[imc-presse] [attac-d-presse] Zivilgesellschaft an SPD: CETA nicht ratifizieren!

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Fri Feb 2 11:18:21 CET 2018


Pressemitteilung
Netzwerk Gerechter Welthandel
2. Februar 2018


* Offener Brief an die SPD-Parteispitze und die sozialdemokratischen
TeilnehmerInnen der Koalitionsverhandlungen: CETA nicht ratifizieren!

Das Netzwerk Gerechter Welthandel, dem unter anderem Attac, BUND,
Campact, der Deutsche Kulturrat, Greenpeace, Mehr Demokratie und
Naturfreunde angehören, fordert die SPD heute in einem Offenen Brief
dazu auf, das Handels- und Investitionsschutzabkommen der EU mit Kanada,
CETA, nicht zu ratifizieren – auch nicht in einer möglichen Großen
Koalition.

CETA ist bereits in Teilen vorläufig in Kraft getreten und muss nun von
den EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Entgegen der Darstellung im
Sondierungspapier von SPD, CDU und CSU gefährdet CETA weiterhin
öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge und wird ausländischen
Investoren nach der vollständigen Ratifizierung ein eigenes,
privilegiertes Klagerecht gewähren. Auch Arbeitnehmerrechte sowie das
dem europäischen Umwelt- und Gesundheitsschutz zu Grunde liegende
Vorsorgeprinzip sind in CETA unzureichend geschützt.

Den Offenen Brief finden Sie im Anschluss sowie unter:
www.gerechter-welthandel.org/2018/02/02/offener-brief-spd


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2. Februar 2018


* CETA nicht ratifizieren!


* Offener Brief an die SPD-Parteispitze und die sozialdemokratischen
TeilnehmerInnen der Koalitionsverhandlungen


Sehr geehrte Damen und Herren,

anlässlich der aktuell stattfindenden Koalitionsverhandlungen der SPD
mit CDU/CSU bitten wir Sie darum, auch in einer möglichen Großen
Koalition das Handelsabkommen der EU mit Kanada, CETA, nicht zu
ratifizieren. In der SPD ist CETA sehr umstritten, viele
Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen haben sich in den vergangenen
Jahren an Protesten gegen das Abkommen beteiligt. Einige Landesverbände
der SPD haben sich gegen die Ratifizierung von CETA ausgesprochen; die
Berliner Landesregierung, an der die SPD beteiligt ist, hat angekündigt,
im Bundesrat gegen die Ratifizierung zu stimmen. Im Sondierungspapier,
das den Koalitionsverhandlungen zugrunde liegt, wird die
handelspolitische Ausrichtung einer möglichen Großen Koalition jedoch
wie folgt skizziert:

„Wir wollen freien und fairen Handel in der Welt. Protektionismus lehnen
wir ab und setzen vorrangig auf multilaterale Vereinbarungen. Im
europäisch-kanadischen Handelsabkommen CETA sind zukunftsweisende
Regelungen für den Schutz von Arbeitnehmerrechten, öffentlicher
Daseinsvorsorge und für einen fortschrittlichen Investitionsschutz
vereinbart worden.“

Als Netzwerk Gerechter Welthandel – dem unter anderem Attac, BUND,
Campact, der Deutsche Kulturrat, Greenpeace, Mehr Demokratie und
Naturfreunde angehören – begrüßen wir das Bekenntnis zu einem fairen
Handel.

Deutlich widersprechen müssen wir jedoch den Aussagen zu den Inhalten
von CETA:

1. Der in CETA enthaltene Schutz von Arbeitnehmerrechten ist äußerst
schwach. Das dem europäischen Umwelt- und Gesundheitsschutz zu Grunde
liegende Vorsorgeprinzip ist ebenfalls nicht geschützt. Das Kapitel zu
Handel und Arbeit ist nicht mit einem funktionierenden Sanktions- und
Durchsetzungsmechanismus verbunden und ist von der allgemeinen
Streitschlichtung des Abkommens ausgeschlossen. Ein effektives Vorgehen
gegen Verstöße von Arbeitnehmerrechten ist damit nicht garantiert, was
die Einhaltung von Arbeitsstandards schwächt. Auch das europäische
Vorsorgeprinzip im Umwelt- und Gesundheitsschutz wird weder zur
Grundlage des Vertrags gemacht noch bezogen auf die EU ausreichend
geschützt, sondern durch Verweis auf WTO-Regeln verwässert. Im
Regierungsprogramm 2017 hat sich die SPD das Ziel gesetzt, „in allen
Handels-, Investitions- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen Regeln für
die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher,
ökologischer, verbraucherpolitischer und sozialer Standards wie der
ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten Beschwerde-, Überprüfungs- und
Sanktionsmechanismen zu vereinbaren“. Dieses Ziel wurde in CETA nicht
erreicht.

2. Die öffentliche Daseinsvorsorge ist in CETA nur unzureichend
geschützt. CETA verfolgt einen Negativlisten-Ansatz bei der
Dienstleistungsliberalisierung. Damit hängt der Umfang der
Liberalisierungsverpflichtungen von in den Annexen formulierten
Ausnahmen ab. Die komplizierte Struktur dieser Ausnahmen in den Annexen
führt zu einer hohen Rechtsunsicherheit, ob alle wichtigen,
schützenswerten Bereiche ausgenommen wurden. Auch zukünftige
Dienstleistungsarten können naturgemäß nicht auf einer Negativliste
vermerkt werden. Außerdem führt die so genannte „Sperrklinken-Klausel“
dazu, dass einmal vollzogene Liberalisierungsschritte nicht mehr
rückgängig gemacht werden können. Somit gefährdet CETA weiterhin
öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge.

3. Nach der vollständigen Ratifizierung wird CETA ausländischen
Investoren weiterhin ein eigenes, privilegiertes Klagerecht außerhalb
des deutschen und europäischen Rechtssystems gewähren, das demokratische
Handlungsspielräume von Politik einschränkt. Investoren werden
weitgehende Rechte gewährt, die über den Eigentumsschutz des
Grundgesetzes hinausgehen – ohne dass diesen Rechten Pflichten, etwa zum
Schutz des Gemeinwohls, gegenübergestellt werden.

Aus all diesen Gründen weisen die in CETA enthaltenen Regelungen nicht
in eine bessere Zukunft, sondern in eine schlechtere. Hunderttausende
Menschen haben in den vergangenen Jahren gegen das Abkommen
demonstriert, über eine Million Menschen aus Deutschland hat die
selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA
unterschrieben. Dennoch wird das umstrittene Abkommen seit September
2017 vorläufig angewendet. Um vollständig in Kraft zu treten, muss es
von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Auf Antrag Belgiens
prüft der Europäische Gerichtshof (EuGH) derzeit, ob der
Investitionsschutz in CETA mit dem EU-Recht vereinbar ist. Dass eine
Ratifizierung nicht stattfindet, bevor der EuGH entschieden hat, halten
wir für eine demokratische Selbstverständlichkeit. Zudem bitten wir Sie
darum, den vorliegenden CETA-Entwurf angesichts des enthaltenen
weitreichenden und einseitigen Investitionsschutzes sowie der Gefahren
für Arbeitnehmerrechte und öffentliche Daseinsvorsorge nicht zu
ratifizieren – auch nicht in einer möglichen Großen Koalition mit CDU
und CSU.

Mit freundlichen Grüßen

Netzwerk Gerechter Welthandel
www.gerechter-welthandel.org

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Pressekontakte aus dem Koordinierungskreis des Netzwerks Gerechter
Welthandel:

Attac
Roland Süß, Handelsexperte und Mitglied im Koordinierungskreis
Tel. 0175-2725893
suess at attac.de

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Ernst-Christoph Stolper, Stv. Vorsitzender
Tel. 0172-2903751

Campact
Maritta Strasser, Teamleiterin Kampagnen
Tel. 04231-957-459 bzw. 0170-731-0897
strasser at campact.de

Greenpeace
Christoph von Lieven, Campaigner
Tel. 0171-8780802

Forum Umwelt und Entwicklung
Jürgen Maier, Geschäftsführer
Tel. 030-6781-775 88 bzw. 0171-383 6135
chef at forumue.de



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Pressesprecherin Attac Deutschland
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