägliche Berichte online unter:
http://linksunten.indymedia.org/de/node/1800

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