[imc-presse] [attac-d-presse] Konzern-Steuertricks: Attac schickt Politikern Handlungsanleitung / EU-Vorschläge löchrig

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Fri Jan 29 10:14:25 CET 2016


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 29. Januar 2016



* Attac schickt Politikern Anleitung zur Bekämpfung von Steuertricks

* Deutschland Hauptbremser in Verhandlungen / Vorschläge der
EU-Kommission löchrig


Attac hat eine Handlungsanleitung
(http://t1p.de/Anleitung-Bekaempfung-Steuertricks; Kurzfassung:
http://t1p.de/Anleitung-Bekaempfung-Steuertricks-kurz) zur Bekämpfung
von Steuertricks an alle Finanzpolitikerinnen und -politiker,
Fraktionsvorsitzenden sowie Finanzministerinnen und -minister der
Länder, des Bundes und der EU geschickt. Das globalisierungskritische
Netzwerk fordert die Angeschriebenen auf, sich endlich entschieden gegen
Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und kriminelle Finanzgeschäfte
einzusetzen.

Die am Donnerstag von der EU-Kommission präsentierten Vorschläge gegen
die Steuervermeidungspraktiken internationaler Konzerne wertet Attac
Netzwerk als löchrig und unzureichend
(http://t1p.de/PM-EU-Vorschlaege-Steuertricks). Die ohnehin schwachen
Vorgaben der OECD würden gerade noch erfüllt. Die neuen Regeln für
ausländische Tochterfirmen könnten den Steuerwettbewerb sogar noch anheizen.

"Vor allem die deutsche Regierung ist einer der Hauptbremser bei allen
internationalen Verhandlungen in der EU, der OECD und der G20. Das muss
beendet werden", sagte Karl-Martin Hentschel, Mitglied der bundesweiten
Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern sowie Attac-Vertreter im
Netzwerk Steuergerechtigkeit. Die Positionierung Deutschlands sei bei
vielen Problemen mit Konzernsteuertricks entscheidend für einen
internationalen Durchbruch. "Da die Politik immer wieder betont, dass
sie mit dem Kampf gegen Steuervermeidung Ernst machen will, haben wir
eine detaillierte Handlungsanleitung geschrieben, die direkt umgesetzt
werden kann."

Das Attac-Papier informiert konkret darüber, mit welchen Methoden
Steuern vermieden oder hinterzogen werden, welche Maßnahmen dagegen
international diskutiert werden, wie sich die Staaten, die EU, die OECD,
die G20 und insbesondere Deutschland dabei positionieren und was Attac
zur Lösung des Problems fordert.

Die fünf wichtigsten Themen der Handlungsanleitung sind

- die länderbezogene Berichterstattung,
- die Offenlegung von Steuervereinbarungen zwischen Finanzämtern und
Firmen,
- Mindeststeuern und Patent-Boxen,
- die Gesamtkonzernsteuer und
- der automatische internationale Kontendaten-Austausch.

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Für Rückfragen und Interviews:

* Karl-Martin Hentschel, Attac-AG Finanzmärkte und Steuern,
Tel. 0151 5908 268

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Weitere Informationen:

* Attac-Handlungsanleitung zur Bekämpfung von "Steuervermeidung und
Gewinnverschiebung":
http://t1p.de/Anleitung-Bekaempfung-Steuertricks

* Kurzfassung Handlungsanleitung:
http://t1p.de/Anleitung-Bekaempfung-Steuertricks-kurz

* Pressemitteilung "Steuertricks: EU-Vorschläge löchrig und
unzureichend", 28.1.2016 (Attac Österreich):
http://t1p.de/PM-EU-Vorschlaege-Steuertricks


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KURZFASSUNG

* Attac-Handlungsanleitung zur Bekämpfung von "Steuervermeidung und
Gewinnverschiebung"

(Langversion: http://t1p.de/Anleitung-Bekaempfung-Steuertricks)


1. Länderbezogene Berichterstattung

Die OECD schlägt vor, dass jeder große internationale Konzern einen
Bericht über seine Aktivitäten in allen Ländern, in denen er tätig ist,
erstellen soll. Dann könnten die Finanzämter erstmals abschätzen, was
zum Beispiel US-Konzerne wie Apple, Amazon und Google oder auch
europäische Multis wie IKEA, EON, Bayer und VW in Deutschland
tatsächlich verdienen.

- Stand der Politik: Europaparlament und EU-Kommission haben sich
mehrfach dafür ausgesprochen, dass die Berichte verpflichtend erhoben
und veröffentlicht werden sollen. Deutschland blockiert das im
Einvernehmen mit Steueroasen wie Niederlande und Irland.
Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass ohne Öffentlichkeit nicht der
erforderliche Druck auf die Steuerbehörden entsteht, sich gegen die
Konzerne durchzusetzen.

- Forderung: Einführung von öffentlich zugänglichen Berichten für alle
großen Konzerne, die in der EU tätig sind.


2. Offenlegung von Steuervereinbarungen zwischen Finanzämtern und Firmen

Individuelle Steuervereinbarungen (tax rulings) zwischen den
Steuerbehörden und großen Unternehmen gibt es in vielfältigen Formen
auch in Deutschland. Im Rahmen des Lux-Leaks-Skandals sind über 500 oft
auch EU-Recht-widrige Absprachen bekannt geworden.

- Stand der Politik: Das EU-Parlament und die Kommission haben eine
Veröffentlichung aller Steuervorbescheide (tax rulings) gefordert. Der
Ministerrat lehnt dies ab. Nicht mal die EU-Kommission soll informiert
werden. Offensichtlich befürchten die Staaten, dass die EU gegen
Verstöße wie im Falle Luxemburg-Leaks vorgeht.

- Forderung: Automatische Erfassung aller Vorabvereinbarungen zwischen
Finanzämtern und Unternehmen in einer Datei der EU, deren Daten
anonymisiert öffentlich zugänglich sind.


3. Mindeststeuern und Patent-Boxen

Die EU-Staaten sind nicht nur Betroffene, sondern sogar Haupttreiber des
welt-weiten Unternehmenssteuersenkungswettbewerbes. Einige EU-Staaten
werben mit Steuersätzen von 0% (Estland), 10% (Bulgarien) oder 12,5%
(Irland). Andere bieten Sonderregeln wie die Patent-Boxen an (Luxemburg
5,9%, Niederlande 5%).

- Stand der Politik: Bislang sind Mindeststeuersätze in der EU kein
Thema. Die deutschen Quellensteuern für Zinsen und Lizenzen sind kaum
wirksam.

- Forderungen: Einführung von differenzierten Mindeststeuersätzen für
Unternehmenssteuern in der EU. Abschaffung aller Patentboxen,
Innovationsboxen und sonstiger besonderer Niedrigsteuersätze.


4. Gesamtkonzernsteuer

Gesamtkonzernsteuer bedeutet, dass jede Firma eine weltweite Bilanz
erstellen muss. Aufgrund der realen Tätigkeiten in den einzelnen Ländern
(Umsatz, Personal, Investitionen) werden die Gewinne auf die Länder
verteilt und dann dort besteuert. Steueroasen, in denen keine echte
wirtschaftliche Tätigkeit stattfindet, gehen dann natürlich leer aus.

- Stand der Politik: Die EU-Kommission hat 2011 eine Richtlinie für eine
Gesamtkonzernsteuer vorgelegt. Eine große Mehrheit im Europaparlament
einschließlich der Europäischen Volkspartei (EVP) hat dies wiederholt
gefordert. Trotzdem wird die Richtlinie weiter im Ministerrat blockiert.
Deutschland will sie weitgehend aufweichen.

- Forderungen: Verabschiedung der Richtlinie verpflichtend für alle
Konzerne, die in der EU tätig sind (siehe auch Details im Papier).


5. Automatischer internationaler Kontendaten-Austausch

Deutsche Bürger haben mehrere hundert Milliarden Euro auf ausländischen
Konten, von denen die Steuerbehörden nichts wissen. Umgekehrt lagern
geschätzt bis zu 3 Billionen Euro auf Konten in Deutschland, deren
Inhaber im Ausland wohnen und daher in Deutschland nicht steuerpflichtig
sind.

- Stand der Politik: Die OECD schlägt eine Meldepflicht und einen
automatischen Informationsaustausch vor. Der deutsche Gesetzentwurf dazu
ist in keiner Weise ausreichend.

- Forderungen: Einführung von Meldepflicht und automatischem
Informationsaustausch sowie geeigneten Strafandrohungen gegen Banken und
Angestellte bei Verstößen.

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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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