[imc-presse] PM: AKP setzt kurdischen Bürgermeister ab - Hakkari unter Zwangsverwaltung gestellt
Civaka Azad
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Tue Jun 4 08:49:03 CEST 2024
*AKP setzt kurdischen Bürgermeister ab - Hakkari unter Zwangsverwaltung
gestellt *
Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für
Öffentlichkeitsarbeit, 04.06.2024
/Die türkische Regierung hat den Ko-Bürgermeister von Colemêrg (tr.
Hakkari), Mehmet Sıddık Akış, abgesetzt und durch einen Zwangsverwalter
ersetzt. Die DEM-Partei verurteilt das Vorgehen gegen ihren
Bürgermeister als neuerlichen Putsch gegen den Wählerwillen und kündigt
Proteste an./
Die türkische Regierung hat den Ko-Bürgermeister von Colemêrg, Mehmet
Sıddık Akış, des Amtes enthoben und durch einen Zwangsverwalter ersetzt.
Das Innenministerium begründet diesen Schritt damit, dass gegen den
DEM-Politiker unter Terrorverdacht ermittelt werde. Ein Prozess wegen
vermeintlicher Mitgliedschaft in einer „Terrororganisation“ sowie
„Terrorpropaganda“ gegen den 54-Jährigen ist seit 2014 anhängig. Nun
gaben die Behörden bekannt, dass ein neues Verfahren gegen Akış
eingeleitet worden sei – ebenfalls wegen der Anschuldigung, der
Politiker gehöre einer terroristischen Vereinigung an. Dies sei auch der
Grund für die Festnahme des Politikers. Akış wurde am Morgen im
benachbarten Wan festgenommen worden. Das Rathaus von Colemêrg war
jedoch bereits seit Sonntagabend von einem Großaufgebot der Polizei
belagert worden.
Die DEM-Spitze reagierte wütend. Die stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Gülistan Kılıç-Koçyiğit sagte auf einer
Pressekonferenz in der Parteizentrale in Ankara, die Begründung für die
Zwangsverwaltung sei vollkommen erfunden. „Wir haben es mit einem
neuerlichen Putsch gegen den Willen des Volkes zu tun. Es liegt keine
juristische Legitimation für dieses Vorgehen vor. Das ist ein Angriff
auf die Demokratie.“ Kılıç-Koçyiğit teilte zudem mit, dass von heute an
vor jedem von der DEM regierten Rathaus sogenannte Gerechtigkeitswachen
gegen die Usurpation des Bürgermeisteramtes in Colemêrg stattfinden sollen.
Auch die türkische Oppositionspartei CHP kritisierte die Entscheidung
des Innenministers. Ihr Vorsitzender Özgür Özel wertete den Vorgang als
„Angriff auf die Demokratie“ und forderte eine sofortige Rücknahme der
Entscheidung. Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem Imamoğlu verurteilte die
Absetzung Akışs ebenfalls und kritisierte, dass die Praxis der
Zwangsverwaltung ein Todesstoß für politische Selbstverwaltung sei und
den Glauben der Menschen in die lokale Demokratie zerstöre.
Parteisprecher Deniz Yücel bezeichnete den Schritt als „deutliches
Zeichen der Weigerung der Regierung, sich dem Willen des Volkes zu fügen“.
*Dritter Putsch gegen kurdische Kommunalpolitik*
Der DEM-Politiker Mehmet Sıddık Akış war bei den Kommunalwahlen in der
Türkei am 31. März trotz massiven Betrugsversuchen und des Einsatzes
tausender Soldaten als „Geisterwähler“ in Colemêrg mit 48,92 Prozent zum
Ko-Bürgermeister gewählt worden. Dass er nun festgenommen und abgesetzt
wurde, rufen Erinnerungen an den letzten Kommunalputsch des
AKP/MHP-Regimes nach den Wahlen 2019 ins Gedächtnis. Damals waren nahezu
alle von der DEM-Vorgängerin HDP regierten Rathäuser unter
Zwangsverwaltung gestellt worden, zahlreiche Bürgermeisterinnen und
Bürgermeister landeten im Gefängnis. Nach den diesjährigen Wahlen hatte
die AKP ähnliches in Wan versucht, indem dort dem Wahlsieger der
DEM-Partei die Bürgerrechte entzogen wurden und der unterlegene Kandidat
der AKP das Amt übernehmen sollte. Dies scheiterte jedoch an einem
massiven Aufstand der Bevölkerung. Die Menschen sind offensichtlich
nicht mehr bereit, solche Schritte des Regimes zu tolerieren. In
kurdischen Städten und Gemeinden wurden erstmalig 2016 Zwangsverwalter
eingesetzt.
*Proteste gegen Wahlputsch in Colemêrg*
Nach der Festnahme und Absetzung des Ko-Bürgermeisters von Colemêrg (tr.
Hakkari) hat es in der kurdischen Provinz und anderen Regionen des
Landes wütende Proteste gegeben. In Colemêrg selbst zogen
Parlamentsabgeordnete und Verantwortliche der DEM-Partei gemeinsam mit
zahlreichen Bewohner:innen sowie Aktiven und Handelnden aus der
Zivilgesellschaft mit einem Sternmarsch durch die Stadt, um den „Putsch
gegen das Wahlrecht“ anzuprangern und die türkische Regierung zur
Rücknahme der Entscheidung aufzufordern. Mehmet Sıddık Akış, der
abgesetzte Bürgermeister der DEM, „ist unser politischer Wille“, hallte
es in Sprechchören durch Colemêrg. „Wir werden nicht zulassen, dass der
Staat das Treuhänderregime erneut gegen die kommunale kurdische Politik
als Waffe einsetzt“, sagte der Parlamentarier Onur Düşünmez. Er kündigte
eine größere Demonstration für den Abend an, zu der auch die
DBP-Vorsitzenden Çiğdem Kılıçgün Uçar und Keskin Bayındır sowie weitere
Abgeordnete aus Ankara erwartet werden.
/Für weitere Informationen und Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur
Verfügung./
Mit freundlichen Grüßen
Mako Qocgiri
--
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