[imc-presse] Gemeinsame Pressemitteilung von Pro Asyl und RAV_Fluchtwege nicht weiter einschränken!
RAV e.V.
gs at rav.de
Fri Sep 30 16:20:17 CEST 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
anbei und folgend eine gemeinsame Pressemitteilung von Pro Asyl und RAV
in der gefordert wird, *Kriegsgegner*innen in Russland jetzt und ohne
Ausreden Schutz zu gewähren.
*https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/fluchtwege-nicht-weiter-einschraenkenkommission-verschaerft-lage-fuer-aus-russland-fliehende-menschen-887*
*
Für Rückfragen stehen Rechtsanwältin Berenice Böhlo, Tel. 030-24 72 40
90 oder Rechtsanwalt Matthias Lehnert, Tel. 030-25 29 87 77 zur Verfügung.
Wir bitten um Berücksichtigung der PM in und mit Ihren Medien.
Mit freundlichen Grüßen
Sigrid v. Klinggräff
RAV-Geschäftsstelle
******************************
*Fluchtwege nicht weiter einschränken!*
*Kommission verschärft Lage für aus Russland fliehende Menschen*
In einer Pressekonferenz am Freitag kündigt Kommissarin Ylva Johansson
neue Verschärfungen für die Einreise von russischen Staatsangehörigen
an. Insbesondere sollen Mitgliedstaaten laut dem neuen Leitfaden der
Kommission weiterhin keine Visumsanträge von Russ*innen annehmen, die
bereits in einen Drittstaat geflüchtet sind. Damit verlangt die
Kommission, dass die Menschen in Russland in der Falle warten sollen bis
über einen Visumsantrag entschieden ist, kritisieren PRO ASYL und der
Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein.
Während Johansson mehrfach in der Pressekonferenz wiederholt, dass der
neue Leitfaden nicht das Recht auf Asyl beeinträchtigt, so geht dies am
Kern des Problems vorbei. Wenn kein Zugang zur EU besteht, dann können
Kriegsdienstverweiger*innen, Oppositionelle oder Journalist*innen auch
keinen Asylantrag stellen.
Viele Kriegsgegner*innen scheitern bislang an einer Flucht. Die Hürden,
um Schutz in Deutschland und Europa zu bekommen, sind hoch. In einer
gemeinsamen Stellungnahme fordern die Organisationen deswegen
tatsächliche Fluchtwege und Schutz der Menschen, die sich dem
verbrecherischen Regime und Krieg entziehen wollen:
*Lasst sie rein! Für ein Recht zu kommen und zu bleiben.**
**Den Kriegsgegner*innen in Russland muss jetzt und ohne Ausreden Schutz
gewährt werden!*
*Gegenwärtig gilt:* Die restriktive und langwierige Praxis der
Visavergabe an deutschen Botschaften und Konsulaten verhindert die
legale Einreise. Die, die es bis nach Deutschland schaffen, sind im
Rahmen des Dublin-Verfahrens von Verzögerung und Abschiebung in
europäische Nachbarstaaten bedroht. Die Asylverfahren dauern zu lange.
Die aktuelle Verfolgungsgefahr in der Russischen Föderation wird zudem
vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bislang regelmäßig verkannt.
*Wir fordern: Handelt jetzt!*
Es darf kein zweites Afghanistan geben, kein erneutes Versagen der
bundesdeutschen und europäischen Asyl- und Aufnahmepolitik. Es ist
dringend notwendig, entschlossen zu handeln und russischen
Kriegsdienstverweigerern, Deserteuren und Menschen, die gegen den Krieg
sind, jetzt Schutz zu bieten, wie es auch bei Ukrainer*innen geschehen ist.
Die Bundesregierung muss entsprechend ihrer humanitären Verantwortung
und den menschenrechtlichen Verpflichtungen handeln. Den Ankündigungen
von Regierungsmitgliedern, denen Schutz zu gewähren, die sich dem Krieg
entgegenstellen, müssen effektive Taten folgen.
Effektiver Schutz bedeutet zum einen: Das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge muss sich im Hinblick auf die am 22. September 2022 von
Putin erklärte Teilmobilmachung positionieren und seine
Anerkennungspraxis transparent machen.
Damit der Umgang mit schutzsuchenden Menschen in und aus Russland nicht
zu einem weiteren Versagen führt, braucht es jetzt eine effektive und
unbürokratische Praxis in den Botschaften und Konsulaten ebenso wie im
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Deutschland kann nicht auf eine
europäische Lösung warten, sondern muss voranschreiten.
*Wir rufen in Erinnerung*: Ein Recht auf Schutz besteht nicht erst dann,
wenn Verfolgung bereits erfolgt ist. Das Recht auf Schutz bedeutet, sich
vor dem Erleiden von Verfolgung in Sicherheit zu bringen. Schutz
benötigen all diejenigen, die gegen den Krieg und somit aus Sicht des
russischen Regimes Feind*innen sind.
*Gleichzeitig gilt:* Eine Flüchtlingspolitik, die sich an den
kurzfristigen Aufmerksamkeitsspannen für Krisensituationen orientiert,
ist abzulehnen. Tagtäglich sterben Flüchtlinge oder verzweifeln auf der
Balkan-Route, an der belarussisch-polnischen Grenze, in griechischen
Flüchtlingslagern oder in den libyschen Folterlagern. Push-Backs
erfolgen systematisch mit dem Wissen und der Zustimmung, zumindest aber
dem tatenlosen Zuschauen aller europäischen Regierungen.
*Wir fordern:* Flüchtlinge müssen Zugang zum Recht auf Schutz haben. Die
Verletzung dieses flüchtlingspolitischen Grundsatzes muss umgehend
beendet werden.
*Wir fordern von der Bundesregierung und den Landesregierungen:*
* Eine umgehende Weisung, wonach jede deutsche Auslandsvertretung zur
Annahme von Visaanträgen zuständig ist und diese umgehend und
prioritär zu bearbeiten sind; einschließlich einer sofortigen
Aufstockung der personellen und sachlichen Ressourcen an den
Botschaften insbesondere der Nachbarstaaten Russlands und der Türkei
sowie Armenien;
* Die schnelle Erteilung von humanitären Visa für alle gefährdeten
Menschen in geregelten Verfahren;
* Die Aussetzung der Dublin-Verfahren;
* Die Aufnahme von Schutzsuchenden aus den Nachbarstaaten;
* Einen sofortigen und von der IMK und dem BMI zu beschließenden,
unbefristeten Abschiebestopp für die Russische Föderation, Georgien
und Moldawien;
* Grundsätzlich formelle Abschiebestopps in akute Krisengebiete wie
derzeit den Iran und Irak.
Pressekontakt: Rechtsanwältin Berenice Böhlo, Tel. 030-24 72 40 90
Frankfurt, Berlin, 30.9.22
--
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
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