[imc-presse] PM des RAV_Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist überfällig!

RAV e.V. gs at rav.de
Wed Jul 1 13:28:05 CEST 2020


Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgend und in der Anlage senden wir Ihnen mit der Bitte um
Berücksichtigung unsere Pressemitteilung vom heutigen Tage mit dem Titel:

"Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist überfällig!"

Die PM ist auch von unserer Webseite
<https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/verlaengerung-der-revisionsbegruendungsfrist-ueberfaellig/81959931a1f9ca328d4fb996b92856a2/>abrufbar.

Ansprechpartner für diese Pressemitteilung ist RA Prof. Dr. iur. habil.
Helmut Pollähne, Tel. 0421.335166, Mail
pollaehne at strafverteidiger-bremen.de
<mailto:pollaehne at strafverteidiger-bremen.de>

Mit freundlichen Grüßen

Sigrid v. Klinggräff
RAV-Geschäftsstelle

---
*Pressemitteilung Nr. 10/20vom 1. Juli 2020*

* *

*Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist überfällig!***

Das /OLG München/ hat am 11.07.2018 das Urteil im sog. NSU-Prozess
gesprochen – am 21.04.2020, nach sage und schreibe mehr als 21 Monaten
(so wie es das Gesetz gem. § 275 Abs. 1 StPO zulässt), wurde das
schriftliche Urteil zu den Akten gereicht und das Protokoll der
Hauptverhandlung abgeschlossen! Das Urteil umfasst 3.025 Seiten, das
Protokoll soll sich auf 44 Aktenordner erstrecken.

Ab Zustellung jenes Urteils hatten diejenigen, die Revision eingelegt
haben, genau einen (!) Monat Zeit, die Revision zu begründen – ob die
Zeit überhaupt gereicht hat, das Urteil sorgfältig zu lesen und das
Protokoll gründlich zu prüfen, mag dahinstehen. Innerhalb dieses einen
Monats (eine Verlängerung ist – mit Ausnahme ergänzender Ausführungen
zur Sachrüge – bekanntlich ausgeschlossen) eine Revisionsbegründung zu
verfassen, die nicht nur mit einem Satz die allgemeine Sachrüge erhebt,
sondern diese auch noch ausführt, und vor allem Verfahrensrügen nach
allen Regeln strafprozessualer Kunst und bundesgerichtlicher Kautelen
erhebt, dürfte sogar denjenigen unmöglich gewesen sein, die zufällig in
diesem einem Monat überhaupt nichts anderes zu tun hatten.

Zugegeben, dieser Fall ist auch in puncto Umfang außergewöhnlich; das
Problem umfänglicher Urteile und ebenso raumgreifender Protokolle als
Gegenstand der Revisionsbegründung ist aber keineswegs selten. Während
dem Gericht umso mehr Zeit eingeräumt wird, das Urteil zu begründen, je
länger die Hauptverhandlung gedauert hat (§ 275 Abs. 1 StPO), bleibt für
die Revisionsbegründung nach weiterhin geltendem Recht immer nur max.
ein Monat (§ 345 Abs. 1 StPO). Dass dies mit einem fairen Verfahren gem.
Art. 6 Abs. 1 und 3 EMRK nichts gemein hat, versteht sich von selbst
(vgl. auch /Grabenwarter/ NJW 2002, 109 und /Beukelmann/ NJW-Spezial
2017, 632); der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) muss
auch im Revisionsverfahren effektiv gewährleistet sein.

_Exkurs_: Im Zivilprozess beträgt die Revisionsbegründungsfrist zwei
Monate und kann verlängert werden (§ 551 Abs. 2 ZPO); im
Verwaltungsrechtsstreit gilt Ähnliches (§ 139 Abs. 3 S. 3 VwGO). Warum
solches ausgerechnet im Strafprozess, wo es insb. für die betroffenen
Angeklagten um so viel geht und wo es gerade in den schwerwiegenden
Fällen nur eine Tatsacheninstanz gibt, nicht vorgesehen ist, kann
niemand erklären.

Das NSU-Urteil muss einmal mehr Anlass sein, die Rechtslage zu ändern,
zumal sich das /BVerfG/ bisher geweigert hat, hier einzugreifen (vgl.
nur Beschl. v. 19.02.1998 – 2 BvR 1888/97). Die Frage ist dabei auch
nicht, was dafür spricht, die Revisionsbegründungsfrist zu verlängern,
sondern was eigentlich dagegen spricht, sie der Urteilsbegründungsfrist
anzupassen: gar nichts! So wie das Gericht die Maximalfrist nicht
ausschöpfen muss, gilt dies selbstverständlich auch für die
Staatsanwaltschaft, die Nebenklage und nicht zuletzt die Verteidigung,
die dies am Wohl der Mandantschaft ausrichten wird.

In den „regensburger thesen zum strafprozess“ (rechtspolitische
Forderungen des 43. Strafverteidigertages v. 24.03.2019, III.1.) heißt
es klar und deutlich: „Die Frist zur Revisionsbegründung soll genau so
lang sein, wie die Frist des Gerichts zu Urteilsabsetzung.“ Dem ist
nichts hinzuzufügen.

*Kontakt*: RA Prof. Dr. iur. habil. Helmut Pollähne, Tel. 0421.335166,
Mail pollaehne at strafverteidiger-bremen.de
<mailto:pollaehne at strafverteidiger-bremen.de>

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