[imc-presse] [attac-d-presse] Netzwerk Gerechter Welthandel: EU-Japan-Abkommen so nicht ratifizieren!

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Tue May 22 09:54:31 CEST 2018


Pressemitteilung
Netzwerk Gerechter Welthandel
22. Mai 2018


* Offener Brief an die Bundestagsabgeordneten: JEFTA so nicht ratifizieren!

Anlässlich des heutigen EU-Handelsministerrats ruft das Netzwerk
Gerechter Welthandel alle Abgeordneten des Deutschen Bundestags dazu
auf, das EU-Japan-Handelsabkommen (JEFTA) vor der Ratifizierung
sorgfältig zu prüfen und die Bundesregierung dazu aufzufordern, das
Abkommen in seiner jetzigen Form abzulehnen. Die Handels- und
Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten wollen heute über das
Abkommen beraten und es bereits beim nächsten Treffen am 26. Juni
beschließen.

JEFTA ist das bislang größte Handelsabkommen, das die EU verhandelt hat.
Es beinhaltet Regeln, die den politischen Handlungsspielraum der EU und
der EU-Mitgliedsstaaten massiv einschränken. Die EU-Kommission stufte
JEFTA als ein „EU only“ Abkommen ein; Bundestag und Bundesrat dürfen
nach dieser Lesart nicht über das Abkommen abstimmen. Dennoch müssen die
nationalen Parlamente in den Ratifizierungsprozess zumindest einbezogen
werden.

Den Offenen Brief finden Sie unten in dieser E-Mail sowie unter:
www.gerechter-welthandel.org/2018/05/22/offener-brief-jefta/

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Pressekontakte:

* Hanni Gramann (Handelsexpertin bei Attac Deutschland),
Tel. 0176 3060 8762, hanni.gramann at attac.de

* Christoph von Lieven (Campaigner bei Greenpeace),
Tel. 0171 8780 802, cvlieven at greenpeace.org

* Alessa Hartmann (Referentin für internationale Handelspolitik bei
PowerShift), Tel. 0177 3013 153, alessa.hartmann at power-shift.de

* Max Bank (EU-Referent bei LobbyControl), Tel. 0221 9957 150

* Anne Bundschuh (Koordinatorin des Netzwerks Gerechter Welthandel),
Tel. 030 678 1775 915, bundschuh at forumue.de

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22. Mai 2018

* JEFTA so nicht ratifizieren!

* Offener Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Schreiben drücken wir unsere tiefe Besorgnis über den Inhalt
und das beschleunigte Ratifizierungsverfahren des
EU-Japan-Handelsabkommens aus, das bereits am 26. Juni 2018 im Rat der
EU beschlossen werden soll. Wir rufen die Abgeordneten des Deutschen
Bundestages dazu auf, JEFTA sorgfältig zu prüfen und von der
Bundesregierung die Ablehnung des Abkommens in seiner jetzigen Form zu
fordern.

JEFTA ist das bislang größte Handelsabkommen, das die EU verhandelt hat.
Es wurde fünf Jahre lang im Geheimen verhandelt und würde ein Viertel
des weltweiten Bruttoinlandsproduktes umfassen.

JEFTA beinhaltet Regeln, die den politischen Handlungsspielraum der EU
und der EU- Mitgliedsstaaten massiv einschränken. Die EU-Kommission
stufte JEFTA als ein „EU only“ Abkommen vor; Bundestag und Bundesrat
dürfen nach dieser Lesart nicht über das Abkommen abstimmen. Dennoch
müssen die nationalen Parlamente in den Ratifizierungsprozess zumindest
einbezogen werden.

Dies sind unsere grundlegenden Bedenken:

	• Obwohl die Intransparenz bei den Verhandlungen zu den Handelsabkommen
mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA) deutlich kritisiert wurde,
führte die EU-Kommission die Verhandlungen mit Japan unter Ausschluss
der Öffentlichkeit.

	• Durch die vorgesehene „Rendezvous-Klausel“ im JEFTA-Artikel 8.81 zum
freien Datenverkehr könnten Bestimmungen des Abkommens nach
Ratifizierung verändert werden. Ob bei solchen Veränderungen Parlamente
mit einbezogen werden, ist unklar. Das ist in Anbetracht des
Datenschutzskandals rund um Facebook und Cambridge Analytica besonders
besorgniserregend.

	• Das JEFTA-Kapitel 18 zur regulatorischen Kooperation könnte dazu
führen, dass künftig Lobbyisten Gesetzesentwürfe zur Kommentierung
vorgelegt bekommen, bevor ein gewähltes Parlament diese Entwürfe
überhaupt zu Gesicht bekommt. Diese Vorgehensweise wirkt wie ein Filter,
der die Spielräume demokratischer Politik massiv einschränken kann –
denn auf diesem Wege können politische Projekte, die die Inhalte von
JEFTA berühren, schon gestoppt werden, bevor die Öffentlichkeit davon
erfährt.

	• JEFTA schafft zehn Sonderausschüsse (Artikel 22.3) zwischen
Regulierungsbehörden der EU und Japans zu Angelegenheiten, die nationale
Kompetenzen berühren: öffentliches Beschaffungswesen, Landwirtschaft,
Lebensmittelsicherheit, Dienstleistungen, Investitionen, E-Commerce etc.
Weitere Ausschüsse können eingerichtet werden, nachdem das Abkommen in
Kraft getreten ist. Es gibt keine Garantie in dem Text, dass nationale
Parlamente involviert sein werden.

	• JEFTA nutzt ein Negativlisten-Konzept für Dienstleistungen: was dort
nicht auftaucht, ist automatisch für den freien Markt geöffnet. Diese
Methode beschränkt die Möglichkeiten von Regierungen stark, öffentliche
Dienstleistungen einzuführen, auszuweiten und zu schützen sowie
gescheiterte Privatisierungen umzukehren.

	• JEFTA würde es der EU und ihren Mitgliedsstaaten erschweren,
japanische Lebensmittel- und Futtermittelimporte zu kontrollieren,
obwohl es bereits dokumentierte Fälle von illegalen Importen
gentechnisch veränderter Organismen in Futtermitteln aus Japan gibt.
Weltweit ist Japan das Land mit den meisten zugelassenen gentechnisch
veränderten Pflanzen, sowohl in Lebens- als auch in Futtermitteln.

	• Das Kapitel 16 zu Handel und nachhaltiger Entwicklung ist schwächer
als das im CETA-Abkommen mit Kanada. Wie in allen EU-Handelsabkommen
fehlen auch im JEFTA- Nachhaltigkeitskapitel ein
Durchsetzungsmechanismus sowie Sanktionsmöglichkeiten – obwohl Japan
zwei der acht ILO Kernarbeitsnormen nicht ratifiziert hat. Zudem enthält
der Artikel über Wälder nur schwache Verpflichtungen – obwohl Japan ein
großer Holzexporteur ist und als einziges G7-Land keine
Rechtsvorschriften zur Verhinderung der Einfuhr illegal eingeschlagenes
Holzes hat. Bei den Themen Waldschutz und Biologische Vielfalt ist
selbst die schwache Verpflichtung zur Kooperation, die in CETA enthalten
ist, entfallen.

	• JEFTA enthält keine Vorrangstellung für den Klimaschutz: Klima- und
Umweltschutzmaßnahmen sind nur dann zulässig, wenn sie keine
Handelsbeschränkung oder ungerechtfertigte Diskriminierung der anderen
Vertragspartei darstellen.

	• Das in der EU fest verankerte Vorsorgeprinzip ist im Abkommen nicht
ausreichend verankert.

	• Hinter verschlossenen Türen verhandeln die EU und Japan parallel zum
Handelsabkommen noch ein Investitionsschutzabkommen, in dem einseitige
Konzernklagerechte für ausländische Investoren verankert werden sollen.


Das bisher größte Handelsabkommen der EU erfordert eine viel
umfassendere Überprüfung, als es momentan bekommt. Deshalb fordern wir
Sie als Abgeordnete des Deutschen Bundestages dazu auf, eine kritische
öffentliche Debatte in den Parlamenten und darüber hinaus anzustoßen,
bevor es zu spät ist.

Für Rückfragen oder Angebote zu einem persönlichen Gespräch stehen wir
Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

der Koordinierungskreis des Netzwerks Gerechter Welthandel

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Der Koordinierungskreis des Netzwerks Gerechter Welthandel besteht aus
den folgenden Organisationen: Attac Deutschland, Arbeitsgemeinschaft
bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND), Campact, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB),
Deutscher Kulturrat, Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace
Deutschland, Mehr Demokratie, Naturfreunde Deutschland, PowerShift,
Netzwerk Solidarische Landwirtschaft.

Das Netzwerk Gerechter Welthandel ist im April 2017 aus dem
Zusammenschluss des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „TTIP
unfairhandelbar” mit dem Trägerkreis der bundesweiten Großdemonstration
„CETA & TTIP stoppen! Für einen gerechten Welthandel!” entstanden.

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Weitere Informationen unter www.gerechter-welthandel.org

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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069 900 281-42; 0151 6141 0268
Mail: presse at attac.de, Fax: 069 900 281-99
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