[imc-presse] Aufsehen erregendes Urteil gegen Klimaaktivist*innen am Amtsgericht Eschweiler

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Wed Dec 4 21:40:14 CET 2019


Prozess gegen Klimaaktivist*innen wegen Kraftwerksblockade endete heute
mit einem Aufsehen erregenden Urteil

Eschweiler, den 5.12.2019

Heute endete der dritte Prozesstag gegen fünf Klimaaktivist*innen am
Amtsgericht Eschweiler mit einem Freispruch im Hauptanklagepunkt
„Störung öffentlicher Betriebe“ sowie im Bezug auf den  Vorwurf des
Hausfriedensbruchs. Verurteilt wurden die Angeklagten jedoch wegen
Widerstands zu 50 bzw. 60 Tagessätzen à 5 Euro.
In der Verhandlung ging es um die Blockade des Kohlekraftwerks
Weisweiler im November 2017. 

Cornelia, eine der Angeklagten, sagt: „Dass wir wegen Störung
öffentlicher Betriebe freigesprochen wurden, ist erfreulich. Aber obwohl
das Gericht viele Beweistatsachen zur Klimakrise als offenkundig
ansieht, hat es daraus nicht die nötigen Konsequenzen gezogen und die
Blockade als gerechtfertigt anerkannt.“

Die Angeklagten und ihre Verteidigung kündigten an, in Berufung zu
gehen, da unter anderem Fragen bezüglich der Versammlungsfreiheit aus
ihrer Sicht nicht zufriedenstellend geklärt wurden.

Der heutige Prozesstag begann mit einer Stellungnahme der Angeklagten zu
den zuletzt gehörten Vorträgen der Sachverständigen Rosa Gierens und
Christian Döring, die beim letzten Verhandlungstag dargelegt hatten,
inwiefern das Kraftwerk Weisweiler durch Luftverschmutzung Menschen
krank macht und tötet.
Die Beweisaufnahme wurde nach einer kurzen Anhörung einer Polizeizeugin,
die zur Aufklärung des Sachverhalts nichts beitragen konnte,
geschlossen.
In ihrem inhaltlich widersprüchlichen Plädoyer beantragte die
Staatsanwältin dann überraschend Freiheitsstrafen.
Es folgten Plädoyers aller Verteidiger*innen, die aufgrund der dünnen
Beweislage sowie rechtlicher Bedenken Freispruch in allen Anklagepunkten
forderten. Sie kritisierten dabei auch ein allgemein erhöhtes
Verfolgungsinteresse der Behörden gegenüber Klimaaktivist*innen.

Die Angeklagten bezogen sich in ihrem letzten Wort einmal mehr auf die
Klimakatastrophe und den Beitrag des Kraftwerks Weisweiler zur
Zerstörung von Lebensgrundlagen weltweit. Dabei verlasen sie ein
Statement des vom Klimawandel betroffenen Zeugen Seuri Sanare Lukumay
sowie einen Text des Klimawissenschaftlers Tobias Bayr zum Thema
Kippelemente im Klimasystem. Beide waren im Verfahren nicht angehört
worden.
Die Angeklagten beendeten ihr Statement mit der Ankündigung: „Das letzte
Wort der Bewegung für Klimagerechtigkeit ist noch lange nicht
gesprochen.“

Das Gericht lehnte einen Freispruch aufgrund eines rechtfertigenden
Notstands unter anderem damit ab, dass die Blockade nicht lange genug
angedauert habe, um der Klimakrise Einhalt zu gebieten.

Vor dem Hintergrund der anhängigen Schadensersatzforderung von 2
Millionen gegen die Aktivist*innen ist das heutige Urteil insofern
interessant, dass sie in allen Anklagepunkten, in denen RWE sich als
geschädigt sieht, freigesprochen wurden. Das Zivilverfahren vor dem
Landgericht Aachen ruht, bis der Strafprozess abgeschlossen ist.

In diesem Prozess wurde nebenbei zum ersten Mal über die Aktion „Ende
Gelände“ im November 2017 entschieden. Der Freispruch für die
Angeklagten wegen der Besetzung des Tagebaus Hambach  ist auch ein
Freispruch für 3000 andere Aktivist*innen.

Die Aktivist*innen der hauptsächlich verhandelten Aktion „WeShutDown“
hatten am 15. November 2017 frühmorgens Förderbänder und Bagger im
Braunkohlekraftwerk Weisweiler bei Aachen blockiert, und damit die fast
vollständige Abschaltung des Großkraftwerks erreicht. Zeitgleich tagte
die 23. Klimakonferenz der UN in Bonn. Die Aktion verhinderte neben
Schadstoffemissionen auch den Ausstoß von rund 26 000 Tonnen C02 durch
das Kraftwerk.

Kontakt: Johanna Luers, (+49) 0151 29087497
E-mail: wedontshutup at riseup.net
Webseite: wedontshutup.org
Twitter: @we_shut
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