[imc-presse] [attac-d-presse] Gemeinnützigkeit: Finanzministerium muss Attac umfassende Akteneinsicht gewähren
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Thu Aug 28 10:00:15 CEST 2025
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Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 28. August 2025
*Gemeinnützigkeit: Finanzministerium muss Attac umfassende Akteneinsicht
gewähren*
*Bundesverwaltungsgericht weist Revision zurück / Ministerium muss
weitere Dokumente herausgeben *
Mehr als zehn Jahre nach der Aberkennung seiner Gemeinnützigkeit hat
Attac den Rechtsstreit um Transparenz in dem Verfahren in letzter
Instanz weitestgehend gewonnen: Das Bundesverwaltungsgericht hat die
Revision gegen das für Attac günstige Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Berlin-Brandenburg vom April 2024 zurückgewiesen. Damit steht endgültig
fest: Das Bundesfinanzministerium (BFM) muss dem Netzwerk für globale
Gerechtigkeit weitere Dokumente übergeben, in denen es um den „Fall
Attac“ geht.
Besonders interessant unter den Dokumenten, in die das
Bundesfinanzministerium Attac nun Einblick gewähren muss, sind
sogenannte Sprechzettel, die darüber Aufschluss geben, wie
Vertreter*innen des Ministeriums die Bundestagsabgeordneten etwa im
Haushaltsausschuss über den Fall Attac informierten. Auch den
Protokollentwurf einer Sitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses, in
der der „Fall Attac“ besprochen wurde, muss es herausgeben. Das BMF
hielt diese bisher mit Verweis auf die Geschäftsordnung des Bundestages
zurück. Für die Richter*innen aller Instanzen hingegen ist klar, dass
das Recht auf Informationsfreiheit höher wiegt als eine Geschäftsordnung.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs 2019, in dem dieser Attac die
Gemeinnützigkeit absprach, hatte das Netzwerk Akteneinsicht beantragt.
Attac wollte unter anderem Aufschluss über die Kommunikation zwischen
dem für den „Fall Attac“ zuständigen Mitarbeiter im
Bundesfinanzministerium und dem damaligen Präsidenten des
Bundesfinanzhofs erhalten. Beide Männer sitzen gemeinsam im Vorstand des
wirtschaftsnahen Lobbyvereins „Institut für Steuern und Finanzen“.
Doch das Bundesfinanzministerium verweigerte die Herausgabe der Akten.
Erst als Attac klagte, gab das BMF 2021 einige Schriftstücke heraus.
Zentrale Dokumente blieben jedoch unkenntlich gemacht. Der Rechtsstreit
zog sich vier Jahre lang durch alle Instanzen. Mit der nun getroffenen
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, eine Revision nicht
zuzulassen, hat Attac die Auseinandersetzung endgültig gewonnen.
„All die Jahre lang hat das BMF versucht, seinen Einfluss auf den ‚Fall
Attac‘ und dessen verheerende Konsequenzen für die gesamte
Zivilgesellschaft herunterzuspielen. Heute ist klar erkennbar: Die
Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Attac war der Grundstein, auf dem
die aktuelle, extrem rechte Hetzkampagne gegen NGOs aufbaut“, sagt
Frauke Distelrath, Geschäftsführerin von Attac. „Wir werden die
Dokumente, sobald wir sie haben, in Ruhe auswerten und uns selbst ein
Bild davon machen, welche Rolle das Finanzministerium beim Entzug
unserer Gemeinnützigkeit spielte – wissend, dass es damit einen
Präzedenzfall schafft, der die gesamte demokratische Zivilgesellschaft
gefährdet.“
*/Der „Fall Attac“ – Hintergrund:/*
/Mit seinem Bescheid vom 14. April 2014 aberkannte das Finanzamt
Frankfurt Attac die Gemeinnützigkeit mit der Begründung, das Netzwerk
agiere zu politisch. Insbesondere der Einsatz für eine Regulierung der
Finanzmärkte, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder einer
Vermögensabgabe sei nicht gemeinnützig, hieß es in dem Schreiben.
Eine erste Klage von Attac vor dem Finanzgericht Kassel im Jahr 2016 war
erfolgreich. Als das Finanzamt die Sache daraufhin auf sich beruhen
lassen wollte, schaltete sich das damals von Wolfgang Schäuble geführte
Bundesfinanzministerium wies das Frankfurter Finanzamt an, Revision vor
dem Bundesfinanzhof (BFH) beantragen. Dieser hob in seinem viel
kritisierten „Attac-Urteil“ vom Februar 2019 das Urteil der ersten
Instanz auf. Dabei steckte der BFH den Rahmen für politisches Engagement
von gemeinnützigen Organisationen äußerst eng. Diesem Urteil des BFH
folgend mussten die Richter*innen der ersten Instanz die Klage von Attac
erneut verhandeln und gegen ihre eigene Überzeugung ablehnen. So
kritisierte der Vorsitzende Richter in Kassel, das Urteil des
Bundesfinanzhofs sei „mit heißer Nadel gestrickt“.
Die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit von Attac hat Bedeutung
für die gesamte Zivilgesellschaft. Bereits wenige Wochen nach dem
BFH-Urteil im Februar 2019 entzogen Finanzämter weiteren Organisationen
die Gemeinnützigkeit. Und auch Vereine, die es nicht getroffen hat,
wagen seither weniger, sich politisch einzumischen. Das Urteil des BFH
hat das Thema Gemeinnützigkeit auch auf die Agenda der politischen
Parteien gesetzt. So hatte die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag
vereinbart, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren, um
Rechtssicherheit zu schaffen. Dieses Versprechen hat sie jedoch nicht
erfüllt. Von der schwarz-roten Koalition ist eine Modernisierung des
Gemeinnützigkeitsrechts ebenfalls kaum zu erwarten.
Attac hat im März 2021 Verfassungsbeschwerde gegen die Aberkennung
seiner Gemeinnützigkeit eingelegt. Die Verhandlung darüber steht noch aus.
Als Teil der von Attac mitgegründeten Allianz „Rechtssicherheit für
politische Willensbildung“ setzt sich das Netzwerk zudem für ein
modernes Gemeinnützigkeitsrecht ein, das demokratisches
zivilgesellschaftliches Engagement fördert, statt es zu behindern./
*Für Rückfragen:*
* Frauke Distelrath, Attac-Geschäftsführerin, +49152 28482449
* Dirk Friedrichs, Attac-Vertreter im Gerichtsverfahren, +491773276659
*Weitere Informationen:*
* Pressemitteilung zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Berlin-Brandenburg (April 2024):
https://link.attac.de/berufung-akteneinsicht
* Attac-Webseite zur Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit:
http://www.attac.de/kampagnen/gemeinnuetzigkeit
--
Lena Zoll
Pressesprecherin
Attac Deutschland
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Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt a.M.
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Tel. 01623448009
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