[imc-presse] [attac-d-presse] Gemeinnützigkeit: Attac-Klage auf Akteneinsicht vor Gericht

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Wed Nov 23 11:15:44 CET 2022


Pressemitteilung als PDF: https://link.attac.de/akteneinsichtsklage

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Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 23. November 2022


      Gemeinnützigkeit: Attac-Klage auf Akteneinsicht vor Gericht

*Wie viel Einfluss nahm das Bundesfinanzministerium auf die Entscheidung 
des BFH gegen Attac? / Verhandlung am 13. Dezember in Berlin*


Attac kämpft weiter um Transparenz im Verfahren über die Aberkennung 
seiner Gemeinnützigkeit: Am 13. Dezember wird die 
Informationsfreiheitsklage des globalisierungskritischen Netzwerks gegen 
das Bundesfinanzministerium (BMF) vor dem Verwaltungsgericht Berlin 
verhandelt. Das Ministerium verweigert die Herausgabe von Dokumenten, 
die Aufschluss über die Kommunikation mit dem verfahrensführenden 
Bundesfinanzhof (BFH) geben.

„Die Weigerung des Bundesfinanzministeriums, zentrale Teile seiner 
Kommunikation in der Causa Attac offenzulegen, erhärtet den Verdacht, 
dass es sich bei dem Urteil des Bundesfinanzhofs um ein politisch 
beeinflusstes Urteil handelt. Wir fordern vollständige Aufklärung und 
werden deshalb um die Freigabe jedes einzelnen Dokuments kämpfen“, sagt 
Maria Wahle vom Vorstand des Attac-Trägervereins.

*Enge personelle Verflechtungen zwischen Ministerium und BFH*

Zu dem unguten Eindruck, das 2019 ergangene Urteil des BFH gegen Attac 
sei politisch motiviert gewesen, tragen personelle Verflechtungen 
zwischen dem obersten Finanzgericht und dem Bundesfinanzministerium bei. 
Der damalige BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff und der für den „Fall 
Attac“ zuständige Abteilungsleiter im BMF Rolf Möhlenbrock – beide 
zentrale Akteure bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Attac – 
sitzen seit langem gemeinsam im Vorstand des wirtschaftsnahen 
Lobbyvereins „Institut für Steuern und Finanzen. Der von Unternehmen und 
Wirtschaftsverbänden gegründete Verein tritt für die Senkung von 
Unternehmenssteuern ein, also das Gegenteil dessen, wofür sich Attac 
engagiert. Im Gegensatz zu Attac gilt das Institut jedoch weiterhin als 
gemeinnützig.

*BFH-Präsident schickt Attac-Urteil „vertraulich“ an Vereinsfreund im 
Ministerium*

In Reaktion auf die Klage von Attac gab das Bundesfinanzministerium im 
November 2021 einen Teil seiner Akten zum Thema „Gemeinnützigkeit von 
Attac“ frei. Etwa ein Sechstel der Unterlagen blieb jedoch geschwärzt. 
Doch auch die bereits zugänglich gemachten Dokumente bestätigen die Nähe 
zwischen Mellinghoff und Möhlenbrock: Wie aus den Akten hervorgeht, ließ 
der damalige BFH-Präsident seinem Vereinsfreund im Ministerium das gegen 
Attac gerichtete Urteil des BFH bereits am Vortag der Veröffentlichung 
zukommen – versehen mit den handschriftlichen Vermerken „vertraulich“ 
und „persönlich“. Attac dagegen erhielt das Urteil erst zehn Minuten vor 
Beginn der Jahrespressekonferenz des BFH am 26. Februar 2019. Bei dieser 
trat Mellinghoff persönlich vor die Presse und begründete ausführlich, 
warum Attac angeblich nicht gemeinnützig sein könne. Er betonte dabei 
insbesondere, Attac mangele es auf dem Feld der politischen Bildung an 
"geistiger Offenheit“.

Maria Wahle: „Wir dagegen fragen uns, ob die Auseinandersetzung um die 
Gemeinnützigkeit von Attac in BMF und BFH in der gebotenen geistigen 
Offenheit erfolgte. Die persönliche und politische Nähe zwischen 
Mellinghoff und Möhlenbrock gepaart mit der offenkundigen 
Ungleichbehandlung beider Prozessparteien hat mehr als ein Geschmäckle.“

_*Hintergrund*_

Nachdem 2014 das Finanzamt Frankfurt Attac die Gemeinnützigkeit 
aberkannt hatte, war eine erste Klage dagegen vor dem Finanzgericht 
Kassel erfolgreich. Doch in der Revision, die das Finanzamt Frankfurt 
auf Weisung des BMF einlegte, hob der BFH das Urteil auf und steckte 
dabei den Rahmen für politisches Engagement von gemeinnützigen 
Organisationen äußerst eng. Diesem Urteil folgend mussten die 
Richter*innen der ersten Instanz die Klage von Attac gegen ihre eigene 
Überzeugung ablehnen. So kritisierte der Vorsitzende Richter in Kassel, 
das Urteil des Bundesfinanzhofs sei „mit heißer Nadel gestrickt“.

Die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit von Attac hat Bedeutung 
für die gesamte Zivilgesellschaft. Bereits wenige Wochen nach dem 
BFH-Urteil im Februar 2019 entzogen Finanzämter weiteren Organisationen 
die Gemeinnützigkeit.

Durch den Entzug der Gemeinnützigkeit dürfen Mitglieder und 
Unterstützer*innen von Attac ihre Beiträge und Spenden nicht mehr von 
der Steuer absetzen. Stiftungen und andere Institutionen können Projekte 
von Attac nicht mehr fördern. Zudem muss Attac Steuern zahlen, die für 
gemeinnützige Vereine nicht anfallen, beispielsweise Schenkungssteuern.

Im Frühjahr 2021 hat Attac Verfassungsbeschwerde gegen den Entzug der 
Gemeinnützigkeit eingereicht.


*Für Rückfragen:*

•    Maria Wahle, Vorstand Attac-Trägerverein, Tel.: +49 176 8005 7176

•    Dirk Friedrichs, Attac-Vertreter im Gerichtsverfahren, +49 177 3276 
659

•    Frauke Distelrath, Attac-Geschäftsführerin, Tel. +49 151 6141 0268

•    Anja Heinrich, Rechtsanwältin, Berlin, Tel. +49 30 8147 5758 (nur 
für Fragen zum Akteneinsichtsverfahren)


*Dokumente:*

•    Klagebegründung Akteneinsicht (30.4.2020):
https://link.attac.de/klagebegruendung-akteneinsicht

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**Weitere Informationen:*

•    Webseite zur Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit von Attac 
(mit weiteren Urteilen und Dokumenten): www.attac.de/jetzt-erst-recht
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