[imc-presse] [attac-d-presse] Krisenkosten gerecht verteilen / Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2021 veröffentlicht

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Thu Sep 23 11:26:21 CEST 2021


Pressmitteilung
Netzwerk Steuergerechtigkeit / Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 23. September 2021


    Krisenkosten gerecht verteilen – Steuerlücken schließen


      Netzwerk Steuergerechtigkeit veröffentlicht das Jahrbuch
      Steuergerechtigkeit 2021

Im deutschen Steuersystem gibt es eine Gerechtigkeitslücke von
mindestens 75 bis 100 Milliarden Euro. In den letzten vier Jahren hat
sich daran kaum etwas geändert. Das Jahrbuch Steuergerechtigkeit
analysiert zum ersten Mal systematisch die einzelnen
Gerechtigkeitslücken und schafft die Grundlage dafür, die Arbeit der
nächsten Regierung kritisch zu begleiten.

  * Die Bilanz der letzten vier Jahre zeigt: wesentliche Versprechen für
    mehr Steuergerechtigkeit wurden zögerlich oder gar nicht umgesetzt.
    Dafür wurden wesentliche Verschlechterungen abgewehrt und
    Fortschritte bei internationalen Reformverhandlungen erzielt. Ein
    Vergleich der Wahlprogramme zeigt: auch jenseits von Einkommens- und
    Vermögensteuer gibt es zwei deutliche Lager. Nur bei der gerechteren
    Besteuerung von Digitalkonzernen herrscht auf dem Papier Einigkeit.

  * Steuerprivilegien für große Vermögen und hohe (Kapital)einkommen
    sind für den Großteil der Gerechtigkeitslücke von mindestens 75 bis
    100 Milliarden Euro verantwortlich. Viele davon sind in den letzten
    drei Jahrzehnten neu geschaffen oder ausgebaut wurden. Auch beim
    Kampf gegen komplexe Steuerhinterziehung oder umweltschädliche
    Steuerregeln gibt es dringenden Handlungsbedarf.

Sowohl unter Rot-Grün als auch unter Schwarz-Gelb ist das Steuersystem
in den letzten Jahrzehnten ungerechter geworden. Die aktuelle
schwarz-rote Koalition hat versprochene Verbesserungen wie das Ende der
steuerlichen Privilegierung von Zinserträgen, Maßnahmen gegen
Gewinnverschiebung oder gegen Share Deals auf dem Immobilienmarkt gar
nicht, langsam oder unvollständig umgesetzt. Auf der anderen Seite
wurden Vorschläge wie eine Senkung der Körperschaftssteuer, der
Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung oder die komplette
Abschaffung des Soli auch für sehr hohe Einkommen zunächst verhindert
und international abgestimmte Maßnahmen gegen Steueroasen scheinen in
Reichweite. In den Wahlprogrammen besteht unter den großen Parteien –
zumindest auf dem Papier – in einem Punkt Konsens: große multinationale
Unternehmen, besonders die Tech-Konzerne müssen einen fairen Beitrag zum
Gemeinwesen leisten – also mehr Steuern zahlen. Im Gegensatz dazu gibt
es bei der Frage, welchen Beitrag hohe Einkommen, Vermögen und
Erbschaften nach der Krise leisten sollen, zwei klare Lager. Nicht
zuletzt wegen der Rolle des Bundesrats sind wirkliche Veränderungen aber
nur mit breiter politischer Mehrheit und dem entsprechenden Druck aus
der Bevölkerung möglich.

Dazu erklärt Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit:
„Unser Steuersystem gehört in vielerlei Hinsicht zur DNA unserer
Gesellschaft. Bestenfalls ermöglicht es einen handlungsfähigen Staat,
korrigiert gesellschaftliche Ungleichheiten und sorgt dafür, dass
Steuerzahlende einen regelmäßigen Beitrag leisten, damit unsere
Gemeinschaft zusammenhält. Das gilt ganz besonders in Krisenzeiten, wenn
Missstände auf der einen und Handlungsbedarfe auf der anderen Seite wie
unter einem Brennglas offengelegt werden.“

Schwerpunkt des diesjährigen Jahrbuchs sind Vermögensbesteuerung und die
gerechte Verteilung der Krisenkosten. Seit der Finanzkrise sind
Unternehmens- und Immobilienwerte in historischem Ausmaß gestiegen.
Selbst in der Corona-Krise sind die großen Vermögen unvermindert weiter
gewachsen, während Angestellte in den oft schlecht bezahlten
systemrelevanten Berufen ihre Gesundheit riskiert haben und viele kleine
Selbstständige um ihre Existenz kämpfen mussten. Massive Steuersenkungen
für hohe Vermögen und hohe Einkommen in der Vergangenheit haben die
Lücken bei den Investitionen in Bildung, Klimaschutz und moderne
Infrastruktur vergrößert.

Dazu erklärt Ralf Krämer, ver.di Bereich Wirtschaftspolitik: „Viel zu
oft entscheiden Herkunft und Erbe über Lebenschancen und Einfluss.
Deswegen brauchen wir dringend ein gerechteres Steuersystem. Die
Mehreinnahmen könnten wir dazu nutzen, um die ökologische Transformation
zu bewältigen, für bezahlbaren Wohnraum und bessere Bildung zu sorgen
und gezielt die Steuern für Menschen mit niedrigen Einkommen zu senken“.

Deutschland hat eine wichtige Rolle dabei, auch international die Regeln
der Besteuerung von Konzernen mitzugestalten. Auch dank der neuen
Regierung in den USA sind eine Reform der internationalen
Unternehmensbesteuerung und eine Umkehr des Jahrzehnte-langen
Steuersenkungswettlaufs in Reichweite.

Dazu erklärt Karl-Martin Hentschel, Attac: „Bei der Bekämpfung von
Steueroasen weltweit spielt Deutschland in wichtigen Funktionen bei OECD
und EU eine wesentliche Rolle. Eine gerechtere Verteilung der
Besteuerungsrechte zugunsten der Entwicklungsländer darf dabei nicht zu
kurz gedachten deutschen Interessen zum Opfer fallen. Beim Kampf gegen
illegitime Finanzflüsse, die immer noch viel zu oft unerkannt in
Deutschland enden, müssen wir endlich mehr tun.“

*Weitere Informationen: *

  * Jahrbuch Steuergerechtigkeit:
    www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/jahrbuch2021
  * Hintergrund: www.netzwerk-steuergerechtigkeit/steuerluecken

*Für Rückfragen:*

  * Christoph Trautvetter, Netzwerk Steuergerechtigkeit, Tel. 0176 7867 5480
  * Karl-Martin Hentschel, Attac-Vertreter im Netzwerk
    Steuergerechtigkeit, Tel. 0151 5908 4268

-- 
Attac-Pressestelle
in Vertretung:
Jule Axmann
Öffentlichkeitsreferentin

Attac Bundesbüro
Münchener Str. 48
60329 Frankfurt/M.

(069) 900 281 – 44
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