[imc-presse] RAV-PM: RAV-Anwältin klagt gegen Trojaner-Einsatz durch Hamburger Verfassungsschutz und gegen predictive policing-Befugnisse der Hamburger Polizei

RAV e.V. gs at rav.de
Mon Nov 23 09:30:54 CET 2020


Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei und hier folgend die PM des RAV zur Verfassungsbeschwerde gegen
den Trojaner-Einsatz durch den Hamburger Verfassungsschutz und gegen
/predictive policing/-Befugnisse der Hamburger Polizei.

Wir bitten um Kenntnisnahme und um Veröffentlichung in oder mit Ihren
Medien.
Die PM findet sich auf auf der RAV-Webseite - hier
<https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/rav-anwaeltin-klagt-gegen-trojaner-einsatz-durch-hamburger-verfassungsschutz-und-gegen-predictive-policing-befugnisse-der-hamburger-polizei/fc7d4cf3c7bf8fabb196271ef3dbd393/>.

Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme finden Sie am Ende der PM.

Mit freundlichen Grüßen

Sigrid v. Klinggräff
RAV-Geschäftsstelle

***
Pressemitteilung Nr. 16/20 vom 23. November 2020
*
**RAV-Anwältin klagt gegen Trojaner-Einsatz durch Hamburger
Verfassungsschutz und gegen **/predictive policing/**-Befugnisse der
Hamburger Polizei*
*
**Hamburgs Verfassungsschutz und die dortige Polizei verfügen seit April
2020 über scharfe Überwachungsinstrumente: Der Verfassungsschutz darf
mit Trojanern verschlüsselte Kommunikation ausforschen, die Polizei
mittels Algorithmen Personenprofile erstellen. Die Gesellschaft für
Freiheitsrechte e.V. (GFF) und weitere NGOs erheben heute
Verfassungsbeschwerde gegen die entsprechenden Gesetzesänderungen – eine
der Kläger*innen ist unser RAV-Mitglied Britta Eder, Strafverteidigerin
in Hamburg.*

»/Angesichts der umstrittenen Überwachungspraxis von Geheimdiensten und
wiederkehrender Polizei-Skandale sind neue Befugnisse für diese Behörden
höchst bedenklich. Wie diese Befugnisse in Hamburg geregelt sind, ist
darüber hinaus verfassungswidrig/«, sagt Bijan Moini, Jurist und
Verfahrenskoordinator bei der GFF.

*Geheimdiensttrojaner verletzt Grundrechte*

Seit einer Änderung des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes im April
2020 darf sich das Hamburger Amt für Verfassungsschutz ohne
Gerichtsbeschluss oder ähnliche Vorab-Kontrolle in Geräte bestimmter
Personen hacken (§ 8 Abs. 12
<http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?nid=f&showdoccase=1&doc.id=jlr-VerfSchGHAV10P8&st=null>).
Das verletzt Betroffene in ihrem IT-Grundrecht (Recht auf Gewährleistung
der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme), und
es verletzt ihr Telekommunikationsgeheimnis. Zudem gefährdet der
Geheimdiensttrojaner die vertrauliche Kommunikation von
Berufsgeheimnisträger*innen wie Anwält*innen und Journalist*innen. Er
verletzt damit sowohl die Pressefreiheit, als auch die geschützte
Kommunikation.  »/Das Gesetz ermöglicht das Mitlesen von Kommunikation
zwischen Rechtsschutzsuchenden und ihren Rechtsvertretungen/«, so Dr.
Peer Stolle, Vorstandsvorsitzender des RAV. »/Das macht unsere Arbeit
unmöglich. Diesen Eingriff in die Berufsfreiheit können wir nicht
hinnehmen/«.

*Hamburger Regelungen zum Trojaner-Einsatz sind verfassungswidrig*

Trojaner in Händen von Geheimdiensten sind verfassungswidrig,
jedenfalls, wenn ihr Einsatz nicht hinreichend begrenzt ist und der
Staat Sicherheitslücken in IT-Systemen ausnutzt, statt sie den
Betreibern zu melden. All das ist in Hamburg der Fall. Zudem urteilte
das Bundesverfassungsgericht nach einer Verfassungsbeschwerde der GFF
gegen die Auslandsüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst
<https://freiheitsrechte.org/bnd-gesetz-2/> im Mai 2020, dass die
heimliche Überwachung bestimmter Personen einer gerichtsähnlichen
Vorab-Kontrolle unterliegen muss. »/In Hamburg werden die
Überwachungsbefugnisse deutlich erweitert, ohne das Kontrollregime zu
verbessern – damit ist der Verfassungsverstoß programmiert/«, sagt Moini.

*Hamburger ›/predictive policing/‹-Ansatz ist verfassungswidrig*

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich außerdem gegen die automatisierte
Auswertung von Daten durch die Hamburgische Polizei (§ 49 HmbPolDVG
<http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?nid=1j&showdoccase=1&doc.id=jlr-PolDVGHA2019pP49&st=null>).
Die Polizei darf automatisierte Personenprofile aus einer nicht näher
bestimmten Menge an Daten erstellen, darunter ggf. auch öffentlich
verfügbare Daten aus sozialen Netzwerken. Es ist unklar, von wem Profile
angefertigt werden können und welche Konsequenzen etwaiger ›Beifang‹ für
die Betroffenen hat, also die Erfassung von Personen, die selbst nicht
als gefährlich gelten. Unklar ist auch, für welche Zwecke genau Software
eingesetzt werden kann und wie lange die Profile gespeichert werden. In
Hamburg soll dadurch die vorbeugende Verbrechensbekämpfung (›/predictive
policing/‹) halten – allerdings unter Verletzung der Grenzen, die das
Bundesverfassungsgericht der weniger eingriffsintensiven Rasterfahndung
gesetzt hat.

Die GFF koordiniert die Verfassungsbeschwerde. Initiiert wurde und
unterstützt wird sie von der /Humanistischen Union/ Hamburg, den
/Kritischen Jurastudierenden Hamburg/, der /Vereinigung Demokratischer
Juristinnen und Juristen/ (VDJ) und der /Deutschen Journalistinnen- und
Journalisten-Union/ (dju). Zu den Kläger*innen zählen Rechtsanwältin und
RAV-Mitglied Britta Eder sowie Aktivist*innen und Journalist*innen,
darunter Sebastian Friedrich (NDR u.a.) und Katharina Schipkowski (taz).
Sie werden vertreten durch Jun.-Prof. Dr. Sebastian Golla
(Ruhr-Universität Bochum).

Der GFF-Verfahrenskoordinator Dr. Bijan Moini und weitere
Verfahrensbeteiligte stehen für Gespräche zur Verfügung.

Weitere Informationen zur Verfassungsbeschwerde finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/verfassungsbeschwerde-polizei-verfassungsschutzgesetz-hh
<https://freiheitsrechte.org/verfassungsbeschwerde-polizei-verfassungsschutzgesetz-hh>

O-Töne der Kläger*innen Sebastian Friedrich und Katharina Schipkowski
finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/journalistinnen-klagen-verfassungsschutzgesetz-hh
<https://freiheitsrechte.org/journalistinnen-klagen-verfassungsschutzgesetz-hh>

O-Töne der Klägerin Britta Eder finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/strafverteidigerin-klagt-verfassungsschutzgesetz-hh
<https://freiheitsrechte.org/strafverteidigerin-klagt-verfassungsschutzgesetz-hh>



*Bei Rückfragen* wenden Sie sich bitte an:
Daniela Turß, presse at freiheitsrechte.org
Tel. 030.549 08 10 55 oder 0175.610 2896

Rechtsanwältin Britta Eder, eder at anwaltsbuero-s36.de

Rechtsanwalt Dr. Lukas Theune, Geschäftsführer des RAV e.V.
Tel. 030.235 644 36, lukas.theune at rav.de

-- 

Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
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