[imc-presse] Stellungnahme des AKS zur Enttarnung des LKA-V-Mann in Braunschweig

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Fri Jan 31 11:42:34 CET 2014


Liebe Presse,

anbei eine Stellungnahme des AK Spitzelklage zur Enttarnung des
LKA-V-Manns "Ralf Gross" in Braunschweig. Kontaktmöglichkeiten und
Hintergrundinformationen finden sich unten.

schöne Grüße
Alex Funk

Stellungnahme des AKS Heidelberg zur Enttarnung des LKA-V-Manns "Ralf
Gross" in Braunschweig:
Die staatlichen Repressionsorgane setzen im Kampf gegen linke Strukturen
weiterhin auf den Einsatz landeskriminalamtlich geführter "menschlicher
Quellen"

Wie jetzt bekannt wurde, hat sich ein V-Mann des niedersächsischen
Landeskriminalamtes jahrelang direkt in linken Tierrechtskreisen
Braunschweigs bewegt. Er hatte auf der maßnahmenregelnden Basis des
niedersächsischen Polizeiaufgabengesetzes den Auftrag, diese
vermeintlich militant agierende Szenen mit geheimdienstlichen Methoden
"aufzuhellen" und perspektivisch konkreten Personen aus ihren
Zusammenhängen bestimmte "politisch motivierte Straftaten"
ermittlungsbehördlich verwertbar zuzuordnen. Dabei sollte er auf den
Personenkreis, an den er "herangeführt" wurde, "straftatsanimierend"
wirken - beim Diskutieren, konkreten Vorbereiten und praktischen
Durchführen kollektiver Aktionen, die deren eindeutige "politischen
Gegnerin" - die tierausbeutende und - vernichtende Fleischindustrie -
empfindlich treffen sollen.

Einige von den nun öffentlich bekannt gewordenen Methoden, nach denen
Ralf Gross vorgegangen ist, lassen zu jenen Simon Brommas Ähnlichkeiten,
aber auch Unterschiede erkennen:

Wie Bromma hatte auch Gross ein Auto, im Braunschweiger Fall liebevoll
als "Zeckomobil" bezeichnet, mit dem er - "hilfsbereit" wie er war -
Personen, die grob dem von ihm infiltrierten politischen Milieu
zugeordnet wurden, zu politischen Aktionen gefahren hat.

Gross ist aber höchstwahrscheinlich kein ausgebildeter Polizeibeamter,
der sich in Niedersachsen auf die Stelle als "Verdeckter Ermittler"
beworben hat; bei ihm war es vielmehr so, dass er von
Staatschutzbeamt*innen des Landeskriminalamtes angeworben wurde, als für
seinen Einsatz nicht speziell ausgebildeter V-Mann für sie tätig zu
werden. Der Polizeibeamte Simon Bromma war ein geschulter Verdeckter
Ermittler, der von der Heidelberger Polizeidienststelle angefordert
wurde, unter Anwendung geheimdienstlicher Methoden vorbeugend
linksmotivierte "Straftaten mit erheblicher Bedeutung" zu verhindern.

Dann wäre da das nicht-zirkulative Eindringen Ralf Gross` in die so
genannte linksalternative Szene. Er ist im Vergleich zu Bromma mehr als
20 Jahre älter und ist direkt zum Ziel seines polizeilichen
Spitzeleinsatzes vorgedrungen, d.h. er hat nicht den "Umweg" über die
Ränder des Politmilieus zum "militanten Kern" - der Antifa zum Beispiel
- genommen. Er ist direkt in der "radikalen Tierrechtsszene" gelandet,
von der er und seine Führungsbeamt*innen ausgehen, dass sie "schwerste
Straftaten" begangen habe oder begehen werde.

In Ralf Gross` Fall gab es den derzeitigen Kenntnissen zufolge auch
keine "konkreten Zielpersonen" und deren "Kontaktpersonen", die in der
Heidelberger Einsatzanordnung als anzuvisierendes Haupteinsatzziel
genannt werden; bei ihm war es die diffuse ermittlungsbehördliche
Vorstellung eines vermeintlich klandestin operierenden
Gruppenzusammenschlusses, der immer wieder militante Angriffe auf die
Fleischindustrie durchführt.

Außerdem gehen wir davon aus, dass die Einsatzanordnung im
Braunschweiger Fall höchstwahrscheinlich nicht von einer
Polizeidienststelle in Braunschweig aufgesetzt, sondern direkt in der
niedersächsischen Hauptstadt Hannover erlassen wurde. Die staatlichen
Repressionsorgane registrieren seit einiger Zeit "militante Umtriebe der
radikalen Tierrechtsszene" im Großraum Braunschweig. Um an "verwertbare"
Daten über das Leisten "gesetzbrecherischen" Widerstands aus dieser
Szene heraus heranzukommen, müssen aus ihrer Perspektive "menschliche
Quellen" direkt in dieses vermeintliche Widerstandsnest gesetzt werden,
dessen Konspirativität anders nicht zu knacken sei. Auch darin
unterscheidet sich der Braunschweiger Fall vom Heidelberger:
In Heidelberg hatten wir es mit "proaktiver" Polizeitätigkeit zu tun; es
gab weder konkrete politisch linksmotivierte Straftaten (in der
Vergangenheit), die hätten aufgeklärt werden müssen, noch war abzusehen,
dass sich die Heidelberger Antifa, um deren "Führungspersonen" es
einsatzanordnungstechnisch ging, zu einer "terroristischen Vereinigung"
entwickeln würde, die "Straftaten mit erheblicher Bedeutung" begeht (in
der Zukunft). In Heidelberg bewegten wir uns die ganze Zeit im
spekulativen, abstrakten Bereich - mit der willkommenen
Nebenerscheinung, komplette Politszenen im In- und Ausland
"auszuleuchten" beziehungsweise "aufzuhellen" (Bromma hatte einen
Auslandseinsatz in Belgien). Hier war nur davon auszugehen, dass es aus
der Antifa heraus, unter maßgeblicher Beteiligung der "Zielpersonen" und
deren "Kontaktpersonen", zu Attacken auf die politischen Gegner*innen
kommen könnte - in der Zukunft.

Der Braunschweiger V-Mann-Skandal hat erneut gezeigt, dass
Spitzeleinsätze keineswegs Einzelfälle sind, sondern die Polizei
systematisch "menschliche Quellen" einsetzt, um ihre politischen
Gegner*innen zu bekämpfen. Wieder wurde deutlich, wie wichtig es ist,
mit solchen und ähnlichen Fällen umgehend an die Öffentlichkeit zu gehen
und widerrechtliche, mit geheimdienstlichen Methoden durchgeführte
polizeiliche Maßnahmen juristisch prüfen zu lassen.

Wir erklären uns hiermit solidarisch mit allen Betroffenen des
Braunschweiger V-Mann-Skandals. Wir stehen gerne zur Verfügung, wenn wir
mit Rat und Tat zur Seite stehen können.

Der Arbeitskreis Spitzelklage Heidelberg

*Bei weiteren Fragen oder Unklarheiten stehen wir Ihnen gerne zur
Verfügung:*
Arbeitskreis Spitzelklage | ak-spitzelklage at riseup.net |
http://spitzelklage.blogsport.de
Pressekontakt: M. Dandl (0162 9154917)

Heidelberg 31.01.2014
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