[imc-presse] Notruf aus dem Dannenröder Wald – Wir veröffentlichen Pläne, Aufzeichnungen und Funktionsweisen unserer Strukturen, um unsere Leben sowie den Wald zu retten und zu schützen.

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Mon Nov 23 11:20:09 CET 2020


DAS GESAMTE DOKUMENT MIT EINER BESCHREIBUNG UND DARSTELLUNG DER EINZELNEN STRUKTUREN IST UNTER FOLGENDEM LINK ZU FINDEN: https://we.tl/t-uZkb7o2xSX 

Montag den 23. November 2020
Dannenrod


An
die hessische Landesregierung, die Bundesregierung, die hessische Landespolizei, die Bundes- und Bereitschaftspolizei, Forstarbeitendenfirmen und alle umliegenden Polizeiinspektionen rund um den Dannenröder Wald,
an
Pressestellen und Journalist*innen, Kirchen, Abgeordnete und Parteifraktionen sowie Berufsgenossenschaften
an
Menschenrechtsorganisationen, Anwaltsverbände, Forstämter und Universitäten
an
weitere NGOs, Verbände und Vereine sowie weitere Aktivistigruppen und Verbündete der Waldbesetzung Dannenröder Forst

Sehr geehrte Menschen,

in den vergangenen zwei Wochen wurden wir Zeug*innen zahlreicher Verletzungen und beinahe-Tode. Diese wurden sowohl von den Einsatzkräften der Polizei als auch von den vor Ort arbeitenden Forstarbeitern wiederholt verursacht und billigend in Kauf genommen:
Samstag, 14.11.20: Polizisten schneiden trotz Warnrufe der Aktivisti ein tragendes Seil eines Monopods durch. Dieser stellte sich schräg und fast stürzte ein Mensch aus 5 Meter in die Tiefe (dokumentierte und bereits veröffentlichte Augenzeugenberichte, sowie Bildmaterial).
Sonntag, 15.11.20: Aktivisti stürzt aus circa 4-5 Meter hohem Tripod. Der Mensch musste verletzt ins Krankenhaus. Ein Seil wurde von einem Polizisten durchtrennt, trotz Warnungen. Der Fall ist gut dokumentiert und es laufen bereits interne Verfahren gegen den betreffenden Beamten.
Montag, 16.11.20: Ein*e Aktivisti hängt an einem Seil, das zwei Bäume verbindet. Ein Baum wird gefällt, dessen Äste diese Traverse umwachsen haben. Glücklicherweise hatten diese Äste eine geringere Bruchlast als die Traverse selbst und sind gebrochen, ohne die Traverse zu zerreißen. Dies war aber nicht sicher abzusehen und wäre anstattdessen die Traverse gerissen wäre der Mensch aus 8 Metern Höhe in die Tiefe gestürzt. Hierzu gibt es genaue und belegende Videoaufzeichnungen.
Samstag 21.11.20: Aktivisti stürzt aus 6 Metern Höhe in die Tiefe. Polizeibeamte traten vorsätzlich auf einem Sicherungsseil herum, bis es riss (Quelle: Hessenschau).
Laufend: Gefährliche Rodungen ohne genügend Sicherheitsabstand. Auch dies ist durch Videoaufzeichnugen und Zeug*innenaussagen gut dokumentiert und belegt. 
Gefährdender Einsatz von Elektroschockern in großen Höhen.

Es ist uns unerklärlich, wie all das passieren konnte. Zwar ist die Kernstrategie der Waldbesetzung der passive, zivile Ungehorsam unter Risiko des eigenen Lebens. In wenig anderen Ländern der Welt würden Menschen so viel Vertrauen in einen Rechtstaat legen, auf das Leben der Aktivist*innen zu achten, wie hier in Deutschland. Nur dadurch ergibt diese Aktionsform  überhaupt Sinn. Wir gehen davon aus: Wenn ein Baum einen Menschen trägt, dann gibt es in diesem Land keine Möglichkeit, diesen Baum zu fällen, ohne die Menschen vorher sicher zu evakuieren. Doch offensichtlich scheint dieses Prinzip nicht mehr wirksam zu sein.
Seien es bewusste strategische Entscheidungen, sei es Fehlverhalten von Einzelpersonen, seien es strukturelle Probleme der Polizei: Unsere Leben hängen derzeit buchstäblich an dünnen Fäden und es ist wirklich nur noch eine Frage von sehr kurzer Zeit, bis mindestens ein Mensch, wenn nicht mehrere, zu Tode stürzen oder erschlagen werden. Es fühlt sich eher wie ein Wunder an, dass es nicht bereits passiert ist.
Dieses Szenario ist derart offensichtlich abzusehen, dass dieser Brief ein letzter Notruf ist, der dazu auffordert die Rodungen zu pausieren und den bisherigen Polizeieinsatz zu evaluieren. 

Die Waldbesetzung hat in den vergangenen Wochen deutlich kommuniziert und bewiesen, dass sie die Schicksale ihrer Leben an das Schicksal der Menschheit und an das Schicksal unserer Biosphäre gebunden versteht. Wir sind unabwendbarerweise davon überzeugt und Willens, die menschgemachten Katastrophen dieser Erde und unseres Zeitalters nicht mehr einfach so hinzunehmen. Wir tun alles in unserer Macht liegende, um das traurige und definitive Schicksal unserer Zivilisation doch noch zu verändern und abzuwenden. Wir wollen eine Welt des Friedens und der Achtsamkeit vor dem Leben und der Schöpfung, die unsere gemeinsamen Grundlagen sind. Unser Rechtsstaat hat bewiesen, dass er unfähig ist, mit der Klimakatastrophe und dem Artensterben umzugehen. Beweist er nun auch, dass ihm bereits der Bau einer einfachen Autobahn wichtiger ist als das Leben von Menschen? In Deutschland? Und worin sollen wir dann noch vertrauen? Was soll uns halten, wenn hier offen über Leichen gegangen wird?

Momentan kann nichts und niemand verhindern oder aufhalten, dass Menschen weiterhin auf Bäume, Skypods, Tripods, Monopods oder Ropepods klettern werden. Selber haben sie sich dabei noch nie verletzt. Aber durch den Polizeieinsatz und vor allem auch durch die angewendete spezifische Strategie kommt es derzeit laufend zu teils schweren Verletzungen und lebensgefährlichen Situationen. Deshalb kommunizieren wir Ihnen heute das, was in Wirklichkeit längst offensichtlich ist. Und zwar ein für alle Mal und klipp und klar und vor einer großen Zeugenschaft:
Der ganze Wald ist voller Seile gespannt und wenn Sie nur einmal das falsche durchschneiden, es zu sehr berühren, es treten oder damit spielen, dann stirbt ein Mensch oder verletzt sich schwer. Und liebe Polizei (Innenminister, Einsatzleitende und Vollzugsbeamte): Obwohl es eigentlich Ihre Arbeit sein müsste, unsere Leben und den Rechtsstaat zu schützen, so helfen wir Ihnen nun doch damit nach, sodass Sie nie wieder behaupten können, Sie hätten nicht gewusst was sie tun. Wir wollen weitere Verletzte oder Tote unbedingt verhindern! Doch falls tatsächlich jemensch stirbt, oder es weitere Verletzte durch ihre Handlungen gibt, werden Sie entweder zugeben müssen, dass Sie das wollten und billigend in Kauf genommen haben. Oder dass Sie absolut nicht die Kompetenz aufweisen, sich situationsgemäß anzupassen und für unsere Sicherheit und unsere Leben Sorge zu tragen.

Es folgen nun technische Darstellungen, Grundrisszeichnungen und Erläuterungen zu Funktionsweisen einiger sehr häufig im Wald aufgebauten Strukturen, die uns dazu ermächtigen friedlichen zivilen Ungehorsam unter Einsatz des eigenen Lebens leisten. Anschließend werden auch technische Details zu zwei spezifischen Strukturen im Baumhausdorf „Nirgendwo“ veröffentlicht, bei denen bereits seit Samstag konkrete Gefahr von Totschlägen durch das Verhalten der Einsatzkräfte und der Forstarbeiter besteht.

Wir sind sehr besorgt. Mehrere Menschen sind durch vorsätzliches und fahrlässiges Polizeiverhalten sowie fehlerhaftes Roden teilweise schwer verletzt worden. Dies ist inzwischen auch durch zahlreiche Videoaufnahmen und Zeug*innenaussagen bestätigt. Wir haben Angst, dass in Kürze Menschen sterben werden, wenn weiter gerodet wird wie bisher. Sammelklagen gegen die Einsatzleitungen werden bereits vorbereitet. Wir verlangen einen sofortigen Stopp des Polizeieinsatzes und der Rodungsarbeiten.
Um sicher zu gehen, dass die Einsatzleitung genau weiß, was sie tut und unsere Leben vorsätzlich und wissentlich riskiert, veröffentlichen wir in diesem Schreiben, wie unsere technischen Strukturen im Wald aufgebaut sind, die die Mittel sind mit denen wir friedlichen zivilen Ungehorsam unter Einsatz des eigenen Lebens leisten.

DAS GESAMTE DOKUMENT MIT EINER BESCHREIBUNG UND DARSTELLUNG DER EINZELNEN STRUKTUREN IST UNTER FOLGENDEM LINK ZU FINDEN: https://we.tl/t-uZkb7o2xSX 


Anmerkung: Dieser Brief ist unter großer Sorge, Zeitdruck und der damit verbundenen Hast entstanden. Wir haetten lieber niemals soetwas schreiben muessen, doch wir haben Angst um unsere Freunde und hoffen, dass diese Veröffentlichung dazu beiträgt, dass sie gesund und lebend bleiben! Bitte entschuldigt etwaige Fehler und ungeschicktheiten im Text.

Die Autoren dieses Briefes sehen sich nur als Vermittler. Wir können nichts dafür was andere Menschen tun oder unterlassen. Die Brisanz des Risikos hat uns zu diesem Schreiben angeregt, Informationen einzusammeln und zu veröffentlichen. Teilweise wurde dieses Vorgehen auch von den Aktivisti unterstützt.


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