[imc-presse] [attac-d-presse] Gemeinnützigkeitsrecht: Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" gegründet

Attac-Pressestelle presse at attac.de
Mon Jul 6 14:43:19 CEST 2015


Sehr geehrte Damen und Herren,


bitte beachten Sie die folgende Pressemitteilung der Allianz
"Rechtssicherheit für politische Willenbildung", die sich heute in
Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt hat.

Die Allianz aus mehr als 40 Vereinen und Stiftungen - darunter neben
Attac beispielsweise auch Brot für die Welt, Amnesty International,
Oxfam, Terres des Hommes und Campact - setzt sich für eine Änderung des
Gemeinnützigkeitsrechts ein.

Mit freundlichen Grüßen
Frauke Distelrath

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Pressemitteilung
Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung"
Berlin, 6. Juli 2015


* Steuerrecht behindert politische Willensbildung

* Vereine und Stiftungen fordern: Politik muss gesellschaftlichen
Konsens zu Gemeinnützigkeit ins Gesetz schreiben

Eine Allianz aus mehr als 40 Vereinen und Stiftungen fordert eine
Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts. Die geltenden Regeln behindern die
politische Willensbildung in der Bundesrepublik, da auf ihrer Grundlage
die Finanzämter immer wieder die Gemeinnützigkeit von Organisationen in
Frage stellen. Nur Spenden an gemeinnützige Organisationen können von
der Steuer abgesetzt werden. Zudem sind gemeinnützige Vereine selbst
steuerbefreit und können Zuschüsse erhalten. Die nachträgliche
Aberkennung ist oft existenzbedrohend.

Die Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" stellt
fest, dass der gesellschaftliche und politische Konsens darüber, was
gemeinnützig ist, von den im Gesetz definierten Kriterien abweicht. Die
Allianz fordert daher, dass die Politik die allgemein geteilte
Definition von Gemeinnützigkeit klar und deutlich in die Abgabenordnung
schreibt, so dass für gemeinnützige Organisationen und die Finanzämter
Klarheit und Rechtssicherheit besteht.

Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in
Deutschland, sagt: "Das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht ist völlig
unzeitgemäß. Es muss endlich den Einsatz für Menschenrechte ebenso
eindeutig als gemeinnützig anerkennen wie das Engagement für Frieden,
soziale Gerechtigkeit oder den Klimaschutz. Vereine und Personen, die
damit einen wertvollen Beitrag zur politischen Willensbildung in
Deutschland leisten, müssen in ihrer Arbeit unterstützt werden und
steuerliche Erleichterungen in Anspruch nehmen können." Sie fordert ein
modernes Recht der Gemeinnützigkeit. "Es kann nicht sein, dass Vereine
veraltete Gesetzesvorgaben erfüllen müssen, um als gemeinnützig zu
gelten, und dann noch befürchten müssen, dass man ihnen die
Gemeinnützigkeit nachträglich wieder aberkennt." Für diese Forderungen
ist Amnesty Mitglied der Allianz.

"Ein gemeinnütziger Verein darf sich für Umweltschutz einsetzen und dazu
auch politisch aktiv sein. Aber nur im Einzelfall, nicht zu
allgemeinpolitisch und nicht auf kommunaler Ebene", kommentiert Jörg
Rohwedder, Koordinator der Allianz "Rechtssicherheit für politische
Willensbildung", die Rechtslage. "Der Aufruf zu einer Demonstration oder
die Beteiligung an einem Bürgerbegehren führen dazu, dass das örtliche
Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkennt." Noch schwieriger werde es,
wenn das Anliegen des Vereins nicht im Gesetz genannt ist. "Während die
Förderung des Umweltschutzes gesetzlich als gemeinnützig anerkannt ist,
ist es zum Beispiel die Förderung der Menschenrechte oder die Arbeit
gegen Diskriminierung aufgrund von Herkunft oder sexueller Identität nicht."

Die Allianz fordert daher, zusätzliche Zwecke in die Liste der
Abgabenordnung aufzunehmen, sowie eine Klarstellung im Gesetz, dass
gemeinnützige Organisationen selbstverständlich auch politisch aktiv
sein können, um ihre gemeinnützigen Zwecke zu erreichen.

"Wenn sich Menschen in einem Verein wie Attac zusammen tun und sich zum
Wohl der Allgemeinheit in politische Debatten einmischen, wird dem
Verein die Gemeinnützigkeit entzogen und so die Beteiligung der Menschen
ausgebremst", kritisiert Stephanie Handtmann, Geschäftsführerin von
Attac Deutschland. "Aber politische Willensbildung darf in einer
modernen Gesellschaft nicht allein den Parteien und Lobbyverbänden
überlassen werden." Das globalisierungskritischen Netzwerk befindet sich
seit mehr als einem Jahr im Widerspruchsverfahren gegen die Aberkennung
seiner Gemeinnützigkeit.

"Attac ist primär eine Bildungsbewegung, wir verfolgen den
gemeinnützigen Zweck Bildung. Dass aus der Beschäftigung mit Themen auch
Forderungen entstehen dürfen, ist allgemein anerkannt - doch das
Finanzamt dreht uns einen Strick daraus", sagt Stephanie Handtmann. "Um
die politische Willensbildung durch die Zivilgesellschaft zu
verteidigen, haben wir uns der Allianz angeschlossen." Attac sei nicht
der einzige Verein, der solche Probleme habe. "Die Finanzverwaltung
interpretiert Aktivitäten zu politischen Themen extrem restriktiv."

Einen globalen Trend, zivilgesellschaftliche Handlungsräume
einzuschränken, beobachtet Julia Duchrow, Referatsleiterin
Menschenrechte und Frieden bei Brot für die Welt. "Wir erleben bei
Partnerorganisationen weltweit, dass ihre Arbeit von administrativen und
gesetzlichen Regelungen stark eingeschränkt wird. Und wir stellen
gleichzeitig fest, dass von uns im Inland geförderte Organisationen in
ihrer Gemeinnützigkeit gefährdet sind und so ihren Förderanspruch
verlieren könnten." Die Verweigerung der Gemeinnützigkeit kann die
Vereine existenziell gefährden und stellt damit einen Eingriff in die
Vereinigungsfreiheit dar. "Wir erwarten von Deutschland besonders
vorbildliche Regeln für die Stärkung der Zivilgesellschaft, um so
weltweit ein Signal zu setzen."

Die Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" wird mit
ihren Forderungen auf Politiker aller Parteien zugehen. Das Bündnis ist
offen für weitere Mitglieder, die tatsächlich oder potenziell von
solchen Gemeinnützigkeits-Problemen betroffen sind.

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Weitere Informationen:
www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de

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Für Rückfragen stehen Ihnen als Koordinatoren der Allianz
"Rechtssicherheit für politische Willensbildung" zur Verfügung:

* Jörg Rohwedder, Telefon 0178 4078 433
* Stefan Diefenbach-Trommer, Telefon 0160 9378 6240

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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
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