[imc-presse] [attac-d-presse] Elmar Altvater gestorben: Attac-Nachruf auf renommierten Globalisierungskritiker

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Wed May 2 16:09:06 CEST 2018


Sehr geehrte Damen und Herren,

am gestrigen Dienstag ist der renommierte Politikwissenschaftler und
Globalisierungskritiker Elmar Altvater gestorben. Er war Mitbegründer
des Wissenschaftlichen Beirates von Attac.

Bitte beachten Sie den gemeinsamen Nachruf des Wissenschaftlichen
Beirates und des Koordinierungskreises von Attac Deutschland
(http://t1p.de/Nachruf-Elmar-Altvater sowie unten in dieser Mail).

Mit Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:

* Prof. Andreas Fisahn, Wissenschaftlicher Beirat von Attac,
Tel. 0151 14081288, a.fisahn at uni-bielefeld.de

* Thomas Eberhardt-Köster, Attac-Koordinierungskreis,
Tel. 0152 0291 1257, thomas.eberhardtkoester at attac.de

Pressefotos sende ich Ihnen auf Nachfrage gern zu.


Mit besten Grüßen

Frauke Distelrath

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* Elmar Altvater gestorben

* Ein Nachruf des Wissenschaftlichen Beirats und des
Koordinierungskreises von Attac Deutschland

02.05.2018

Am 1. Mai ist Elmar Altvater im Alter von 79 Jahren gestorben. Er war
Gründungsmitglied des Wissenschaftlichen Beirats von Attac, hat an
vielen Stellungnahmen mitgewirkt und trat häufig öffentlich auf, um mit
seinen Analysen zu politischen Klärungsprozessen und Strategiebildung
beizutragen: bei Attac-Kongressen, Sommerakademien oder vor lokalen
Gruppen. Er war einer der profiliertesten und streitbarsten
Kapitalismuskritiker – unbequem, ein Querdenker und gleichzeitig
wortgewandt und charmant.

Elmar Altvater hat Studierende und die Teilnehmenden an öffentlichen
Veranstaltungen, KollegInnen und FreundInnen immer beeindruckt durch
sein umfassendes Wissen, seine Kenntnisse internationaler Gegebenheiten,
seine nachdrückliche Art, sich sachlich und engagiert, argumentativ und
kämpferisch, weitblickend und oftmals geradezu prophetisch zu äußern.
Seine Analyse der Gesellschaft, die immer auch Kritik kapitalistischer
Ökonomie war, ist wegweisend und wird weiter für uns alle inspirierend
sein.

Elmar Altvater, geboren am 24. August 1938, wuchs im östlichen
Ruhrgebiet in Kamen in einer Bergarbeiterfamilie auf. Der Arbeiter- und
Gewerkschaftsbewegung blieb er kritisch verbunden. Nach dem Abitur
studierte er in München Ökonomie und Soziologie und wurde mit der Kritik
der politischen Ökonomie vertraut, der er in seinen theoretischen wie
zeitdiagnostischen Analysen und Kritiken bis zuletzt verpflichtet blieb.
Schon der Titel seiner Promotion "Gesellschaftliche Produktion und
ökonomische Rationalität: externe Effekte und zentrale Planung im
Wirtschaftssystem des Sozialismus", die er 1968 abschloss, zeugt von
einer undogmatischen und innovativen Herangehensweise. Die externen
Effekte blieben für Elmar ein erkenntnisleitendes Phänomen, das ihm
später half, Fragen der Ökologie nicht moralisch zu diskutieren, sondern
rational mit einer Kritik der kapitalistischen Ökonomie zu verbinden.

Elmar Altvater wurde einer der Vordenker einer marxistisch inspirierten
ökologischen Kritik der politischen Ökonomie. Den Raubbau an der Umwelt
begriff er als externen Effekt einer am Profit orientierten Ökonomie,
als Teil der Destruktivkräfte des Kapitalismus. Früh trat er für eine
solartechnische Revolution der energetischen Grundlagen der globalen
Gesellschaft ein.

Nach einigen Jahren als wissenschaftlicher Assistent an der Universität
Erlangen erhielt er 1971 eine Professur für Politische Ökonomie am
Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin und arbeitete dort bis
zu seiner Emeritierung im Jahr 2004. In seinem produktiven
Wissenschaftlerleben veröffentlichte er 37 Bücher und unzählige
Aufsätze. Eines seiner ersten Arbeitsvorhaben war 1970 die Gründung der
Zeitschrift Prokla, was damals hieß: "Probleme des Klassenkampfs".
Später erhielt Prokla den Untertitel: "Zeitschrift für kritische
Sozialwissenschaft" − sie ist bis heute, geprägt von Elmar, eine der
führenden Zeitschriften in der kritischen Wissenschaft.

+ Theoretisches Rüstzeug für die globalisierungskritische Bewegung

Als Elmar Altvater 2008 nach 35 Jahren aus der Redaktion der Prokla
ausschied, wurde seine Arbeit für die Zeitschrift unter anderem mit
folgenden Worten gewürdigt: "Schon sehr früh betonte er, dass der
Kapitalismus nicht als eine allein nationalstaatlich bestimmte Größe,
sondern als Weltmarktzusammenhang zu untersuchen sei. Was heutzutage
nach vielen Debatten über Globalisierung durchaus vertraut klingt, war
es Anfang der 1970er Jahre keineswegs." Die von ihm eingebrachten
globalen Perspektiven und seine Analysen der Globalisierungsprozesse
waren theoretisches Rüstzeug für die globalisierungskritische Bewegung,
in der Elmar seit den 1980er Jahren für eine Entschuldung der Länder des
Südens und gegen Investitionsschutzabkommen stritt.

Als sein Hauptwerk, das er gemeinsam mit Birgit Mahnkopf verfasste, kann
das weit rezipierte Werk "Grenzen der Globalisierung. Ökonomie, Ökologie
und Politik in der Weltgesellschaft" von 1996 gelten. Innovativ war auch
das von beiden verfasste Buch "Globalisierung der Unsicherheit – Arbeit
im Schatten, schmutziges Geld und informelle Politik", das für die
Kritik der politischen Ökonomie Neuland betrat. In dem Buch "Konkurrenz
für das Empire: die Zukunft der Europäischen Union in der globalisierten
Welt" von 2007 weisen Altvater und Mahnkopf sehr früh auf die Strategie
der EU hin, über Freihandelsverträge mit dem Süden ihre wirtschaftliche
Macht auszubauen. Die Kritik der Freihandelspolitik wurde mit TTIP dann
allgemein und zu einer der größeren sozialen Bewegungen der Bundesrepublik.

Elmar war in der internationalen marxistischen Debatte einer der
wichtigsten zeitgenössischen Vertreter aus Deutschland. Seine Beiträge
sind bis heute von unschätzbarem Wert für Attac und die
globalisierungskritische Bewegung. Nicht nur deshalb wird er fehlen.



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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069 900 281-42; 0151 6141 0268
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