[imc-presse] PM des RAV_Ein Rechtsextremist als Richter in Sachsen

RAV e.V. gs at rav.de
Mon Mar 14 13:17:53 CET 2022


Sehr geehrte Damen und Herren,

gern stellen wir Ihnen hiermit die heutige Pressemitteilung des 
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) zur Verfügung, in 
der kritisiert wird, dass Jens Maier ab heute wieder als Richter im 
Freistaat Sachsen tätig sein wird.

Wir bitten um engagierte Berichterstattung in und mit Ihren Medien.

Die PM findet sich sowohl hier im Anhang, hier folgend, wie auch auf der 
RAV-Webseite:
https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/ein-rechtsextremist-als-richter-in-sachsen-842 


Ein Kontakt zu Rechtsanwältin Kati Lang kann über die 
RAV-Geschäftsstelle hergestellt werden:
kontakt at rav.de; Tel.: 030-417 235 55

Mit freundlichen Grüßen

Sigrid v. Klinggräff
RAV-Geschäftsstelle

****
Pressemitteilung Nr. 1/22 vom 14. März 2022

*Ein Rechtsextremist als Richter in Sachsen
RAV verurteilt die Untätigkeit der sächsischen Justiz*

Dass Jens Maier ab heute, 14. März 2022 wieder als Richter im Freistaat 
Sachsen tätig sein wird, offenbart erneut die eklatanten Fehler, die 
seitens des Ministeriums, der Justiz und der im Sächsischen Landtag 
vertretenen demokratischen Parteien gemacht wurden.

Nicht nachvollziehbar ist, weshalb das Richterdienstgericht nicht 
innerhalb eines Monats über den Eilantrag des Justizministeriums über 
das vorläufige Untersagen der Führung der Dienstgeschäfte entscheiden 
konnte oder wollte. Von offizieller Seite heißt es zur Begründung dazu, 
dass sich das Richterdienstgericht an einer Entscheidung gehindert 
gesehen habe und nicht absehbar wäre, wann überhaupt eine Entscheidung 
getroffen würde. Jens Maier ließe sich durch einen Rechtsanwalt aus Köln 
vertreten, dem zunächst Akteneinsicht über das Amtsgericht Köln gewährt 
würde und der sich dann zu dem Antrag äußern wolle.

*Diese Begründung überzeugt nicht:*
Sämtliche Anwälte und Anwältinnen sind verpflichtet, Zustellungen 
digital über das /besondere elektronische Anwaltspostfach/ (beA) 
entgegenzunehmen. Die Kommunikation an das Gericht hat ausschließlich 
über das beA zu erfolgen. Weshalb die Akteneinsicht nicht kurzfristig 
über das beA erfolgen konnte, erschließt sich nicht.

Dazu Rechtsanwältin Kati Lang, Mitglied im erweiterten Vorstand des RAV 
aus Dresden: ›/Aus anwaltlicher Erfahrung erscheint es höchst 
verwunderlich, weshalb über ein Eilverfahren nicht innerhalb eines 
Monats ab Antragseingang unter Wahrung des rechtlichen Gehörs 
entschieden werden kann. Vielmehr erscheint das Vorgehen des 
Richterdienstgerichts verzögernd und nicht dem Beschleunigungsgedanken 
eines Eilverfahrens - gerade in Anbetracht des im Raum stehenden 
Schadens für die Rechtspflege - entsprechend./‹

Am heutigen Tag des Dienstantritts von Jens Maier hat die 
Vizepräsidentin des Landgerichts Dresden als nunmehrige 
Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren gegen Jens Maier eingeleitet. 
Da davon auszugehen ist, dass die Schwelle zum Verweis und somit die 
Entscheidungskompetenz des Landgerichts überschritten ist, wäre das 
Disziplinarverfahren - nach Anhörung - dem Sächsischen Justizministerium 
vorzulegen (§ 31 Sächsisches Disziplinargesetz), womit der Ball wieder 
bei der grünen Justizministerin Katja Meier liegen dürfte. Ob das 
Landgericht Dresden allerdings dieses Mal entschlossener reagiert als im 
Jahr 2017, in welchem ein Disziplinarverfahren gegen Jens Maier mit 
einem bloßen Verweis endete, bleibt abzuwarten.

Rechtsanwältin Kati Lang weiter: ›/Völlig unverständlich ist das 
Wegducken der demokratischen Parteien im Sächsischen Landtag, die 
gemeinsam über die notwendige 2/3-Mehrheit für eine Richteranklage 
verfügen. Damit beweist die in Sachsen regierende Koalition aus CDU, SPD 
und Grünen eine demokratische Verantwortungslosigkeit sondergleichen./‹

Für den Antrag auf Erhebung der Richteranklage reicht 1/3 des Landtags 
(Art. 80 Sächsische Verfassung). Während die grüne Fraktion - als ob 
keine Dringlichkeit vorgelegen hätte - erst im Februar 2022 ein 
wissenschaftliches Gutachten zur Richteranklage in Auftrag gegeben hat, 
obwohl die Möglichkeit der Rückkehr mit Ausscheiden von Jens Maier aus 
dem Bundestag seit Oktober 2021 auf dem Tisch lag, bleibt rätselhaft. 
Auch die SPD versteht sich nicht als treibende Kraft und schweigt sich 
aus, während die CDU einer Richteranklage - wohl in Angst um 
Abweichler*innen in den eigenen Reihen - das Instrument der 
Richteranklage eher nicht anwenden will. Einzig die in der Opposition 
sitzende Linkspartei hat bekundet, die übrigen Parteien zum Erreichen 
der notwendigen 2/3-Mehrheit zu unterstützen.

Auch das sächsische Justizministerium, das nur unter öffentlichen Druck 
überhaupt versuchte die Rückkehr von Jens Maier zu verhindern, trägt 
eine Mitschuld an der derzeitigen Situation. Trotz der juristischen 
Debatte, die nach Bekanntwerden des Rückkehrgesuchs von Jens Maier im 
Dezember 2021 aufgekommen war, reagierte das Ministerium, was mit dieser 
Option seit Herbst 2021 rechnen musste, nur äußerst zurückhaltend und 
wies zunächst jede Zuständigkeit von sich. Als die Ministerin Katja 
Meier schließlich unter massiven öffentlichen Druck geriet, entschied 
sie sich für die vermeintlich juristisch sicherste Lösung. 
Lösungsoptionen, wie Jens Maier den Rückkehranspruch prinzipiell zu 
verweigern oder zumindest selbst unverzüglich ein Disziplinarverfahren 
zu eröffnen, verschloss sie sich.
Weshalb die Justizministerin Jens Maier keine Aufgabe im 
Justizministerium zuwies, sondern ihn an das Amtsgericht Dippoldiswalde 
schickte, erklärte sie ebenfalls nicht. Prinzipiell wäre die Zuweisung 
ins Ministerium möglich gewesen und hätte zur Folge gehabt, dass die 
Ministerin selbst als direkte Dienstvorgesetzte für ein 
Disziplinarverfahren unmittelbar zuständig gewesen wäre.

Aus der sächsischen Justiz war lange nichts zu hören. Keine öffentliche 
Abgrenzung, keine Positionierung - die Richter und Richterinnen, die 
Staatsanwälte und Staatsanwältinnen bleiben zum Großteil still.

Rechtsanwältin Kati Lang: ›/Ein Einsetzen für Demokratie und Rechtsstaat 
hätte anders aussehen können. Selbstreinigungskräfte scheint die 
sächsische Justiz kaum aufzuweisen, anders lässt sich auch das 
zögerliche Vorgehen des Richterdienstgerichts nicht erklären. Das ist 
wohl der größte Fehler, dass die Justiz selbst rechte, rassistische und 
antisemitische Funktionsträger duldet, keine Haltung zeigt und die 
Eskalation damit mit verschuldet./‹

Dabei gäbe es eine Vielzahl von Möglichkeiten der Justiz, wie im Rahmen 
der internen Kammerverteilung (Verhinderung von 
Einzelrichterentscheidungen), durch Geschäftsverteilungspläne, oder auch 
seitens der Staatsanwaltschaften durch Befangenheitsanträge prozessual 
legitimiert rechte Amtsträger*innen ausbremsen könnte. Ausdrücklich zu 
begrüßen ist, dass in der konkreten Debatte um Jens Maier sowohl die 
/Neue Richtervereinigung/, die sich mit konstruktiven Vorschlägen 
einbrachte als auch der /Deutsche Richterbund/ forderten, dass eine 
Rückkehr des rechtsextremen AfD‘lers ins Richteramt verhindert werden 
müsste.

---
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
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Tel +49 (0)30 417 235 55 | Fax +49 (0)30 417 235 57
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