[imc-presse] [attac-d-presse] Reform des Energiecharta-Vertrags gescheitert: Jetzt austreten!

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Fri Jun 24 14:44:13 CEST 2022


Gemeinsame Pressemitteilung

Attac Deutschland
Forum Umwelt und Entwicklung,
Naturfreunde Deutschlands,
PowerShift
Umweltinstitut München
Urgewald

Frankfurt am Main / Berlin, 24. Juni 2022



      Reform des Energiecharta-Vertrags gescheitert:
      Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern Austritt

In Brüssel sind heute die Reformverhandlungen über den 
Energiecharta-Vertrag (ECT) zu Ende gegangen. Das Ergebnis fällt 
deutlich selbst hinter die Ziele von Bundesregierung und EU zurück. 
Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern deshalb, dass Deutschland 
und weitere EU-Mitgliedsstaaten jetzt den Ausstieg aus dem ECT 
beschließen, wofür sich in den letzten Tagen auch Spanien, Belgien und 
das niederländische Parlament stark gemacht haben.

Der ECT wird in der EU auch zukünftig Investitionen in fossile 
Brennstoffe bis mindestens 2033 schützen und so ein schwerwiegendes 
Hindernis für die Beschleunigung der Energiewende darstellen. Außerhalb 
der EU und UK sollen gar keine Beschränkungen für den  
Investitionsschutz in fossile Brennstoffe gelten. Damit haben EU und 
Bundesregierung ihr Ziel nicht erreicht, den Vertrag mit dem 
Pariser-Klimaabkommen und dem Europäischen Green Deal  kompatibel zu machen.

„Der Krieg in der Ukraine und die eskalierende Klimakrise zeigen in 
dramatischer Weise auf, welche gravierenden Folgen die Abhängigkeit von 
fossilen Brennstoffen hat. Gerade in diesen Zeiten müssen die 
demokratisch gewählten Regierungen die Handlungsfreiheit haben, eine 
zügige und sozial gerechte Energiewende umzusetzen und die 
Energieversorgung zu sichern. Doch genau dies behindert der 
Energiecharta-Vertrag", kommentiert *Ludwig Essig vom Umweltinstitut 
München* und von der *Koordination Netzwerk gerechter Welthandel*.

Von den gestern von den Ampelparteien veröffentlichten fünf 
Anforderungen an die ECT-Reform, werden vier nicht erfüllt. Der 
reformierte Energiecharta-Vertrag wird weiterhin fossile Investitionen 
schützen und Klimamaßnahmen werden nicht grundsätzlich von 
Investorenklagen ausgenommen. Von der Ampel geforderte Änderungen der 
Investitionsschutzstandards und die Verkürzung der Fortgeltungsklausel 
konnten nicht erreicht werden.

“Die Reform des Energiecharta-Vertrags kann die Anforderungen der Ampel 
nicht erfüllen. Klagen gegen Klimaschutz bleiben auch nach der Reform 
möglich. Die einzige Konsequenz kann der Ausstieg Deutschlands aus dem 
Vertrag sein, sonst macht sich die Ampel unglaubwürdig”, sagt *Fabian 
Flues, Handelsexperte bei PowerShift*.

Auch im reformierten ECT werden private Wirtschaftsanwälte in 
umstrittenen Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS: 
Investor-State-Dispute Settlement) darüber entscheiden können, ob 
Staaten hohe Entschädigungen an Investoren zahlen müssen. Dabei hatte 
die Europäische Kommission mit Unterstützung von SPD und Grünen 
versprochen, keine Abkommen mit ISDS mehr abzuschließen.

“Diese privaten Schiedsgerichte haben keine Zukunft mehr - so wurde es 
von Regierungsparteien und Europäischer Kommission versprochen”, sagt 
*Hanni Gramann von Attac*. “Dieses Versprechen wird nun gebrochen. Drei 
Wirtschaftsanwälte sollen auch in Zukunft entscheiden dürfen, ob fossile 
Investoren wegen staatlicher Maßnahmen zum Klimaschutz 
Milliardenentschädigungen enthalten. Das alleine ist Grund genug, aus 
dem ECT auszutreten.”

Derzeit verklagen RWE und Uniper die niederländische Regierung für den 
Kohleausstieg bis 2030 auf eine Entschädigung in Höhe von zirka. 2,4 
Milliarden Euro.

“Insbesondere Uniper hatte bereits vor der Verabschiedung des 
niederländischen Kohleausstiegsgesetzes ein ISDS-Schiedsverfahren auf 
der Grundlage des ECT angedroht und so weitreichende Maßnahmen 
verhindert. Dies zeigt, dass der ECT ein sehr scharfes Schwert in der 
Hand derer ist, die wirkungsvolle Klimaschutzgesetze verhindern wollen”, 
so *Sonja Meister von Urgewald*.

“Der Energiecharta-Vertrag ist ein Relikt aus der Steinzeit. Wenn die 
Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien und eine umfassende 
Energiewende beschleunigen möchte, muss sich die Bundesregierung für 
eine Auflösung des Energiechartavertrags einsetzen und Deutschland aus 
dem Energiechartavertrag austreten”, ergänzt *Uwe Hiksch von den 
Naturfreunden Deutschlands.*

Eine zusätzliche Gefahr droht durch die geplante Ausweitung des ECT auf 
neue Energieträger und Technologien. In Zukunft sollen auch Investoren 
in Wasserstoff, Biomasse, synthetische Kraftstoffe und CO2-Abscheidung 
und -Speicherung unter dem ECT klagen können. Das erhöht die Gefahr für 
Staaten unter dem reformierten Energiecharta-Vertrag verklagt zu werden.

Am vergangenen Dienstag hatten fünf junge, vom Klimawandel betroffene 
Menschen Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen 
zwölf europäische Regierungen (inkl. Deutschland) wegen des ECT 
eingebracht. Der Vertrag sei unvereinbar mit internationalen 
Klimaverpflichtungen und verstoße gegen die Europäischen 
Menschenrechtskonvention.

/Hintergrund:////Der ECT ist ein internationales Handels- und 
Investitionsabkommen, das 1998 in Kraft trat und inzwischen über 50 
Mitgliedsstaaten in Europa und Asien hat. Ziel des ECT war es, die Öl- 
und Gasvorkommen des ehemaligen Ostblocks für die Investitionen 
westeuropäischer Unternehmen zu öffnen. Seit April 2020 wird in Brüssel 
die Modernisierung des ECT verhandelt. Spanien hatte am Mittwoch als 
erstes Land einen gemeinsamen Austritt aus dem ECT gefordert.//
//Für einen Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag gilt eine 
Fortgeltungsklausel von 20 Jahren für bestehende Investitionen. Bei 
einem gemeinsamen Austritt vieler Mitgliedsländer, ließe sich diese 
jedoch entschärfen.

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**Pressekontakte:*

  * Ludwig Essig, Umweltinstitut München: +49 176 546 752 53,
    le at umweltinstitut.org
  * Fabian Flues, PowerShift e.V.: +49 159 0611 3733,
    fabian.flues at power-shift.de
  * Hanni Gramann, Attac Deutschland: +49 176 30608762,
    hanni.gramann at attac.de
  * Sonja Meister, urgewald: +49 176 64608515, sonja.meister at urgewald.org
  * Uwe Hiksch, NaturFreunde Deutschland, +49 176 620 159 02,
    hiksch at naturfreunde.de

*Weitere 
Informationen:***www.attac.de/kampagnen/handelsabkommen/einzelne-handels-und-investitionsabkommen/energiecharta-vertrag 


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Frauke Distelrath
Pressesprecherin / stellv. Geschäftsführung
Attac Deutschland
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Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel. 069 900 281-42; 0151 6141 0268
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